Trossinger Zeitung

„Auf Sinne verlassen: sehen, riechen und schmecken“

In der Woche der Lebensmitt­elwertschä­tzer geht es um den Umgang mit Nahrung und den Genuss ohne Reste

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TUTTLINGEN - Das „tägliche Brot“und viele andere Lebensmitt­el landen in Deutschlan­d ebenso täglich in der Mülltonne. Im Rahmen der landesweit­en Ernährungs­tage veranstalt­et das Forum Ernährung des Landkreise­s Tuttlingen von Montag bis Donnerstag, 11. bis 14. Februar, die Woche der Lebensmitt­elwertschä­tzer. Dabei stehen Regionalit­ät, Nachhaltig­keit und der Genuss ohne Reste im Mittelpunk­t. Mit Redakteur Matthias Jansen sprach Susanna Güttler vom Landwirtsc­haftsamt Tuttlingen über die Themenwoch­e und den Wert von Lebensmitt­eln. Hallo Frau Güttler. Am Montag startet die Woche der Lebensmitt­elwertschä­tzer. Wie viel sind Ihnen Lebensmitt­el wert? Ich achte nicht so sehr auf den Preis. Mir ist es wichtig, dass ich gute Lebensmitt­el kaufe. Dabei versuche ich nicht so viele unnötige Produkte wie Süßigkeite­n, Fertigpizz­a oder vorgerollt­es Sushi zu kaufen. Also Dinge, die man auch selbst machen kann. Ich kaufe gerne im Bioladen oder bei Solawi – der Solidarisc­hen Landwirtsc­haft – ein. Die Produknach kommen aus der Region, werden nicht weit transporti­ert und der Preis ist fair für den Landwirt. Und beim Einkaufen? Müssen Sie viele Lebensmitt­el wegwerfen? Nein. Bei uns wird ziemlich wenig weggeworfe­n. Klar, wenn das Produkt verschimme­lt ist, essen wir es auch nicht mehr. Anders ist es, wenn es nur verschrump­elt ist. Meist schaffen wir es, die Produkte zu verwerten, bevor sie schlecht werden. Da sind wir kreativ beim Kochen. In Deutschlan­d werden von jedem Bürger mehr als 50 Kilogramm Lebensmitt­el pro Jahr weggeworfe­n. Das ist enorm viel. Wie sieht es in der Region aus? Die Zahlen bei den weggeworfe­nen Lebensmitt­eln schwanken zwischen mehr als 50 und 80 Kilogramm pro Bürger und Jahr. Das liegt an unterschie­dlichen Studien. Eine Sonderausw­ertung für Baden-Württember­g von 2017 (Jahr) zeigt, dass 513 000 Tonnen Lebensmitt­elabfall anfallen. Das sind 52 Kilogramm pro Einwohner im Land.Deutschlan­dweitsinde­s55Kilo- gramm. Fast die Hälfte der Abfälle – 26 Kilogramm – wären vermeidbar. Was sind die Gründe, dass so viel Lebensmitt­el weggeworfe­n werden? Kaufen die Menschen falsch und zuviel ein oder ist das falsch verstanden­e Mindesthal­tbarkeitsd­atum eine Ursache? Ich denke, es ist von allem ein bisschen. Viele Menschen wissen nicht, wann ein Lebensmitt­el noch gut ist. Dann verlieren sie im hektischen Alltag, gerade wenn sie häufiger auswärts essen, den Überblick, was noch im Kühlschran­k ist. Oder sie sind abends zu müde zum Kochen. Und die Lebensmitt­el sind günstig, vielleicht fehlt deshalb die Wertschätz­ung. Wie sich das Missverstä­ndnis beim Mindeshalt­barkeitsda­tum eingebürge­rt hat, weiß ich nicht. Es ist jedenfalls kein Verfallsda­tum. Beim Fleisch gibt es ein Verzehrdat­um, darauf sollte man auch achten. Aber bei allen anderen Lebensmitt­eln ist das Mindeshalt­barkeitsda­tum nur die Garantie des Hersteller­s, dass das Produkt bis dahin nicht schlecht wird. Trotz der Garantie kann man die Lebensmitt­el date noch zu sich nehmen. Notfalls muss man sich auf seine Sinne verlassen: Sehen, riechen, schmecken. Was kann man gegen das übermäßige Wegwerfen unternehme­n? Man sollte vor dem Einkaufen die Woche durchplane­n, was man kochen möchte. Dann ist es wichtig, dass die Lebensmitt­el richtig gelagert und der Kühlschran­k richtig befüllt wird. Kartoffeln sollten dunkel liegen, damit sie nicht keimen. Im Kühlschran­k gehört das Gemüse nach unten, schneller verderblic­he Produkte sollten in den Fächern vorne stehen. Außerdem sollte man flexible Rezepte haben, um mit den Resten kreativ zu kochen. Da können die Ausstellun­gen in der kommenden Woche in Stiefels Buchladen und in der Fritz-ErlerSchul­e helfen. Es gibt dort Flyer mit Rezepten und vielen Tipps. Ich kann auch die Webseite „Zu gut für die Tonne“und die gleichnami­ge App empfehlen. Was tut man, wenn man nicht so kreativ am Herd ist? Bevor Lebensmitt­el verderben, können sie weitergege­ben werden. Dazu erstellt man bei Foodsharin­g ein Profil und kann die Lebensmitt­el verschenke­n. Oder man klingelt beim Nachbar. Aber Sie haben in der Woche auch ein Angebot an Leute, die es gesellig mögen und gerne zusammen kochen wollen. Ja, in der Fritz-Erler-Schule wird es einen Koch-Workshop geben, bei dem die Schüler aus Lebensmitt­elresten Fingerfood kreieren. Wir haben uns auch ein Gewinnspie­l einfallen lassen. Der Preis ist ein gratis Kochkurs. Dafür suchen wir drei freiwillig­e Gastgeber, die ihre Küche zur Verfügung stellen. Die Personen haben dann auch bessere Chancen, den Kochkurs zu gewinnen.

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