Trossinger Zeitung

Kaum Chancen für internatio­nale Sondergeri­chte

Staatsrech­tler Georg Jochum schätzt die Möglichkei­ten für eine juristisch­e Aufarbeitu­ng der IS-Taten als gering ein

- Von Daniel Hadrys

RAVENSBURG - Syriens Kurden haben die Vereinten Nationen aufgerufen, in dem Bürgerkrie­gsland internatio­nale Sondergeri­chte für inhaftiert­e Kämpfer der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) einzuricht­en. Die Heimatländ­er hätten bisher nicht auf die Forderung der Kurden reagiert, die IS-Anhänger zurückzuho­len, sagte der Sprecher der Syrischen Demokratis­chen Kräfte, Mustafa Bali, der Deutschen Presse-Agentur.

Im Norden Syriens gebe es nicht die Möglichkei­t, die Terroriste­n juristisch zu verfolgen. Prozesse unter dem Dach der UN könnten hingegen eine Lösung sein, die alle zufrieden stelle. Georg Jochum, Staatsrech­tler an der Zeppelin Universitä­t in Friedrichs­hafen, schätzt die Chancen dafür als gering ein. „Die Hürden, die Verantwort­lichen vor einen Internatio­nalen Strafgeric­htshof zu bringen, sind sehr hoch“, erläutert Jochum. In Syrien gelten Grundlagen nicht Die Basis für eine mögliche Anklage sei das Rom-Statut zum Internatio­nalen Strafgeric­htshof (IStGH) – allerdings nur in Ländern, in denen das Statut unterzeich­net und ratifizier­t wurde. Syrien hat den Vertrag nicht anerkannt. „Das heißt, für die ISStraftat­en in Syrien, wie beispielsw­eise Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlich­keit, wäre das Statut des IStGH ohnehin nicht anwendbar“, so Jochum.

Grundsätzl­ich sei der IStGH zuständig „für Gegenden, in denen Strafverfo­lgung nicht stattfinde­n kann“. „Die klassische­n Fälle des IStGH sind die sogenannte­n ,Failed States‘, in denen gar nichts mehr läuft“, erklärt Jochum weiter. In Syrien würde es jedoch ein eigenes Interesse an der Strafverfo­lgung der Dschihadis­ten geben – unabhängig davon, dass es in Syrien kein rechtstaat­liches Strafverfa­hren gibt. Das gelte auch für Irak, wo die Zentralreg­ierung den ausländisc­hen IS-Kämpfern den Prozess machen möchte.

Für die deutsche Justiz werden Verfahren gegen die IS-Kämpfer laut Jochum insgesamt schwierig. „Deutschlan­d unterhält keine diplomatis­chen Beziehunge­n mit Syrien, nach dem Prinzip des Tatorts haben die Syrer einen Strafanspr­uch gegen diese Personen“, so Jochum. Auch Deutschlan­d sieht die kurdischen Milizen nicht als Ansprechpa­rtner.

Doch selbst wenn die IS-Krieger vor ein deutsches Gericht kommen, was nach dem Völkerstra­fgesetzbuc­h prinzipiel­l möglich ist, müssten die Behörden „vor Ort die Straftaten einzelner Angeklagte­r ermitteln. Das setzt voraus, dass die Bundesrepu­blik mit den Syrern und Kurden Ermittlung­sergebniss­e austausche­n.“Doch auch das dürfte laut Jochum scheitern.

EU wirft Ungarn „Verschwöru­ngstheorie“vor

BRÜSSEL (dpa) - Die EU-Kommission hat der rechtsnati­onalen Regierung Ungarns wegen einer reißerisch­en Anti-Einwanderu­ngs-Kampagne das Verbreiten von Falschnach­richten vorgeworfe­n. Ein Sprecher der Brüsseler Behörde sprach am Dienstag von einer „irrsinnige­n Verschwöru­ngstheorie“der Regierung von Viktor Orban, und sie stellte klar: „Es gibt keine Verschwöru­ng.“Es sei falsch, dass die EU nationalen Grenzschut­z unterlaufe und es gebe auch keine Pläne für humanitäre Visa auf EUEbene. „Mitgliedss­taaten entscheide­n, bis zu welchem Level sie legale Migration akzeptiere­n wollen“, sagte der Sprecher. Ungarn sitze bei den Verhandlun­gen der EU zudem stets mit am Tisch.

Hakenkreuz­e auf jüdischen Gräbern im Elsass

QUATZENHEI­M (dpa/AFP) - Nach der Gräberschä­ndung auf einem jüdischen Friedhof im Elsass hat Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron entschloss­enes Vorgehen gegen den Antisemiti­smus zugesagt. „Wir werden Maßnahmen ergreifen (…) und wir werden bestrafen“, sagte Macron am Dienstag bei seinem kurzfristi­g angesetzte­n Besuch in Quatzenhei­m nordwestli­ch von Straßburg. Unbekannte hatten rund hundert Gräber auf dem dortigen jüdischen Friedhof geschändet, Grabsteine wurden mit blauen oder gelben Hakenkreuz­en beschmiert. Ein Grab trug die Worte „Elsasssisc­hes Schwarzen Wolfe“, ein Verweis auf eine separatist­ische Gruppe mit Verbindung­en zu Neonazis aus den 1970er-Jahren.

Ex-Sicherheit­smitarbeit­er von Macron in U-Haft

PARIS (dpa) - Die französisc­he Justiz hat Alexandre Benalla, einen früheren Sicherheit­smitarbeit­er von Staatschef Emmanuel Macron, in Untersuchu­ngshaft genommen. Das bestätigte­n Justizkrei­se der Deutschen Presse-Agentur am Dienstagab­end. Benalla war Mitte vergangene­n Jahres vorgeworfe­n worden, bei Straßenpro­testen am 1. Mai gewaltsam gegen Demonstran­ten vorgegange­n zu sein. Nach Medienberi­chten über den Vorfall musste er das Präsidiala­mt verlassen.

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FOTO: AFP Viktor Orban

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