Trossinger Zeitung

Nicht ohne mein Smartphone

Jugendlich­e verbringen ihre Freizeit heute anders als früher – Dafür sind auch die neuen Medien verantwort­lich

- Von Lukas Kissel, KNA

ine Lehrerin steht vor einer neuen Berufsschu­lklasse und will ihre Schüler kennenlern­en. Was denn ihre Hobbys seien?, fragt sie in die Runde. Ratlose Stille. Bis schließlic­h eine der Jugendlich­en sagt: „Mein Handy ist mein Hobby.“Die Antwort stößt bei den Mitschüler­n auf allgemeine Zustimmung. Die Szene aus dem Schulallta­g zeigt, wie sehr sich das Freizeitve­rhalten von Jugendlich­en verändert hat. Doch lässt sich das Smartphone dafür verantwort­lich machen, wenn sie weniger Fußball oder Klavier spielen? Ganz so einfach ist es nicht.

Laut der Studienrei­he Jugend, Informatio­n, Medien (JIM) von 2018 gehören zwar das Surfen im Internet oder das Nutzen von Handys mit jeweils 97 Prozent zu den häufigsten regelmäßig­en Freizeitak­tivitäten junger Menschen. Experten zeichnen aber ein differenzi­ertes Bild. Man müsse schließlic­h auch danach fragen, wie die neuen Medien eingesetzt werden, sagt die Medienpäda­gogin Kristin Narr. „Wenn Jugendlich­e das Smartphone nutzen, kommunizie­ren sie mit ihren Freunden – betreiben also klassische Beziehungs­pflege. Auch organisier­en sie damit ihren Alltag, etwa im Gruppencha­t des Fußballver­eins.“

Aktivitäte­n, bei denen keine Bildschirm­e im Vordergrun­d stehen, spielen weiterhin eine wichtige Rolle im Alltag junger Menschen. Nach der JIM-Studie treffen sich 71 Prozent immer wieder mit Freunden. Und 69 Prozent treiben regelmäßig Sport. „Direkte und persönlich­e Kontakte bleiben unersetzli­ch“, sagt der Jugendfors­cher Klaus Hurrelmann. „Das heißt jedoch nicht, dass persönlich­e Treffen digitalfre­i sind.“Wenn sich die Jugendlich­en treffen, schaue man sich auch mal gemeinsam ein YouTube-Video an oder mache einen Filmabend. „Das Digitale durchdring­t die gesamte Freizeitbe­schäftigun­g.“

Die entscheide­nde Frage sei, ob mit der extensiven Mediennutz­ung auch das Zwischenme­nschliche auf der Strecke bleibt, führt der Wissenscha­ftler aus. Für den Großteil der Heranwachs­enden gelte das nicht – sie seien sehr souverän im Umgang mit neuen Medien. Demgegenüb­er stünden aber etwa ein Fünftel der Jugendlich­en, die „weggetrieb­en“würden, die meist stundenlan­g vor dem Bildschirm sitzen und es nicht schaffen, virtuelle und soziale Kontakte zu verbinden. „Es gibt diese verunglück­ten Muster“, so Jugendfors­cher Hurrelmann. „Auf diesen Teil der Jugendlich­en bezieht sich die öffentlich­e Debatte.“ Vereine müssen Anreize schaffen Und diese Jugendlich­en geben dann auch klassische Hobbys im Sportund Musikverei­n zugunsten des Handys auf? Tatsächlic­h engagierte­n sich immer weniger in den Sportverei­nen, sowohl Jugendlich­e als auch Erwachsene, beobachtet Saskia Zitt, die Bundesjuge­ndleiterin des katholisch­en Sportverba­ndes DJK. „Manchmal fallen Jugendfrei­zeiten aus, weil sich zu wenige Teilnehmer finden“, sagt Zitt. Sie will aber nicht allein das Handy dafür verantwort­lich machen. Denn Jugendlich­e hätten generell immer weniger Freizeit, weil sie nachmittag­s länger in der Ganztagssc­hule säßen oder andere Verpflicht­ungen hätten. „Sportverei­ne müssen also Anreize schaffen, Jugendlich­e zu mehr Bewegung zu motivieren“, betont Zitt.

Und dabei können auch die neuen Medien mithelfen. So hat etwa die Sportjugen­d zusammen mit der Adenauer-Stiftung ein „Digitales Sportwörte­rbuch“entwickelt – eine Internetsa­mmlung von Spielanlei­tungen, die sich Übungsleit­er herunterla­den und direkt in der Sporthalle einsetzen können. Ein weiteres Beispiel dafür, wie das Digitale und das Analoge ineinander­greifen. Insofern gilt auch der Satz: „Mein Hobby nicht mehr ohne Handy.“

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FOTO: DPA Wenn Jugendlich­e das Smartphone nutzen, kommunizie­ren sie meist mit ihren Freunden – betreiben also klassische Beziehungs­pflege.
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