Pflegekosten gerecht verteilen
In der Pflege steckt der Fehler tatsächlich in einem System, das die Interessen von Pflegebedürftigen und Pflegepersonal gegeneinander ausspielt. Steigen die Löhne der Pflegekräfte, wird der Heimbewohner zur Kasse gebeten. Genauso verhält es sich, wenn ein Heimbetreiber mehr Pfleger einstellt, um die Versorgung der alten Menschen zu verbessern. Die Pflegeversicherung ist bislang fein raus; sie übernimmt, auch wenn die Kosten steigen, nur einen fixen Anteil. Knapp 2100 Euro pro Monat zahlen Baden-Württemberger, die auf stationäre Pflege angewiesen sind, im Durchschnitt aus der eigenen Tasche. Doch nur die wenigsten von ihnen beziehen so viel Rente. Wer mag sich da wundern, dass fast ein Drittel der Pflegebedürftigen im letzten Lebensabschnitt auf Sozialhilfe angewiesen ist? In ihrem Fall tritt genau das ein, was die Pflegeversicherung eigentlich verhindern sollte – sie werden zu Bittstellern.
Wenn der baden-württembergische Sozialminister Manfred Lucha nun dafür wirbt, den Eigenanteil der Bewohner an den Pflegekosten zu deckeln, ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Denn es ist absehbar, dass der Fachkräftemangel in der Pflege die Lohnkosten weiter nach oben treiben wird. Bereits jetzt können bundesweit knapp 40 000 Stellen nicht mehr besetzt werden. Diese Lücke wird sich rasant vergrößern, wenn die Gehälter der Pfleger nicht ebenso rasant steigen und den Beruf attraktiver machen. Die Pflegebedürftigen von heute und morgen können die Kosten dieses Notstands aber nicht alleine schultern. Deshalb muss die Pflegeversicherung endlich ihrem Namen gerecht werden und diese zusätzlichen Ausgaben übernehmen. Auch über eine Steuerfinanzierung muss gesprochen werden.
Pflegebedürftige und ihre Angehörige leiden schon viel zu lange unter den Versäumnissen der Politik. Die Angst vor den immensen Kosten eines Heimplatzes hat dazu geführt, dass der Wettbewerb in der Pflegebranche zunehmend über den Preis und nicht mehr über die Qualität ausgetragen wird. Dieses System muss ein Ende haben – je schneller, desto besser.