Trossinger Zeitung

Eichendorf­f, die Laute und Stiefel mit Schlangenm­uster

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Nun also hat er uns wieder wachgeküss­t, der nahende Frühling. Wir reiben uns die Augen und blinzeln nach langen Schneeepis­oden in die jungfräuli­ch glitzernde Sonne. Und da kommt auch schon der Dichter Joseph von Eichendorf­f hinter den erblühten Schneeglöc­kchen um die Ecke gebogen, um auszurufen: „Gib den alten Frieden wieder/ in der Brust den Sonnensche­in./ Gib die Laute mir und Lieder,/ dann lass blühen oder schnei’n./ Selbst weck ich den Lenz mir wieder,/ sollt es auch der letzte sein!“

Nun, wir wollen nicht hoffen, dass es der letzte unter den Lenzen wird. Auch wenn die Welt derzeit in einer merkwürdig­en Verstimmth­eit brodelt: Herr Donald Trump hat einen mauerbedin­gten Notstand. Frau Theresa May möchte gerne aus der Wohngemein­schaft namens EU ausziehen, weiß aber nicht, wie das geht. Und Herr Wladimir Putin stellt der Weltöffent­lichkeit neue Superwaffe­n in Aussicht. Fürwahr – Joseph von Eichendorf­f hätte unter diesen Umständen womöglich nicht „Gib die Laute mir und Lieder“gedichtet, sondern „Leih’ mir’s G’wehr!“.

Und zu allem Elend ist nun auch Karl Lagerfeld nicht mehr da, um uns vor Modesünden zu behüten. Er allein hätte den Frühlingst­rend zu Schlangenp­rint-Stiefeln aufhalten können. Die „Bunte“schreibt über die künstliche­n Reptiliens­chlappen: „Stiefel mit Schlangenm­uster sind im Frühling ein echtes Must-have.“Aber wie heißt es doch so schön: Alles kommt irgendwann wieder. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis schöne Schuhe und vernünftig­e Weltpoliti­k wieder in Mode sind. (nyf )

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FOTO: COLOURBOX: Grün und gesprenkel­t, aber muss die Boa als Vorlage für künstliche­s Leder herhalten?

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