Drei, vier, fünf Prozent draufpacken
Handball-Bundestrainer Prokop analysiert Heim-WM und gibt Ziele für EM und Olympia vor
KAMEN-KAISERAU (SID/dpa) - Als Handball-Bundestrainer Christian Prokop genau 37 Tage nach der HeimWM seine Analyse präsentierte, dachte er auch an Fußball-Bundestrainer Joachim Löw. „Die Fußballer haben es nach 2006 auch nicht im ersten Anlauf geschafft“, sagte Prokop am Rande des Lehrgangs in der Sportschule KamenKaiserau. Deshalb sollten die Handballer auch etwas „Zeit und Geduld“bekommen.
Die DHB-Auswahl hatte bei der Weltmeisterschaft im Januar mit überzeugenden Leistungen Euphorie entfacht und Platz vier belegt. „Wir zählen zu den vier besten Teams der Welt. Das ist eine tolle Erkenntnis“, sagte Prokop. Aber: „Zur absoluten Weltspitze und zum Titelgewinn müssen wir noch drei, vier, fünf Prozent draufpacken. Das haben die Niederlagen im Halbfinale gegen Norwegen und gegen Frankreich im Spiel um Platz drei gezeigt.“Vor allem das Tempospiel, die Cleverness und der Mut in entscheidenden Momenten seien noch Bereiche mit Verbesserungspotenzial. „Auch bei der Gesamtquote der Außen-Abschlüsse hinken wir noch hinterher“, sagte Prokop.
Nach knapp sechs Wochen sieht Prokop, der anders als viele Profis nach der kräftezehrenden WM etwas abschalten konnte, seine Mannschaft wieder. „Ich hatte das Glück, dass ich eine Woche Urlaub machen konnte, um ein bisschen Abstand zu bekommen. Für einen geschärfteren Blick“, sagte er. Ende Februar hatte Prokop den DHB-Bundestrainern und Sportvorstand Axel Kromer bei einer Tagung in der Nähe von Flachau in Österreich seine Analyse vorgelegt – nun wird er sie seinen Spielern detailliert näherbringen. Auf den WM-Stamm gesetzt Im Kader plant Christian Prokop mit keinen großen Veränderungen. „Der Stamm dieser Mannschaft wird beibehalten“, sagte er, und dass grundsätzlich allerdings immer die Leistungen im Verein gälten. Der Blick ist nun in die Zukunft gerichtet, 2020 stehen die EM in Norwegen, Österreich und Schweden sowie der große Höhepunkt, die Olympischen Sommerspiele in Tokio, auf dem Programm. Der Verband hatte in der Vergangenheit bereits das Ziel „Olympiagold“ausgerufen, Prokop formulierte sein Vorhaben gewohnt defensiver. „Ich bin ein Freund von realistischen Zielen, mit denen man sich anspornt und sich identifizieren kann“, sagte der 40-Jährige, aber „natürlich wollen wir als Sportler immer das Maximum erreichen“.
Prokop erhofft sich bei der Europameisterschaft und in Japan (für beide Turniere muss sich die DHB-Auswahl noch qualifizieren) wieder mindestens den Halbfinaleinzug. „Eine endgültige Zielformulierung muss aus der Mannschaft kommen.“Einen ersten Test für die gibt es diesen Samstag (14 Uhr/live bei Sport1) in Düsseldorf gegen die Schweiz. Arrivierte Kräfte wie Patrick Groetzki, Jannik Kohlbacher (beide Rhein-Neckar Löwen) oder die Kieler Andreas Wolff, Steffen Weinhold, Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler erhalten aufgrund ihrer Belastungen in Champions League und EHF-Pokal eine Pause. Zudem fehlt Kapitän Uwe Gensheimer, der für seinen französischen Club Paris Saint-Germain im Einsatz ist. Der vor der WM aussortierte Tobias Reichmann wurde nicht nominiert. Beweisen dürfen sich Nachwuchskräfte wie Timo Kastening (TSV HannoverBurgdorf), Tim Hornke (TBV Lemgo), Johannes Golla (SG FlensburgHandewitt) oder Sebastian Heymann (FA Göppingen). Christian Prokop war nach knapp sechs Wochen „ohne“bereits die personifizierte Vorfreude: „Wir haben eine gute Stimmung im Team und werden so weitermachen. Ich habe ein gutes Gefühl, man kann sich auf die Zukunft freuen.“