Wenn die Beweglichkeit nachlässt
„Aktivierende Hausbesuche“des DRK sollen helfen, Senioren mobil zu halten
GOSHEIM - Wer altert weiß, dass die Beweglichkeit des Körpers nachlässt. Gezielte Übungen mit Ringen, Tennisbällen oder Frisbee-Scheiben können dabei helfen, Mobilität und Koordinationsfähigkeit beizubehalten. Dem dienen die „Aktivierenden Hausbesuche“des DRK-Kreisverbands – unter anderem in Gosheim.
Shakin’ Stevens plärrt aus dem Lautsprecher – „You drive me crazy“. Die alte Frau streckt den rechten Fuß nach vorn. Dann marschiert sie auf der Stelle. Rechts links, rechts links. „Mit Musik geht es besser, gell.“Ursula Wildmann steht der 83-Jährigen gegenüber, marschiert mit im Takt der Klänge. Die Übungsleiterin Hausbesuche des DRK ist an diesem Vormittag bei Anna Stier – so wie jeden Donnerstag.
Einmal wöchentlich besucht Wildmann die Gosheimerin und eine weitere Seniorin in Böttingen. Die Stunde teilt sich auf in einfache, individuell ausgerichtete Gymnastik und 30 Minuten Gespräch und Gedächtnistraining. „Das Miteinander, das Gespräch, ist eigentlich das wichtigste“, weist sie auf den sozialen Aspekt der Hausbesuche hin. „Alte Menschen haben ein großes Mitteilungsbedürfnis“, sagt sie. „Wir fangen immer mit einem Schwätzchen an, was die Woche über so war, wie es gesundheitlich geht.“
Nächste Übung – zu ruhigeren Klängen: Anna Stier sitzt auf einem Stuhl, streckt einen pinken Ball in die Höhe. „Das tut unserem Schultergelenk gut, damit wieder Schmiere reinkommt“, erklärt Ursula Wildmann. Dann stellt die Seniorin einen Fuß auf den Ball, kreist mit den Zehen hin und her. „Unser Fußgelenk muss beweglich bleiben“, ermuntert die Frau vom DRK die 83-Jährige. Nun soll sie den Ball mit den Füßen hochheben, „um Kraft zu kriegen“. Durchaus ein Kraftakt für die alte Frau, deren Atem sich beschleunigt. Nach zwei, drei Anläufen gelingt es ihr. „Das ist schon toll“, sagt die Gosheimerin. „Und es tut gut.“
Sie fühle sich nach den Übungen besser als zuvor, sagt Anna Stier. Sie freut sich auf die Donnerstage. „Das ist der Tag, der gehört der Ulla.“Bis vor einem knappen Jahr hat sie noch die DRK-Seniorengymnastik besucht. „Aber das ist nun zu weit zum Laufen für sie – sie schafft es körperlich nicht mehr“, sagt Mara Wild von der DRK-Kreisgeschäftsstelle in Tuttlingen, die für die Sozialarbeit im Landkreis zuständig ist. „Wenn jemand das Haus nicht mehr verlassen kann, dann sind Hausbesuche besser.“Seit sechs Jahren biete das DRK diese an; rund 15 ehrenamtliche Helfer kümmern sich um 24 Senioren im Landkreis Tuttlingen.
Acht Euro kostet eine Stunde, die laut Wild in der Regel mit der Pflegekasse abgerechnet werden können. „Einige Senioren sind auch Privatzahler oder privat versichert.“Nach der Anmeldung folge ein Erstgespräch „zu gesundheitlichen Beschwerden, welchen Arzt und welche Krankenkasse die Senioren haben“. Danach müsse der Hausarzt sein Okay geben, dass es keine medizinischen Einwände gegen das Heimtraining gebe. „Wir schauen, wie weit es möglich ist“, betont Mara Wild den Aspekt „Förderung, aber keine Überforderung“. Es gehe darum, Körperpartien wie die Schulter „geschmeidig zu halten, damit sich die Leute zum Beispiel noch selber kämmen oder sich mit dem Rollator fortbewegen können“. Training für die grauen Zellen Nach der körperlichen Aktivierung steht Gedächtnistraining an. Ursula Wildmann und Anna Stier rufen sich im Wechsel Mädchennamen zu, werfen sich gleichzeitig den Ball zu. Das Gemeine: Die Namen müssen stets mit dem letzten Buchstaben dessen zuvor beginnen. „Ulla“ruft Wildmann, „Agnes“sagt Anna Stier, „Silvia“die Übungsleiterin. „Jetzt brauche ich etwas mit A – das ist schwierig“, überlegt die 83-Jährige. Nach ein paar Sekunden fragt Ursula Wildmann „Wie heißt du?“„Anna“, antwortet die Gosheimerin. Und schon fliegt der Ball.
„Wichtig ist, die Eigenständigkeit zu erhalten“, sagt Ursula Wildmann. Um so länger im häuslichen Umfeld bleiben zu können. Die Übungsleiterin Hausbesuche hat zuvor Lehrgänge besucht und bekommt für ihr ehrenamtliches Wirken eine Aufwandsentschädigung. „Ich bin jetzt selbst Rentnerin und hatte das Bedürfnis, den alten Leuten etwas Gutes zu tun“, begründet sie ihr Engagement. „Und es kommt viel Dankbarkeit zurück.“ Wer sich für die Aktivierenden Hausbesuche interessiert, kann sich anmelden unter Telefon 07461/178719 oder info@drktut.de. Der Kreisverband ist zudem immer auf der Suche nach Übungsleitern und bietet regelmäßig Grundkurse und Fortbildungen an, weitere Infos auch unter mara.wild@drk-tut.de. Ein Video sehen Sie bei www.schwaebische.de/ aktivierende-hausbesuche