„Eine schreckliche weltweite Realität“
Reaktionen auf den Gipfel reichen von Lob bis Verriss
ROM (dpa/AFP/KNA/EPD) - Die Ergebnisse des Anti-Missbrauchsgipfels haben unterschiedliche Reaktionen von Zustimmung bis Enttäuschung hervorgerufen.
Der deutsche Kardinal Reinhard Marx zog eine positive Bilanz der Konferenz. „Vor allem ging es zunächst um den gemeinsamen, ehrlichen und realistischen Blick auf den sexuellen Missbrauch Minderjähriger in der Kirche, der eine schreckliche weltweite Realität ist.“
Der Gipfel hat nach Ansicht des Theologen und Psychotherapeuten Wunibald Müller nicht die gewünschte Wende oder gar Umkehr eingeleitet. Die katholische Kirche habe ihre Chance nicht genutzt, erklärte der frühere Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach. Die verantwortlichen Bischöfe mit Papst Franziskus an der Spitze zeigten, „dass sie offensichtlich den Ernst der Lage nicht erkannt haben“. Die Kirche befinde sich in einer Situation, die an die Zeit vor der Reformation erinnere, „ja mitunter sogar noch dramatischer“. Sie sei auf dem besten Weg, „mit Karacho an die Wand“zu fahren.
Der Bischof von RottenburgStuttgart, Gebhard Fürst, würdigte die Rede von Papst Franziskus mit dem Versprechen zu einem kompromisslosen Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen: „Außerdem werde die Kirche alles tun, um Missbrauchstäter der Justiz zu übergeben. Dies ist der einzig richtige Weg. Auch wenn Papst Franziskus zum Abschluss des Treffens ,nur‘ Leitlinien und nicht, wie von vielen erhofft, konkrete Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch vorgestellt hat, geht von dem Treffen in Rom doch ein Signal an die Weltkirche aus. Zugleich sind die Leitlinien für uns Bischöfe ein klarer Arbeitsauftrag des Papstes.“
Auf die Rede des Papstes ging auch der Kirchenrechtler Thomas Schüller ein: „Anstatt konsequent aus der Opferperspektive die Verantwortung der Kirche zu benennen, war es routiniertes und uninspiriertes Abspulen von Selbstverständlichkeiten“, sagte Schüller. Die Rede sei „ein Fiasko“gewesen.
Matthias Katsch vom deutschen Opferschutzverband Eckiger Tisch twitterte, die Rede sei „der schamlose Versuch, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, ohne sich der Schuld und dem Versagen zu stellen und wirkliche Veränderung anzugehen“.