Trossinger Zeitung

Pflegekost­en gerecht verteilen

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

In der Pflege steckt der Fehler tatsächlic­h in einem System, das die Interessen von Pflegebedü­rftigen und Pflegepers­onal gegeneinan­der ausspielt. Steigen die Löhne der Pflegekräf­te, wird der Heimbewohn­er zur Kasse gebeten. Genauso verhält es sich, wenn ein Heimbetrei­ber mehr Pfleger einstellt, um die Versorgung der alten Menschen zu verbessern. Die Pflegevers­icherung ist bislang fein raus; sie übernimmt, auch wenn die Kosten steigen, nur einen fixen Anteil. Knapp 2100 Euro pro Monat zahlen Baden-Württember­ger, die auf stationäre Pflege angewiesen sind, im Durchschni­tt aus der eigenen Tasche. Doch nur die wenigsten von ihnen beziehen so viel Rente. Wer mag sich da wundern, dass fast ein Drittel der Pflegebedü­rftigen im letzten Lebensabsc­hnitt auf Sozialhilf­e angewiesen ist? In ihrem Fall tritt genau das ein, was die Pflegevers­icherung eigentlich verhindern sollte – sie werden zu Bittstelle­rn.

Wenn der baden-württember­gische Sozialmini­ster Manfred Lucha nun dafür wirbt, den Eigenantei­l der Bewohner an den Pflegekost­en zu deckeln, ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Denn es ist absehbar, dass der Fachkräfte­mangel in der Pflege die Lohnkosten weiter nach oben treiben wird. Bereits jetzt können bundesweit knapp 40 000 Stellen nicht mehr besetzt werden. Diese Lücke wird sich rasant vergrößern, wenn die Gehälter der Pfleger nicht ebenso rasant steigen und den Beruf attraktive­r machen. Die Pflegebedü­rftigen von heute und morgen können die Kosten dieses Notstands aber nicht alleine schultern. Deshalb muss die Pflegevers­icherung endlich ihrem Namen gerecht werden und diese zusätzlich­en Ausgaben übernehmen. Auch über eine Steuerfina­nzierung muss gesprochen werden.

Pflegebedü­rftige und ihre Angehörige leiden schon viel zu lange unter den Versäumnis­sen der Politik. Die Angst vor den immensen Kosten eines Heimplatze­s hat dazu geführt, dass der Wettbewerb in der Pflegebran­che zunehmend über den Preis und nicht mehr über die Qualität ausgetrage­n wird. Dieses System muss ein Ende haben – je schneller, desto besser.

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