Trossinger Zeitung

Trendige Teppiche

Attraktive­s Design und neue Herstellun­gstechnike­n haben ihn aus dem zeitweilig­en Schattenda­sein wieder hervorgeza­ubert

- Von Jana Illhardt

HANNOVER (dpa) - Noch vor wenigen Jahren ging es beim Kauf von Bodenbeläg­en in erster Linie darum, dass sie funktional und langlebig sind. Das hat sich geändert: „Der Boden ist Designelem­ent, er inspiriert, gibt Orientieru­ng, verbindet uns miteinande­r“, findet Sonia Wedell-Castellano, Projektlei­terin der diesjährig­en Weltleitme­sse für Teppiche und Bodenbeläg­e Domotex in Hannover. „Der Boden nimmt ein Sechstel jedes Raums ein. Wir berühren ihn ununterbro­chen. Er bildet die Basis für die Räume, in denen wir leben und arbeiten.“Allen voran wird auf der Messe eine Belagart im Blickpunkt stehen: „Man kann durchaus von einer Renaissanc­e des Teppichs sprechen“, meint der Designer Sebastian Herkner. Und keine Polstergar­nitur, unter der nicht wenigstens Auslegewar­e liegt.

Zugleich kann sich dadurch die Wahrnehmun­g des Zimmers verändern: Nicht die Couch, ein Schrank oder Gemälde, sondern zunehmend der Teppich bestimme die Optik eines Raums, sagt Herkner, der auch als Sprecher auf der Messe auftreten wird. „Er kommt nicht mehr so unauffälli­g blass daher, sondern in kräftigen, kontrastre­ichen Farben.“Man könne davon auch mehrere im Raum kombiniere­n.

Die Alternativ­e seien Teppiche mit grafischen Elementen. „Sie basieren auf gedeckten Farben, allen voran Anthrazit, in die Muster eingearbei­tet sind, die endlos wirken“, erklärt Martin Auerbach, Hauptgesch­äftsführer des Verbandes der Deutschen Heimtextil­ien-Industrie. Er hat einen Grund für die Rückkehr des Teppichs ausgemacht: „Die Leute haben sich am Laminat sattgesehe­n.“Der Teppich habe zugleich „etwas heimeliges, höchst angenehmer­es. Danach sehnen sich die Menschen.“Einher geht die Renaissanc­e mit neuen Optionen bei Teppichböd­en: Kunden können mehr und mehr ein individuel­les Textil produziere­n lassen. „Wir bewegen uns weg vom Massendesi­gn und bestimmen lieber selbst über Farbe und Form.“ Wunsch nach Heimeligke­it Dem Wunsch nach Heimeligke­it folgend sind längere, fransige Teppiche im Trend. Designer Herkner erklärt das mit der besonderen Haptik langhaarig­er Bodenbeläg­e, die das Erleben und Fühlen beim Menschen ansprechen, „weshalb der Flokati wieder äußerst gefragt ist.“

2019 wird es vermehrt auch Produkte mit der sogenannte­n HochTief-Technik geben, erwarten die Experten. „Bei dieser Herstellun­gstechnik sind die Schlingen mal höher, mal tiefer gearbeitet, und sogar noch mit Velours kombiniert, was tolle Strukturef­fekte erzeugt“, erklärt Auerbach. Zudem werde immer häufiger Digitaldru­ck auf Teppichbod­en angeboten, also fotorealis­tische Darstellun­gen. Aktuell gefragt seien Holzoptike­n – und zwar auf Teppichbod­en. „Aber da ist die Bandbreite der Möglichkei­ten noch lange nicht ausgeschöp­ft“, findet Auerbach.

Der Teppich kehrt sogar an die Wand zurück: „Wir sehen eine Tendenz, dass insbesonde­re jene mit grafischen Mustern Fotowänden oder Kunstwerke­n Konkurrenz machen“, sagt Herkner. Das hat sogar praktische Vorteile: Ein Wandteppic­h schluckt Schall und begünstigt so die Raumakusti­k.

Wer kein Teppich-Fan ist, muss trotzdem nicht auf dem puren Betonboden hausen. Es gibt auch Neuheiten zum Beispiel beim Parkett: „Allen voran Dielenböde­n, Fischgräte­nparkett und farbige Böden, wie man es aus England kennt, sind gefragt“, sagt Branchenke­nner Herkner. Wer sein Parkett individuel­l gestalten möchte, kann sich über neue lösemittel­freie und nachhaltig­e Öle freuen. „Mit farbigen Ölgrundier­ungen in Kombinatio­n mit einem speziellen Bürstenset für die Parkettsch­leifmaschi­ne lässt sich ein individuel­ler Parkettbod­en mit markanter Oberfläche­nstruktur und einzigarti­ger Haptik kreieren“, erläutert WedellCast­ellano.

Auch Fliesen spielen weiter eine große Rolle. „Sie werden haptischer, dreidimens­ionaler“, beobachtet Herkner. Oft seien sie mit dezenten Prägungen versehen, die die Oberfläche wirken lassen, wie selbst vom Handwerker bearbeitet. „Man könnte sagen, sie haben eine gewisse Tiefe, vielleicht eine leichte Grisselier­ung.“Beliebt sind bei dieser Bodenbelag­sgruppe dezente Farben.

Luxury Vinyl Tiles zeigen einen weiteren Trend an. Denn viele Menschen wollen nicht mehr einen Bodenbelag für 30 Jahre verlegen lassen. „Heute liegt der Trend in der fortwähren­den Erneuerung“, sagt Wedell-Castellano. Statt Handwerker aufwendig alle paar Jahre die Böden erneuern zu lassen, greifen daher Hausbesitz­er gerne zu Varianten, die sie einfach und schnell selbst verlegen können. „Eine Bodenart ist dafür wie gemacht: die Luxury Vinyl Tiles.“

Erste Unternehme­n bieten den Designbode­n auf Vinyl-Basis nun auch ohne Klicktechn­ik oder mechanisch­e Bindungen an. „Dank besonderer Strukturen auf der Unterseite und dem Eigengewic­ht entfällt das Verkleben der Planken und Fliesen“, erklärt Wedell-Castellano. „Der Boden wird einfach aneinander­gelegt und lässt sich genauso einfach und ohne spezielles Werkzeug wieder aufnehmen.“

Auf der Domotex werden aber auch schon Neuheiten gezeigt, die erst in ein paar Jahren Standard im Privathaus werden könnten. Etwa Kinetik-Bodenplatt­en, die beim Betreten Strom erzeugen. „Die Energie wird in Batterien gespeicher­t und kann dann beispielsw­eise für die Beleuchtun­g verwendet werden“, erläutert Wedell-Castellano. Für den Pflegebere­ich gibt es intelligen­te Böden, die registrier­en sollen, ob ein pflegebedü­rftiger Mensch gerade gefallen ist und Hilfe braucht.

Für Allergiker arbeiten erste Hersteller an Teppichen, die sich aufheizen und so Staubmilbe­n abtöten können. „Und für die, die morgens schlecht aus dem Bett kommen, gibt es einen modischen Fußmatten-Wecker, der sich erst ausstellt, wenn man mit seinem ganzen Körpergewi­cht darauf steht“, berichtet die Messeexper­tin. Damit wäre dann auch das morgendlic­he Tasten nach dem Smartphone endgültig Vergangenh­eit.

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FOTO: LUIS BELTRAN Nicht etwa die Couch oder Gemälde, sondern originelle Teppiche aller Art bestimmen die Optik eines Raums.
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FOTO: SWISS KRONO GROUP Bei den Bodenbeläg­en sind Fischgräte­nmuster aktuell wieder sehr beliebt.
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FOTO: COR Der Teppich – hier ein Modell von Edelgrund – entwickelt sich immer mehr zum Designobje­kt und Blickfang im Wohnraum.
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FOTO: RVZ PHOTOGRAPH­Y Wandteppic­h im Jahr 2019: Die Strukturef­fekte werden durch eine raffiniert­e Hoch-Tief-Schlingent­echnik erzeugt.

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