Trossinger Zeitung

„Gallipoli“ist vertontes Fernweh

Beiruts neues Album ordnet sich organisch in das bisherige Schaffen ein

- Von Oliver Beckhoff

BERLIN (dpa) - Zach Condon hat schon in jungen Jahren die Welt bereist. Und immer schon spielte das Reisen auch für die Musik seiner Band Beirut eine Rolle: Geografisc­he Bezeichnun­gen als Titel ziehen sich durch die Geschichte der Gruppe, die sich selbst nach der Hauptstadt des Libanon benannt hat.

Auch auf dem fünften Album bleibt die Band, die sich wohl am ehesten dem Folk zuordnen lässt – mit Pop-, Polka- und Orchestere­inflüssen –, diesem Schema treu: „Gallipoli“, so der Titel, ist auch der Name einer Stadt in Apulien im Süden Italiens, die die Band bei einem Trip kennenlern­te. Ein Großteil der Aufnahmen fand in Apulien statt.

Wie üblich bei Beirut sind viele Songs nach wunderschö­nen Orten benannt. So etwa „On Mainau Island“, ein Instrument­alstück, das von der Blumeninse­l im Bodensee inspiriert ist.

Sich auf jedem Album neu erfinden: Das können andere tun. Beirut verfolgt mit Nachdruck eine Idee eines Klangs: taucht ein, bleibt dran, verstrickt sich – und schafft so Musik, die sich über die Jahre organisch entwickelt und keine Abnutzungs­erscheinun­gen zeigt. Meist ist da eine melodische Grundidee, ein taktisches Muster, ein Motiv, das sich durch einen Song zieht.

Condon nennt das „einen Sound bis aufs Blut auszureize­n“. Dazu der Gesang: melancholi­sch, klar – im Gedächtnis bleibend. Über seine Klangidee bei den ersten Aufnahmen, bei denen eine alte Farfisa-Orgel eine wichtige Rolle spielte, sagt der Sänger in einem Statement: „Ich wollte jedes Ächzen und Stöhnen der Instrument­e, jede verstimmte Note, jedes Amp-Knistern, jede technische Fehlfunkti­on aus den dunklen Ecken meiner Lieder ins Licht zerren.“ Farfisa-Orgel wiederbele­bt Entstanden ist ein roher, reiner Beirut-Sound, der in vielem an die Anfangstag­e erinnert: Schon die ersten beiden Alben komponiert­e Condon zu großen Teilen auf der Farfisa-Orgel, dann staubte sie ein, musste wiederbele­bt werden. Tasteninst­rumente des italienisc­hen Hersteller­s haben in der Vergangenh­eit Popgeschic­hte geschriebe­n. Pink Floyd setzte sie ein, Kraftwerks Ralf Hütter experiment­ierte mit ihnen. Auch auf Jean Michel Jarres „Oxygen“sind sie zu hören. Für „Gallipoli“ist das sicher kein schlechtes Omen. Live: 15.4. München, Zenith; 12.7. Lörrach, Marktplatz.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN Die Band Beirut um den US-amerikanis­chens Sänger Zach Condon klingt auch auf dem neuen Album „Gallipoli“nach Fernweh.

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