Wohldosierte Gemeinheiten
So ein Mensch ist nicht gemacht für knallharte Wahrheiten und abrupte Änderungen. Und der deutsche Mensch ist nochmal empfindlicher als andere Nationalitäten. Deswegen hat es hierzulande seine Zeit gedauert, bis etwas dagegen unternommen wurde, dass die aus der Küche angelieferten Gerichte im Zigarettenqualm der Restaurants nur schemenhaft zu erkennen waren. Schwieriger noch ist es, dem freien deutschen Autofahrer mit der böswilligen Behauptung zu kommen, dass Geschwindigkeit in einem Zusammenhang mit Unfallzahlen und Schadstoffausstoß stehe. Er spürt, dass das jedem Menschenverstand widerspricht, und ist verstimmt.
Deswegen ist es eine ausgezeichnete Idee, staatsgemachte Gemeinheiten wie längere Lebensarbeitszeit, Tempolimits und Rauchverbote häppchenweise zu präsentieren. Richard Cregan, Abgeordneter auf Hawaii, hat diese Taktik verinnerlicht. Er will künftig nicht mehr nur junge Menschen, sondern alle unter 100 Jahren vor dem Rauchen schützen. Cregans Gesetzesvorschlag sieht vor, das Mindestalter für den Kauf von Zigaretten nach und nach zu erhöhen. Am Ende soll es dann bei 100 Jahren liegen. Interessant an dem Plan des Arztes, der für die Demokraten im Repräsentantenhaus sitzt, ist das Tempo. Im kommenden Jahr will er das Mindestalter auf 30 Jahre erhöhen, 2021 auf 40, 2022 auf 50, 2023 auf 60, 2024 auf 100.
Das scheint uns hervorragend zu einem Land zu passen, in dem gern schnell geschossen wird und der Präsident dafür bekannt ist, dass er einfache Lösungen und spontane, unkonventionelle Enscheidungen schätzt. Und dass man bei Erreichen der Hundert – quasi als Belohnung – wieder nach Lust und Laune Zigaretten kaufen darf, halten wir für absolut angemessen. Hundertjährige sind nun wirklich alt genug, frei darüber zu entscheiden, wie sie den Weg in die ewigen Jagdgründe antreten wollen: rauchend, saufend oder rasend. (hü)