„Mein Ahne hat viel närrischen Geist hinterlassen“
Hans Wuost wird 90 – Der Jubilar spricht übers Jungbleiben, die Narretei und das Narrentreffen
ALDINGEN-AIXHEIM - Am Wochenende vom 15. bis 17. Februar feiert die Narrenzunft Hans-Wuost Aixheim e.V. ihr 90-jähriges Bestehen. Gleichzeitig ist das 50. Ringtreffen des Narrenfreundschaftsrings Schwarzwald-Baar-Heuberg. Regina Braungart hat den Jubidem lar zu ganzen Trubel ausgefragt. Lieber Hans Wuost, wie fühlst Du Dich so mit 90 Jahren? Immer noch frisch und munter. Dich plagt kein Zipperlein? Nein. Gar keins - mit 90? (Lacht) Naja, vielleicht ein bissle. Und wie hältst Du Dich fit? Durch die Fasnet, die jung hält, durch die lange Tradition und das Mitmachen der ganzen Bevölkerung. Und wer sind eigentlich Deine Eltern? O, das ist nicht so einfach. Der Hans Wuost ist ja schon 1539 geboren und somit ist das schon so lange her, dass ich es ehrlich gesagt vergessen habe, wer das genau war. Also das heißt, Deine Vorfahren sind viel, viel älter? Ja genau. Und mein Ahne soll dann über hundertjährig gestorben sein und soll auch viel närrischen Geist hinterlassen haben. Das war also ein echter Mensch. Der Überlieferung nach auf jeden Fall. Also Dein Ahne, an dem Du Dich orientierst, ist ein origineller Kerl. Ja, man hat gesagt, es war ein eigenwilliger Aixheimer mit außergewöhnlichen Eigenschaften. Und der Name „Wuost“stand für „außergewöhnliche Eigenschaften“. Aber was das für Eigenschaften waren, das verraten Deine Quellen nicht? Ein kautziger Kerl halt. Er hat sich um die Gebote und Verbote der Obrigkeit nicht geschert, sondern sich für die kleinen Leute eingesetzt und für Recht und Ordnung gesorgt. Und er ist stets für Wahrheit und ehrliches Handeln eingetreten. Aha, so ein kleiner Robin Hood, sozusagen. Ja, so in etwa - auf oaxamerisch. Zu Deinem runden Geburtstag gibt es ja ein dreitägiges Familienfest. Wer kommt denn alles? Die Ringzünfte und die umliegenden Zünfte und einige Ehrengäste sowie die Obrigkeiten der süddeutschen Narrenvereine. Sagmal, ehrlich, bist Du nicht beleidigt, wenn Dich alle immer einen Hanswurst nennen? Das ist doch kein Kompliment. So ein Hanswurst ist ja eher ein einfältiger Kerl, aber Dir sagt man ja aufrechte Eigenschaften nach. Bist Du dann nicht beleidigt? Nein, weil Wuost kommt nicht von Wurst – also der Wurst zum Essen. Es gibt auch in Villingen einen Wuost. Der Name kommt von übernatürlichen Fähigkeiten. Einer der sich um alles gekümmert hat. Und er hat den kleinen Leuten geholfen. Drum habe ich ja auch die weiten Hosen, da kann ich die Lebensmittel von den Hamstergängen drin verstecken. Die Wurst haben sie dann später dazugetan, aber eigentlich kommt der Ursprung meines Namens nicht von der Wurst. Wenn man alte Fotos von Dir anguckt und die mit Deinem heutigen Aussehen vergleicht. Ich glaube – Du musst ehrlich sein – da war ein Lifting dazwischen, oder? Da war ein leichtes Lifting dazwischen. Die Hans Wuost-Narren, die 1974/75 neu gemacht wurden, wurden in den Ursprungsfarben rot blau grün gelb gestaltet. Das waren die alten Zunftfarben, und es gibt alte Narrenkleidle, die ähnlich zu meinen heutigen Kleidle sind. Was hast Du dann vorher angehabt? Die schönen Farben hat’s schon immer gegeben, die sind sogar Jahrhunderte alt. Man hat mich eben neu gestaltet und die Maske etwas ausdrucksstarker gemacht. Die vorherigen Gesichtszüge waren glatter. Aber das entspricht mir ja nicht, ich hab ein bisschen rauere Züge. Ein Charakterkopf halt. Ja, genau, so wie man mich, den Hans Wuost, immer beschrieben hat. Wie viele Familientreffen hast Du schon in Aixheim erlebt? Das ist jetzt das dritte Mal. Das erste Mal war vom 9. bis 11. Februar 1979, das war das zwölfte Ringtreffen und gleichzeitig das 50. Jubiläum der Narrenzunft. Wir sind ja 1975 in den Ring aufgenommen worden. Das zweite war von 14. bis 16. Februar 2003. Ist das jetzt geplante Treffen größer oder kleiner? Es ist in etwa so wie das 2003. DaJubilar, der sich prima gehalten hat: mals waren es aber auch schon über 30 Zünfte, aber 1979 waren auch über 4000 Maskenträger dabei. Am Freitag und Samstag
Brauchtumsabende sind am Uhr Sonntag im ein Festgottesdienst Zelt ist um und 9 und dann im der Festzelt Zunftmeisterempfang für geladene Gäste. Und um 13.30 Uhr der große Festumzug mit 5000 Narren. Hans Wuost. Jetzt bist Du, der Hans Wuost aus Aixheim, mit der schwäbisch alemannischen Fasnet Teil des Kulturerbes geworden. Bist Du da nicht ein bisschen rot geworden? Nein, sondern stolz, das ist voll gerechtfertigt! Wegen der Tradition, die bei uns gelebt wird. Wir sind eine der ältesten Zünfte in der Gegend. Als ich jünger war, da sind die Leute mit Bussen nach Aixheim gekommen, auch von Trossingen und Spaichingen. Aixheim waren neben Rottweil die einzigen, die hier die Fasnet gefeiert haben. Du bist jetzt ja 90, aber Eure Fasnet ist doch schon viel älter, oder? Ja, unsere Fasnet viel älter, sie geht bis ins Jahr 1400 zurück. Urkundlich verbürgt ist sie ab 1681. Da steht zum Beispiel, dass man Fasnetsküchle gebacken hat und so. Und laut Zeitungsbericht stand Ende des 19. Jahrhunderts die Fasnet in voller Blüte. Woher kommt’s, dass Ihr in Aixheim ausgerechnet so narrisch seid? Könnte sein, dass es die Nähe zu Rottweil ist und es vielleicht Verwandtschaft damals dorthin gegeben hat. Aber wir haben doch zum Kloster Rottenmünster gehört. Drum gibt es auch die Fasnetsfigur Aixheimer Galgenstrick. Bei uns gab es einen Galgen aus der Gerichtsbarkeit des Rottenmünster. Wieso grüßt man sich bei Euch mit Oho, Oho, Oho, so wie in Spaichingen? Das macht man nicht mehr. Seit 1974 grüßen wir uns mit „Hans“- „Wuost“. Aber bis 74 haben wir uns mit Oho, Oho, Oho gegrüßt. Wer hat das erfunden? Haben es die Spaichinger von Euch geklaut oder andersrum? Das ist nicht genau bekannt. Aixheim war jedoch die Patenzunft von Spaichingen. Dies wurde in der Spaichinger Chronik berichtet. In der Festschrift von Spaichingen von 1991 steht drin, dass es 1929 durch die Anwesenheit der Aixheimer Elferratsmitglieder einen Höhepunkt gegeben hat, und dass die Aixheimer Narrenzunft zum Ehrenmitglied der Spaichinger Zunft geworden ist. Also wo damals bei uns das Oho hergekommen ist, weiß man nicht, aber dass es „auf ewige Zeiten“Oho heißen sollte, das steht in einem Schriftführerbuch vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Jetzt muss ich Dich doch noch was fragen: Man sagt immer, dass die Narretei eigentlich ein ernstes Geschäft ist. Was sagst Du da dazu? Man soll lustig sein, froh und ehrlich. Aber: Allen zur Freud und niemand zum Leid. Und man muss Traditionen weiteführen, dann passt es . Freude haben, klar, aber nicht nur Party machen, sondern den historischen Hintergrund im Blick haben. Es ist also auch, wenn man so will, eine ernste Angelegenheit. Dann wünsche ich Dir ein wunderschönes Geburtstagsfest! Dankeschön! Und ich danke für das Interview.