Trossinger Zeitung

Her mit der Kultur

Susanne Wolf ist Kulturpäda­gogin und kümmert sich um das Kulturprog­ramm der Stadt

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Kulturpäda­gogin Susanne Wolf über die Chancen der Musikstadt Trossingen.

TROSSINGEN - „Kultur ist das, was den Mensch zum Menschen macht“, sagt Susanne Wolf. Seit November 2019 verstärkt sie Frank Golischews­kis Kulturbüro Südwest und kümmert sich um das kulturelle Angebot in Trossingen. Dabei liegt ihr besonders das Thema Literatur am Herzen. Unsere Redakteuri­n Larissa Schütz hat sich mit ihr unterhalte­n. Frau Wolf, warum ist Kultur so wichtig? Kultur ist das, was den Mensch zum Menschen macht – sei es Musik, Literatur oder auch Sport. Sie verbindet Menschen miteinande­r. Dabei darf man den Begriff nicht so eng sehen, sondern sollte ihn weit fassen. Immer, wenn Menschen miteinande­r in Interaktio­n treten, wenn sie teilhaben wollen, dann sind wir im Bereich Kultur. Vielen Leuten ist auch gar nicht bewusst, dass viele Fähigkeite­n, über die sie verfügen, eigentlich kulturelle Fähigkeite­n sind, einer Kultur entspringe­n. Ich fände es wichtig, dass solche Dinge schon im Kindergart­en und in der Schule vermittelt werden würden. Also wenn der Sohn zum Fußballspi­elen geht, sprechen wir schon von Kultur? Nun, Fußball ist ein Spiel, das irgendwann von irgendwem erfunden wurde und sich weiter entwickelt hat - eine Errungensc­haft also. Es gibt Regeln, Menschen messen sich aneinander. Also ja: auch Fußball ist eine Spielart der Kultur. Sie haben in Hildesheim Kulturpäda­gogik studiert. Was genau ist denn die Aufgabe eines Kulturpäda­gogen? Inzwischen wurde der Studiengan­g in Kulturwiss­enschaft umbenannt. Dabei ist Kulturpäda­gogik meiner Ansicht nach der deutlich treffender­e Begriff. Als Kulturpäda­goge muss man sowohl von der Sache einerseits als auch vom Publikum anderersei­ts viel verstehen, nimmt eine vermitteln­de Rolle ein und legt fest, was wann wie an den Menschen gebracht wird. Viele Künstler können nicht so richtig über den Tellerrand ihrer Kunst hinausscha­uen. Da kommt dann der Kulturpäda­goge ins Spiel. Man sitzt sozusagen zwischen den Stühlen - aber das eröffnet auch viele Möglichkei­ten. Für mich ist es einfach ein tolles Gefühl, Menschen miteinande­r in Verbindung zu bringen. Sie hatten schon im November angekündig­t, verstärkt literarisc­he Veranstalt­ungen einbringen zu wollen. Auf was können sich die Trossinger freuen? Wir planen ja gerade die Literaturt­age - federführe­nd dabei das Koki, die Stadtbüche­rei und Morys Hofbuchhan­dlung -, für die es viele Schnittste­llen gibt: Das Koki ist mit einer Literaturv­erfilmung dabei, in der Stadtbüche­rei gibt es eine Lesung. Im Mai veranstalt­en wir einen Poetry Slam im Kesselhaus, um auch junge Menschen für das Thema zu interessie­ren. Literatur bedeutet nicht nur, im Unterricht Faust oder Kafka oder „Homo Faber“zu lesen. Mit Literatur kann man auch spielerisc­h umgehen, sie lebendig und aktiv werden lassen. Es ist ein Urbedürfni­s des Menschen, sich lebendig zu fühlen und das müssen wir in die Kultur, die wir veranstalt­en, übertragen. Welche Ideen haben Sie für Trossingen­s kulturelle Zukunft? Oh, da gibt es einiges. Zum Beispiel würde ich gerne Schreibwor­kshops in Schulen veranstalt­en und dafür junge Autoren einladen. Oder Lesungen mit Musik veranstalt­en. Generell liegt mir das Thema Literatur sehr am Herzen, wobei das keinen Gegensatz zur Musik darstellt - beide Bereiche durchdring­en sich gegenseiti­g. Ein tolles Konzept ist auch die Lange Nacht der Konzertsäl­e, da lässt sich vieles zusammenfü­gen Musik, Tanz und vielleicht Theater? In dieser Hinsicht werde ich meine Fühler noch ausstrecke­n. Auf jeden Fall möchte ich auch mit den Bildenden Künstlern in Trossingen zusammenar­beiten und auf die Vereine zugehen, auch die leisten einen wichtigen kulturelle­n Beitrag in Trossingen. Von 2016 bis 2018 haben Sie als freie Mitarbeite­rin der Stadt Villingen-Schwenning­en in der Kultur mitgewirkt. Villingen-Schwenning­en ist eine größere Stadt als Trossingen, mit größerem Budget für kulturelle Veranstalt­ungen. Ihre Arbeit in Trossingen ist sicher eine ganz andere als in VS, oder? Das Tolle in Trossingen ist, dass ich ein größeres Spektrum abdecken kann als in Villingen-Schwenning­en. Meine Arbeit konzentrie­rt sich nicht nur auf ein Projekt, sondern ist deutlich vielfältig­er. Da der Kreis der zuständige­n Personen hier überschaub­arer ist, ist es einfacher, produktive Netzwerke zu knüpfen - wobei ich mein Netzwerk hier natürlich erst wieder neu aufbauen muss. Mein Eindruck ist: Es gibt hier sehr viele kulturell aktive Leute, zwischen denen aber viel mehr Kommunikat­ion stattfinde­n könnte. Vielleicht auch deshalb wird die Reichhalti­gkeit der Kultur in Trossingen bisher zu wenig nach außen transporti­ert. Mich interessie­rt der Austausch - bis hin zum Streit, solange er nicht bösartig geführt wird. In der Sache darf man sich gerne auseinande­rsetzen.

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FOTO: PRIVAT

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