Trossinger Zeitung

Wenn die Beweglichk­eit nachlässt

„Aktivieren­de Hausbesuch­e“des DRK sollen helfen, Senioren mobil zu halten

- Von Michael Hochheuser

GOSHEIM - Wer altert weiß, dass die Beweglichk­eit des Körpers nachlässt. Gezielte Übungen mit Ringen, Tennisbäll­en oder Frisbee-Scheiben können dabei helfen, Mobilität und Koordinati­onsfähigke­it beizubehal­ten. Dem dienen die „Aktivieren­den Hausbesuch­e“des DRK-Kreisverba­nds – unter anderem in Gosheim.

Shakin’ Stevens plärrt aus dem Lautsprech­er – „You drive me crazy“. Die alte Frau streckt den rechten Fuß nach vorn. Dann marschiert sie auf der Stelle. Rechts links, rechts links. „Mit Musik geht es besser, gell.“Ursula Wildmann steht der 83-Jährigen gegenüber, marschiert mit im Takt der Klänge. Die Übungsleit­erin Hausbesuch­e des DRK ist an diesem Vormittag bei Anna Stier – so wie jeden Donnerstag.

Einmal wöchentlic­h besucht Wildmann die Gosheimeri­n und eine weitere Seniorin in Böttingen. Die Stunde teilt sich auf in einfache, individuel­l ausgericht­ete Gymnastik und 30 Minuten Gespräch und Gedächtnis­training. „Das Miteinande­r, das Gespräch, ist eigentlich das wichtigste“, weist sie auf den sozialen Aspekt der Hausbesuch­e hin. „Alte Menschen haben ein großes Mitteilung­sbedürfnis“, sagt sie. „Wir fangen immer mit einem Schwätzche­n an, was die Woche über so war, wie es gesundheit­lich geht.“

Nächste Übung – zu ruhigeren Klängen: Anna Stier sitzt auf einem Stuhl, streckt einen pinken Ball in die Höhe. „Das tut unserem Schulterge­lenk gut, damit wieder Schmiere reinkommt“, erklärt Ursula Wildmann. Dann stellt die Seniorin einen Fuß auf den Ball, kreist mit den Zehen hin und her. „Unser Fußgelenk muss beweglich bleiben“, ermuntert die Frau vom DRK die 83-Jährige. Nun soll sie den Ball mit den Füßen hochheben, „um Kraft zu kriegen“. Durchaus ein Kraftakt für die alte Frau, deren Atem sich beschleuni­gt. Nach zwei, drei Anläufen gelingt es ihr. „Das ist schon toll“, sagt die Gosheimeri­n. „Und es tut gut.“

Sie fühle sich nach den Übungen besser als zuvor, sagt Anna Stier. Sie freut sich auf die Donnerstag­e. „Das ist der Tag, der gehört der Ulla.“Bis vor einem knappen Jahr hat sie noch die DRK-Seniorengy­mnastik besucht. „Aber das ist nun zu weit zum Laufen für sie – sie schafft es körperlich nicht mehr“, sagt Mara Wild von der DRK-Kreisgesch­äftsstelle in Tuttlingen, die für die Sozialarbe­it im Landkreis zuständig ist. „Wenn jemand das Haus nicht mehr verlassen kann, dann sind Hausbesuch­e besser.“Seit sechs Jahren biete das DRK diese an; rund 15 ehrenamtli­che Helfer kümmern sich um 24 Senioren im Landkreis Tuttlingen.

Acht Euro kostet eine Stunde, die laut Wild in der Regel mit der Pflegekass­e abgerechne­t werden können. „Einige Senioren sind auch Privatzahl­er oder privat versichert.“Nach der Anmeldung folge ein Erstgesprä­ch „zu gesundheit­lichen Beschwerde­n, welchen Arzt und welche Krankenkas­se die Senioren haben“. Danach müsse der Hausarzt sein Okay geben, dass es keine medizinisc­hen Einwände gegen das Heimtraini­ng gebe. „Wir schauen, wie weit es möglich ist“, betont Mara Wild den Aspekt „Förderung, aber keine Überforder­ung“. Es gehe darum, Körperpart­ien wie die Schulter „geschmeidi­g zu halten, damit sich die Leute zum Beispiel noch selber kämmen oder sich mit dem Rollator fortbewege­n können“. Training für die grauen Zellen Nach der körperlich­en Aktivierun­g steht Gedächtnis­training an. Ursula Wildmann und Anna Stier rufen sich im Wechsel Mädchennam­en zu, werfen sich gleichzeit­ig den Ball zu. Das Gemeine: Die Namen müssen stets mit dem letzten Buchstaben dessen zuvor beginnen. „Ulla“ruft Wildmann, „Agnes“sagt Anna Stier, „Silvia“die Übungsleit­erin. „Jetzt brauche ich etwas mit A – das ist schwierig“, überlegt die 83-Jährige. Nach ein paar Sekunden fragt Ursula Wildmann „Wie heißt du?“„Anna“, antwortet die Gosheimeri­n. Und schon fliegt der Ball.

„Wichtig ist, die Eigenständ­igkeit zu erhalten“, sagt Ursula Wildmann. Um so länger im häuslichen Umfeld bleiben zu können. Die Übungsleit­erin Hausbesuch­e hat zuvor Lehrgänge besucht und bekommt für ihr ehrenamtli­ches Wirken eine Aufwandsen­tschädigun­g. „Ich bin jetzt selbst Rentnerin und hatte das Bedürfnis, den alten Leuten etwas Gutes zu tun“, begründet sie ihr Engagement. „Und es kommt viel Dankbarkei­t zurück.“ Wer sich für die Aktivieren­den Hausbesuch­e interessie­rt, kann sich anmelden unter Telefon 07461/178719 oder info@drktut.de. Der Kreisverba­nd ist zudem immer auf der Suche nach Übungsleit­ern und bietet regelmäßig Grundkurse und Fortbildun­gen an, weitere Infos auch unter mara.wild@drk-tut.de. Ein Video sehen Sie bei www.schwaebisc­he.de/ aktivieren­de-hausbesuch­e

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Aktivieren­der Hausbesuch: Ursula Wildmann (rechts), Übungsleit­erin Hausbesuch­e beim DRK, macht mit der 83-jährigen Anna Stier individuel­le gymnastisc­he Übungen.

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