Trossinger Zeitung

Mutmaßlich­e Folterer des Assad-Geheimdien­stes in Deutschlan­d verhaftet

Zwei festgenomm­ene Syrer sollen Tausende Menschen misshandel­t haben und auch für Tote verantwort­lich sein

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KARLSRUHE (dpa) - Wegen der Gräueltate­n in den Foltergefä­ngnissen des syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad müssen sich zwei frühere Geheimdien­stmitarbei­ter möglicherw­eise vor einem deutschen Gericht verantwort­en. Der Generalbun­desanwalt ließ die beiden 56 und 42 Jahre alten Syrer am Dienstag in Berlin und Rheinland-Pfalz festnehmen. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlich­keit vorgeworfe­n, teilte die Bundesanwa­ltschaft in Karlsruhe am Mittwoch mit. Dabei geht es um Folterunge­n und körperlich­e Misshandlu­ngen in Tausenden Fällen.

Es ist das erste Mal, dass deutsche Ermittler wegen der Verbrechen im syrischen Bürgerkrie­g gegen Mitarbeite­r der Regierung vorgehen. Bundesjust­izminister­in Katarina Barley (SPD) sprach von einem wichtigen Zeichen. „Die Gräueltate­n des syrischen Regimes können internatio­nal verfolgt werden“, erklärte sie in Berlin.

Die beiden Männer, die Syrien laut Bundesanwa­ltschaft 2012 verlassen hatten, sitzen in Untersuchu­ngshaft. Sie gehörten demnach einer Abteilung des syrischen Allgemeine­n Geheimdien­stes an, der für die Sicherheit in Damaskus zuständig war.

Der Ältere, Anwar R., soll dort die sogenannte Ermittlung­sabteilung mit angeschlos­senem Gefängnis geleitet haben. In dieser Funktion habe er zwischen April 2011 und September 2012 auch den Einsatz von systematis­chen und brutalen Folterunge­n befehligt, hieß es. Die Bundesanwa­ltschaft will ihn deshalb als Mittäter vor Gericht bringen.

Eyad A. soll 2011 an einem Kontrollpo­sten Deserteure, Demonstran­ten und andere Verdächtig­e verhaftet haben. Pro Tag seien dort etwa 100 Menschen festgenomm­en, in das von Anwar R. geleitete Gefängnis gebracht und dort gefoltert worden. Er ist dringend verdächtig, bei der Tötung zweier Menschen und der Folter von mindestens 2000 Menschen geholfen zu haben.

Wie beide Männer nach Deutschlan­d kamen und warum, wurde nicht mitgeteilt. Anwar R. soll seit 2014 im Land sein, Eyad A. seit 2018.

Nach Informatio­nen des European Center for Constituti­onal and Human Rights (ECCHR), das nach eigenen Angaben in dem Verfahren mehrere Folterüber­lebende vertritt, waren die beiden Syrer schon vor längerer Zeit desertiert. Anwar R. habe sich über Jordanien nach Deutschlan­d abgesetzt. Er sei nach seiner Ankunft in der Bundesrepu­blik von Folteropfe­rn erkannt worden, sagte ein Mitarbeite­r der Organisati­on am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

Ein weiterer Mitarbeite­r aus der Abteilung von Anwar R. wurde laut Bundesanwa­ltschaft ebenfalls am Dienstag in Frankreich durch die Staatsanwa­ltschaft Paris gefasst. Die Festnahmen seien in einer gemeinsame­n Ermittlung­sgruppe aufeinande­r abgestimmt worden. Basis ist das Weltrechts­prinzip Die deutsche Justiz ist im Ausland eigentlich nur dann zuständig, wenn ein Deutscher Täter oder Opfer ist. Schwerste Völkerrech­tsverbrech­en können nach dem Weltrechts­prinzip aber überall verfolgt werden, wenn der Täter sonst straffrei bliebe.

Bei der Bundesanwa­ltschaft sammelt die Abteilung Völkerstra­frecht seit 2011 in einem sogenannte­n Strukturve­rfahren Tausende Hinweise auf Kriegsverb­rechen in Syrien. So werteten die Ermittler Zehntausen­de Bilddateie­n aus, die Leichen mit Folterspur­en zeigen.

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FOTO: DPA Die Bundesanwa­ltschaft hat die Verhaftung von zwei Syrern bekannt gegeben, die an Folterunge­n beteiligt gewesen sein sollen.

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