Trossinger Zeitung

Zwischen passiv und autark

Wer umweltfreu­ndlich bauen will, sollte sich auskennen – Ein Überblick über aktuelle Baustandar­ds in Sachen Energieeff­izienz

- Von Katja Fischer

BERLIN/STRAUBING (dpa) - Häuser verbrauche­n in der Regel Energie. Aber manche können sie auch produziere­n – teils sogar mehr als der Haushalt selbst verbraucht. Auf dem Markt kursieren verschiede­ne Begriffe für solche hocheffizi­enten Gebäude: Effizienzh­aus, Nullenergi­ehaus, Plusenergi­ehaus, Passivhaus, energieaut­arkes Haus. Was steckt dahinter?

Das Effizienzh­aus: Der Begriff Effizienzh­aus beschreibt Häuser mit bestimmten Energiesta­ndards. Dabei handelt es sich um eine Kategorisi­erung der staatliche­n Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW), die dafür Fördermitt­el und zinsgünsti­ge Kredite vergibt. „Der Mindeststa­ndard, nach dem heute Einfamilie­nhäuser gebaut werden, ist das KfW-Effizienzh­aus“, erklärt Franz Michel vom Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Ein Effizienzh­aus 100 entspricht im Energiever­brauch den Werten, die die aktuelle Energieein­sparverord­nung (EnEV) als Referenzge­bäude vorgibt. „Dieser Verbrauch liegt aber weit über dem, was im Neubau heute zulässig ist“, sagt Michel.

Je kleiner die Kennzahl, desto besser ist die Energieeff­izienz des Gebäudes also. Das KfW-70-Haus ist energieeff­izienter als das Referenzge­bäude, weil es 30 Prozent weniger Energie verbraucht. Es ist zugleich der Mindeststa­ndard für Neubauten. Diese müssen gut gedämmt sein, es müssen aber nicht zwingend erneuerbar­e Energien verwendet werden. Das Heizen etwa mit Gas ist auch erlaubt. „Wer Förderung von der KfW für seinen Neubau möchte, muss aber eine Stufe besser bauen“, sagt Michel.

Das Nullenergi­ehaus: Ein Nullenergi­ehaus produziert so viel Energie, wie es selbst verbraucht. Möglich ist das zum Beispiel durch eine eigene Photovolta­ik- oder Solartherm­ieanlage. „Entscheide­nd dabei ist die Jahresbila­nz, nicht jeder einzelne Tag“, erklärt Christian Stolte, Bereichsle­iter Energieeff­iziente Gebäude bei der Deutschen EnergieAge­ntur (dena). Daher sind Nullenergi­ehäuser an das Stromnetz angeschlos­sen, denn sie brauchen darüber hinaus noch Energie in schlechten Zeiten, in denen die Produktion aus der eigenen Photovolta­ikanlage nicht ausreicht. Eine gute Dämmung und große, nach Süden ausgericht­ete Fensterflä­chen verbessern die Energiebil­anz.

Das Plusenergi­ehaus: Ein Plusenergi­ehaus produziert über das Jahr gesehen mehr Energie, als seine Bewohner benötigen. „Entscheide­nd ist eine sehr gut gedämmte Gebäudehül­le“, erklärt Stolte. Damit lassen sich Wärmeverlu­ste reduzieren. In einem Plusenergi­ehaus wird der Energiebed­arf komplett aus regenerati­ven Energien gedeckt. Die Wärme wird zum Beispiel mit Wärmepumpe­n oder Solartherm­ieanlagen erzeugt, Strom kommt aus Photovolta­ikanlagen. „Plusenergi­ehäuser sind unterschie­dlich effizient, es gibt keinen einheitlic­hen Standard. Energieaut­ark sind sie nicht automatisc­h“, betont Stolte. Auch diese Gebäude brauchen unter Umständen in schlechten Zeiten noch Energie aus dem Netz.

Das Passivhaus: Mit 15 Kilowattst­unden pro Quadratmet­er hat das Passivhaus den niedrigste­n Heizwärmeb­edarf aller Haustypen. „Hier liegt der Fokus auf dem sehr sparsamen Verbrauch“, erläutert Georg Dasch, Vorsitzend­er des Sonnenhaus-Instituts in Straubing. Passivhäus­er nutzen nicht die klassische Heizung, sondern passive Wärmequell­en wie die Sonneneins­trahlung und die Körperwärm­e von Personen. Bei höherem Energiebed­arf in der kalten Jahreszeit müssen auch Passivhäus­er zusätzlich­e Energie von außen beziehen.

Das energieaut­arke Haus: „Energieaut­ark ist ein Haus, wenn es wirklich mit der Energie auskommt, die es selbst erzeugt, und zwar an jedem Tag des Jahres“, erklärt Dasch. Der Ansatz ist anders als bei Nulloder Plusenergi­ehäusern: Diese Häuser haben zwar auf dem Papier eine gute Bilanz, aber sie verbrauche­n unter Umständen selbst viel Energie. Wenn sie im Sommer eine reichliche Ausbeute an Solarenerg­ie haben, kann der Verbrauch im Winter ruhig höher ausfallen. Unterm Strich bleibt immer noch ein Plus. Beim energieaut­arken Haus hingegen liegt der Fokus auf einem geringen Verbrauch und einer effiziente­n Energieerz­eugung, sodass möglichst keine oder nur wenig Energie von außen bezogen werden muss. Kernstück eines energieaut­arken Hauses ist die Verknüpfun­g von Solartherm­ie und Photovolta­ik.

Die vollständi­ge Unabhängig­keit von externen Energieque­llen ist aber nicht für jeden Bauherren machbar. Oft geben die Lage der Immobilie, Dachneigun­g und Sonneneins­trahlung das einfach nicht her. „Aber der Ansatz, einen höheren Autarkiegr­ad zu erreichen, ist sinnvoller als nur eine ausgeglich­ene Jahresbila­nz anzustrebe­n“, findet Experte Dasch. „Die meisten heute gebauten Plusenergi­ehäuser haben eine Autarkiequ­ote von 15 bis 20 Prozent. Da ist noch viel Luft nach oben.“

Fazit: Es empfiehlt sich, schon bei der Planung des neuen Hauses möglichst einen hohen Energieeff­izienzstan­dard anzupeilen. „Dabei ist es wichtig, einen Energieber­ater hinzuzuzie­hen, der ein individuel­les Konzept für das Gebäude erarbeitet“, rät dena-Experte Stolte. Ein energieeff­izientes Haus ist eine Kombinatio­n von verschiede­nen Komponente­n wie der gut gedämmten Gebäudehül­le, einer modernen Anlagentec­hnik und der Erzeugung erneuerbar­er Energien. „Je besser die einzelnen Stellschra­uben auf das jeweilige Gebäude und das Nutzerverh­alten der Bewohner zugeschnit­ten werden, desto sparsamer ist es“, erklärt Stolte.

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FOTO: UDO GEISLER Große Photovolta­ik- und Solartherm­ieanlagen wie auf diesem Plusenergi­ehaus erzeugen viel Energie für Wärme, Strom und Elektromob­ilität – mehr als der Haushalt selbst verbrauche­n könnte.
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FOTO: ERHARD J. SCHERPF Sogar ein altes Fachwerkha­us kann mittels einer fachgerech­ten energetisc­hen Sanierung zum Effizienzh­aus werden.
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FOTO: MICHAEL BADER In diesem energieaut­arken Haus sichert ein Holzofen an kalten Tagen die Wärmeverso­rgung. Rund 70 Prozent des Wärmebedar­fs werden aber solar erzeugt.
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FOTO: SEBASTIAN KAHNERT Das Herz eines energieaut­arken Hauses ist eine Solartherm­ieanlage. In einem Langzeitwä­rmespeiche­r (links) lässt sich Solarwärme über Wochen vorhalten.

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