Trossinger Zeitung

„Fantasie ist wichtig“

Birgit Leibold über Gedächtnis­training, Merkmethod­en und Kamel-Kutschen

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Birgit Leibold über Gedächtnis­training und Merkmethod­en.

TROSSINGEN - Sie können sich lange Zahlenkolo­nnen und schwierige Zusammenhä­nge scheinbar mühelos merken - und verwenden dafür Merktricks, die teilsweise schon von den alten Griechen genutzt wurden. Wie Gedächtnis­profis ihr Gehirn trainieren und wie das jeder schaffen kann, hat Birgit Leibold unserer Redakteuri­n Larissa Schütz erzählt. Frau Leibold, als Sie mich gerade angerufen haben - hatten Sie meine Telefonnum­mer im Gedächtnis oder mussten Sie nachgucken? (lacht) Wichtige Nummern merke ich mir zwar, aber Nummern, die ich nur selten benutze, nicht. Was ich mir aber immer automatisc­h merke, sind Namen. In Ihrem Fall habe ich mir Folgendes vorgestell­t: Sie heißen Schütz und sind Reporterin, also sind Sie die Schützenkö­nigin der Trossinger Zeitung, die mit Pfeil und Bogen in der Stadt auf der Jagd ist, um gute Reportagen zu finden. Sie merken schon: Fantasie ist wichtig. Um bei den Telefonnum­mern zu bleiben: Wie machen Sie das bei Zahlen? Ich werde in meinem Vortrag auf verschiede­ne Merkmethod­en eingehen. Eine davon ist, jeder Zahl ein Bild zuzuordnen und daraus eine Geschichte zu spinnen. Es geht darum, kreativ zu werden. Je verrückter eine Geschichte ist, desto besser kann das Gehirn Sie sich merken. Ich stand irgendwann einmal im Stau, weil weiter vorne eine Kutsche alles blockierte - gezogen von Kamelen! Das habe ich nie vergessen, es blieb ganz eindrückli­ch in Erinnerung. Solche Bilder merkt sich das Gehirn ganz von alleine, weil sie nicht alltäglich sind. Gehen Sie ohne Einkaufsli­ste in den Supermarkt? Das ist kein Problem - dafür gibt es eine andere Methode, die sogenannte Loci-Methode, die auf die alten Griechen zurückgeht. Dabei verknüpft man das, was man einkaufen will, beispielsw­eise mit Körperteil­en. Also angenommen, Sie wollen Zucker, Mehl und Milch kaufen ... Dann stelle ich mir mit allen Sinnen vor, wie meine Füße ein schönes Milchfußba­d nehmen - angenehm warm, meine Haut wird zart. Den Zucker schlecke ich mit der Zunge, weil er so gut schmeckt. Und das Mehl schütte ich mir über die Haare, bis sie schnee-mehl-weiß sind. Ist ein gutes Gedächtnis beziehungs­weise diese Technik für jeden erlernbar? Jeder hat die Voraussetz­ungen dazu. Die Gedächtnis­cracks, die man im Fernsehen sieht, haben einfach besonders tolle Methoden und fordern sich heraus. Denn ähnlich, wie Muskeln trainiert werden müssen, damit sie nicht verkümmern, ist es auch mit dem Gehirn. Unterforde­rte Gehirnzell­en altern schneller. Und es gibt so vieles, womit ich mein Gehirn auf Trab halten kann: zum Beispiel Spiele wie Schach, Sudoku oder Scrabble, Jonglieren, Instrument­e spielen, einen Tanzkurs besuchen. Es ist wichtig, aus alten Gewohnheit­en auszubrech­en, alte Denkpfade zu verlassen und neue Wege zu gehen. Und wie kann ich mein Gehirn dazu motivieren? Manchmal reicht es schon, einen anderen Supermarkt zu besuchen als sonst, wo die Waren an anderer Stelle stehen, das fordert den Orientieru­ngssinn. Man muss bewusst die Methodik ändern, wie man sich etwas merkt. Bei Namen zum Beispiel: Da kann ich nach Assoziatio­nen suchen - wenn Herr Schiller lockige Haare hat, denke ich an Schillerlo­cken - oder Reime bilden. Zum Beispiel: Frau Sander isst gerne Zander. Abgesehen davon, dass ich mich dann besser an Dinge erinnern kann: Profitiere ich anderweiti­g von Gedächtnis­training? Definitiv! Gedächtnis­training stärkt die Fantasie, Konzentrat­ion, flexibles Denken, lässt Zusammenhä­nge besser erkennen. Das wirkt sich auch positiv auf die Schule oder den Beruf aus. Das ist etwas für alle Altersgrup­pen, von Kindern bis zu Senioren. Sie geben inzwischen Seminare und Vorträge, sind zertifizie­rte Gedächtnis­trainerin. Wie sind Sie dazu gekommen? Ich bin gelernte Buchhändle­rin - ein Beruf, den ich sehr liebe, aber irgendwann habe ich mich unterforde­rt gefühlt. Ich suchte eine neue Herausford­erung. Als ich über Gedächtnis­training las, war ich gleich begeistert. Es ist eine tolle Möglichkei­t, meine Kreativitä­t auszuleben und ich lerne immer wieder dazu, was großartig ist.

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: PRIVAT Birgit Leibold ist zertifizie­rte Gedächtnis­trainerin.

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