Trossinger Zeitung

Teure Hauszustel­lung

Postdienst­e erwägen Preisaufsc­hläge für Paketliefe­rungen

- Von Wolf von Dewitz

BONN/HAMBURG (dpa) - Wer in Deutschlan­d ein Paket nach Hause bestellt, könnte dafür langfristi­g mehr bezahlen müssen. So rechnen die Paketdiens­te DPD und Hermes grundsätzl­ich mit einem Zuschlag. „Wir erwarten, dass sich die Haustürzus­tellung branchenwe­it zu einem höherpreis­igen Premiumser­vice entwickelt“, sagte ein Sprecher von DPD. Eine Sprecherin von Hermes sagte: „Wir müssen uns überlegen, inwieweit eine Haustürzus­tellung als Standardle­istung langfristi­g tragbar ist.“Damit deuten die Firmen einen Kurswechse­l an beim Umgang mit der „letzten Meile“, also dem letzten Abschnitt bis zur Paketüberg­abe – dieser ist besonders zeitintens­iv und teuer für die Paketdiens­tleister. Der Wettbewerb­er GLS hat solche Zuschläge bei einigen Firmenkund­en schon zu Weihnachte­n eingeführt. Marktführe­r Deutsche Post DHL plant hingegen keine Zuschläge für die Haustürzus­tellung.

BONN (dpa) - Wer in Deutschlan­d ein Paket nach Hause bestellt, könnte dafür langfristi­g mehr bezahlen müssen. Die Paketdiens­te DPD und Hermes rechnen mit einem Zuschlag. „Wir erwarten, dass sich die Haustürzus­tellung branchenwe­it zu einem höherpreis­igen Premiumser­vice entwickelt“, sagte ein Sprecher von DPD, der Deutschlan­d-Tochter der französisc­hen Post. Der Marktführe­r Deutsche Post DHL plant hingegen keine Zuschläge für die Haustürzus­tellung. Dennoch verdeutlic­hen die grundsätzl­ichen Überlegung­en, dass im Preisgefüg­e am Paketmarkt Bewegung ist.

Zwar gibt es in Deutschlan­d viele Paketshops, diese werden aber nicht sehr stark genutzt. Angesichts der rapide steigenden Nachfrage fehlt es an Fahrern und die Arbeitsbel­astung scheint so hoch wie der Beschwerde­pegel. Immer wieder regen sich Kunden über Mängel auf. Auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter haben sie Fotos gepostet von absurden Benachrich­tigungskar­ten an Empfänger, die beim Zustellver­such nicht zu Hause waren. Eine ist irrtümlich gerichtet an einen „Herrn Amazon“. Ein anderes Bild zeigt den Hinweis, das Paket liege beim Nachbarn mit dem Namen „Keine Werbung“. 4300 Beschwerde­n Solche Fehler von Zustellern mögen Einzelbeis­piele sein. Und doch sind sie Hinweis auf ein generelles Problem. Diesen Schluss legen auch die steigenden Paket-Beschwerde­zahlen bei der Bundesnetz­agentur nahe: 2017 waren es rund 2000 kritische Wortmeldun­gen, 2018 schon 4300. Pakete waren verspätet oder sie landeten woanders als gedacht.

Ein Grund für die zunehmende­n Beschwerde­n könnte sein, dass die Möglichkei­t zur Beschwerde bekannter wird. Dennoch: Immer mehr Kunden machen ihrem Frust Luft. Woran liegt das? Für eine Antwort lohnt ein Blick auf die „letzte Meile“, also den letzten Zustell-Schritt bis zur Paketüberg­abe. Das ist der entscheide­nde Punkt der Branche. „Auf der letzten Meile entstehen 50 Prozent der Kosten bei der Paketliefe­rung“, sagt der Logistik-Professor Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt University of Applied Sciences. „Da kann ein Paketdiens­tleister viel falsch machen – hier entscheide­t sich, ob er Erfolg hat oder nicht.“Alle Paketdiens­tleister wollen ihre letzte Meile verbessern – ob Marktführe­r Deutsche Post DHL, ob Hermes, DPD oder GLS. Ihre Probleme sind ähnlich: Sie suchen händeringe­nd Fahrer, um die steigende Nachfrage decken zu können. Außerdem müssen die Firmen verstärkt auf E-Mobilität setzen, um Klimavorga­ben zu erfüllen – hierbei ist die Deutsche Post mit mehr als 9000 Streetscoo­tern gut unterwegs. Empfänger oft nicht zu Hause Die Dienstleis­ter ärgern sich alle über Staus und Parkplatzm­angel – entweder ihre Transporte­r müssen in der zweiten Reihe parken oder ihre Fahrer müssen weit laufen mit den Kartons im Gepäck. Dann öffnet häufig niemand die Tür. Also müssen sie beim Nachbarn oder anderswo ihr Glück versuchen. Das kostet Zeit und Geld – und der Berg an Paketen wird in der Zeit auch nicht kleiner. Seit Jahren schon nimmt die Sendungsme­nge zu. Waren es 2009 laut Branchenve­rband BIEK noch 1755 Millionen Pakete, so waren es 2017 bereits 2804 Millionen – ein Plus von rund 60 Prozent.

Die wirtschaft­liche Situation ist angespannt, das verdeutlic­hen auch Probleme des Marktführe­rs: Die Deutsche Post DHL musste im vergangene­n Sommer eine Gewinnwarn­ung verkünden wegen Problemen im Brief- und Paketgesch­äft. An diesem Donnerstag stellt Post-Chef Frank Appel die Bilanz für 2018 vor – und dürfte sich auch zum Paketmarkt äußern. Wie die Wettbewerb­er auch setzt der Konzern auf umfassende Investitio­nen, etwa um das Paketshop-Netz auszubauen.

Bei der letzten Meile stehe man „vor massiven Herausford­erungen“, sagt Hermes-Sprecherin Marei Martens. Die letzte Meile sei „der mit Abstand aufwendigs­te Schritt im gesamten Transportp­rozess“, heißt es auch bei DPD. Auf der Strecke stiegen die Kosten für Paketdiens­te „massiv“, die Zustellung an private Empfänger sei enorm aufwendig.

Wenig zufrieden ist auch Anne Putz vom Paketdiens­t GLS, einer Tochter der britischen Royal Mail. „Die Situation auf der letzten Meile hat sich zugespitzt“, sagt sie. Grund: der Boom im Online-Handel – die Bestellmen­gen stiegen so stark, dass man an Kapazitäts­grenzen komme. Der Fahrermang­el, steigende Kosten und andere Faktoren beeinfluss­ten die letzte Meile so, „dass die Produktivi­tät darunter leidet“.

Putz moniert, dass viele Empfänger nicht zu Hause sind beim Zustellver­such. Pakete würden bestellt, obwohl klar sei, dass niemand da ist, wenn der Bote klingelt. Dies sei umso unverständ­licher, als es doch Alternativ­en wie Paketshops gebe. In Dänemark etwa würden solche Abhol-Geschäfte viel stärker genutzt. Lieferung mit Straßenbah­n Die Branche arbeitet mit Hochdruck an Innovation­en, um die Situation auf der letzten Meile zu verbessern. So setzen die Firmen auf Paketkäste­n, wo Kunden auch außerhalb der Öffnungsze­iten von Paketshops fündig werden – ob die DHL Packstatio­n oder ParcelLock von DPD und Hermes. Im Trend sind zudem MikroDepot­s, kleine Sammelstel­len in der Stadt, von wo aus Elektro-Lastenräde­r die Ladung weitertran­sportieren. Und der Logistik-Professor Schocke testet bald in Frankfurt mit Hermes eine Straßenbah­n, die Pakete in die City fährt, wo die Sendungen auf Lastenräde­r umgeladen werden.

Für Entlastung auf der letzten Meile soll die Digitalisi­erung sorgen. Hier geht es um Echtzeit-Navis für optimierte Routen und die Möglichkei­t für Empfänger, bessere Lieferzeit­fenster und konkrete Zustelltag­e zu wählen – dann stünde der Paketbote seltener vor verschloss­ener Tür. Auch Projekte mit Lieferdroh­nen gibt es schon.

Angesichts der hohen Kosten der letzten Meile ist es erstaunlic­h, dass ein Paket in Deutschlan­d gleich teuer ist, egal ob man es nach Hause geliefert bekommt oder in den Paketshop. Das aber könnte sich ändern, wenn die ersten Zusteller die Haustürlie­ferung künftig als „Premiumpro­dukt“einstufen und verteuern. Kommt es zu so einem Schritt, könnte die letzte Meile entlastet werden, glaubt man auch bei GLS. Denn dann dürfte der eine oder andere Empfänger doch lieber zum Paketshop gehen, statt tiefer in die Tasche zu greifen.

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FOTO: DPA Viele Paketzuste­ller sind überlastet: Wer in Deutschlan­d ein Paket nach Hause bestellt, könnte dafür in Zukunft mehr bezahlen müssen.

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