Lob und Empörung nach der Papst-Rede
Franziskus nennt nach Anti-Missbrauchsgipfel keine konkreten Schritte - Kritik der Opfer
ROM/RAVENSBURG (mö/dpa/KNA) - Mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen und Reaktionen ist am Sonntag der viertägige Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan zu Ende gegangen. In seiner Abschlussrede rief Papst Franziskus zwar zum kompromisslosen Kampf gegen Missbrauch auf, nannte aber noch keine konkreten Schritte. Seit Donnerstag hatten die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen, Ordensobere, Kurienmitarbeiter und Vertreter der Ostkirchen drei Tage lang Berichte von Opfern angehört, diskutiert und konkrete Vorschläge gemacht.
Papst Franziskus kündigte am Sonntag ein offizielles Dokument über den „Schutz von Kindern und gefährdeten Personen“an. Er werde Veränderungen des Kirchenrechts anordnen, eine „Task Force“einsetzen, ein Handbuch zum Umgang mit Missbrauchs-Tätern und -Opfern herausgeben und die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation umsetzen.
Am heutigen Montag wollen sich die Organisatoren der Konferenz mit den Leitern der vatikanischen Behörden treffen, die am Gipfel teilgenommen haben. Dabei wollen sie weitere konkrete Folgemaßnahmen bestimmen, die sich aus den Ideen und Vorschlägen der vergangenen Tage ergeben.
Kardinal Reinhard Marx, der als Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz am Treffen teilgenommen hatte, verteidigte den Gipfel gegen Kritik: Der Papst habe klar Punkte vorgegeben, hinter die jetzt keiner mehr zurückkönne. Man könne keinen „rasch zusammengestellten Maßnahmenkatalog“erwarten, aber es habe eine Fülle wichtiger Vorschläge gegeben. Die Bischöfe müssten diese nun umsetzen. Für Empörung bei Opferverbänden hatten Franziskus’ Äußerungen gesorgt, mit denen er am Sonntag sexuellen Missbrauch in die Nähe von Menschenopfern heidnischer Religionen, Sex-Tourismus, Pornografie im Internet, Organhandel und anderen Themen gestellt hatte.
Matthias Katsch vom deutschen Opferverband Eckiger Tisch schrieb, die Rede des Papstes sei „der schamlose Versuch, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, ohne sich der Schuld und dem Versagen zu stellen und wirkliche Veränderung anzugehen“.
Gauland nimmt Abschied aus der Politik in den Blick
BERLIN (dpa) - Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland macht sich Gedanken über den Abschied aus der Politik. Vor dem Sommer werde er sich die Frage zwar nicht stellen, ob er eines seiner beiden Ämter niederlegen werde, sagte der 78Jährige, der auch Bundestagsfraktionschef ist, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Erst dann kann ich sagen, ob ich noch die Kraft habe oder nicht mehr.“Er fügte aber hinzu: „In zwei Jahren, mit 80, wäre es dann vielleicht wirklich an der Zeit, sich zur Ruhe zu legen.“Im Herbst werden zunächst der Fraktionsvorsitz und dann die Parteispitze neu gewählt.
Rechnungshof-Chef kritisiert Einsatz externer Berater
BERLIN (dpa) - Der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, rügt den zunehmenden Einsatz externer Berater in Ministerien. „Oft wird gar nicht die Frage gestellt, ob man die Leistung überhaupt braucht und ob man sie wirklich nicht mit eigenen Mitteln schafft“, sagte Scheller. Die Bundesregierung gab im Jahr 2017 rund 722,4 Millionen Euro für externe Beratungs- und Unterstützungsleistungen aus, wie vergangene Woche eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag ergab.
Steinmeier würdigt Wirken von Helmut Schmidt
HAMBURG (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Foto: dpa) hat zum 100. Geburtstag von Helmut Schmidt das Lebenswerk des früheren Kanzlers gewürdigt. Dieser sei für viele zum Prototyp des idealen Politikers geworden, sagte Steinmeier am Samstag bei einem Festakt vor mehr als 1000 Gästen in der Elbphilharmonie in Hamburg. „Gebildet und lebenserfahren, keine Scheu vor schwierigen Entscheidungen, pragmatisch und prinzipienfest, ohne Pomp und Pose, tatkräftig und hanseatisch nüchtern – so hat er eine ganze Nation für sich gewonnen.“
Beauftragte beklagt steigende Judenfeindlichkeit
ESSEN (epd) - Die NRW-Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat eine zunehmende Judenfeindlichkeit im bevölkerungsreichsten Bundesland beklagt. „Mich treibt um, dass wir heute wieder eine Entwicklung haben, die ich mir nie vorstellen konnte“, sagte die 67jährige frühere Bundesjustizministerin. „Jude ist wieder zu einem Schimpfwort geworden.“Leutheusser-Schnarrenberger plädierte für Initiativen, um die junge Generation für das Thema zu sensibilisieren.