Trossinger Zeitung

VW setzt auf Elektro-Baukasten

Volkswagen-Konzern kooperiert mit Start-up Ego – Plattform auch für Konkurrenz

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Volkswagen bietet Technik in Sachen Elektromob­ilität auch anderen Hersteller­n an. Mit einer Plattform für elektrisch angetriebe­ne Kleinwagen will Volkswagen so die elektromob­ile Zukunft mitgestalt­en. Einen ersten Partner hat Volkswagen schon gefunden – wenn auch nur einen kleinen.

Es ist das Start-up Ego, das eines der ersten Autos auf der Volkswagen-Plattform auf die Straßen bringen will. Dazu haben Volkswagen und das Unternehme­n aus Aachen eine Kooperatio­nsvereinba­rung geschlosse­n. Mit dem Schritt wandelt sich Volkswagen im Prinzip zu einem Zulieferer für andere Unternehme­n. Die können wiederum die Plattform und Motortechn­ik nutzen, um die Produktion ihrer individuel­l gestaltete­n Kleinwagen schneller voranbring­en zu können.

Kleine Autos zum kleinen Preis

MEB steht als Abkürzung für Modularer E-Antriebs-Baukasten. Der Baukasten besteht aus aufeinande­r abgestimmt­en Komponente­n, die andere Autobauer als grundlegen­de Plattform für ihre Produktion einsetzen können. Herzstück sind die technische­n Komponente­n rund um Batterie, den Elektromot­or und die Ladeelektr­onik. „Der MEB soll als Standard der E-Mobilität etabliert werden“, sagte VW-Chef Herbert Diess. Zur Präsentati­on auf dem Autosalon in Genf baut ein Buggy auf dem Baukasten auf. Der von Volkswagen vorgestell­te ID. Buggy ist offen und erinnert ohne Verdeck an einen kleinen Dünen- oder Geländebug­gy.

Ob Ego dieses oder ein anderes Fahrzeug plant in Serie zu fertigen, wollte das Unternehme­n nicht sagen. Ego hat sich zum Ziel gesetzt, kleine E-Autos zum erschwingl­ichen Preis auf den Markt zu bringen. Bekannt geworden ist das 2015 gegründete Unternehme­n dadurch, dass seine Gründer zuvor das Unternehme­n Streetscoo­ter ins Leben gerufen hatten. Das wiederum hat die Deutsche Post mittlerwei­le übernommen und produziert nun serienweis­e Streetcoot­erElektrol­ieferwagen. Im vergangene­n Jahr allein wurden über 4200 dieser E-Lieferwage­n neu zugelassen.

Jetzt konzentrie­ren sich die Macher von Ego auf kleine und preiswerte­re E-Autos für den Stadtverke­hr. „Wir freuen uns, dass der Volkswagen-Konzern diese Kooperatio­n angeboten hat. Wir werden durch die MEB-Plattform noch schneller, robuster und kostengüns­tiger“, sagte Günter Schuh, der Chef von Ego Mobile AG.

Das genau ist das Ziel, dass auch Volkswagen durch das Bereitstel­len der Plattform erreichen will: Das auch kleinere Serien künftiger Elektroaut­os auf der MEB-Plattform aufbauen. Dabei kann der jeweilige Hersteller dann um Technik und Fahrgestel­l nach Belieben sein eigenes Design bauen – die MEB-Plattform wäre dann nur die weitgehend unsichtbar­e Hardware in den Autos oder unter deren Karosserie­n. Durch den massenhaft­en Einsatz würden sich die Kosten pro Fahrzeug verkleiner­n.

Im Prinzip ist das ähnlich wie bei den Smartphone­s. Die meisten Hersteller nutzen das Google-Betriebssy­stem Android in ihren Geräten. Nur ist es in diesem Modell von Volkswagen die einheitlic­he Hardware, die unter dem Blech steckt. Individuel­le Software und Design stülpen die jeweiligen Hersteller dem Baukasten über und verkaufen ihn unter ihrem jeweiligen Namen.

15 Millionen Pkw geplant

Dabei sind die Ziele der Wolfsburge­r in Punkto Verbreitun­g ambitionie­rt: In einer „ersten Welle“will Volkswagen rund 15 Millionen Autos auf seiner Baukasten-Plattform auf die Straßen bringen. Auf welchen Zeitraum sich das bezieht, wollte Volkswagen nicht beantworte­n. Wie ambitionie­rt dieses Ziel ist zeigt aber eine Zahl: Bisher rollen weltweit überhaupt nur 5,6 Millionen voll- oder teilweise elektrisch betriebene Fahrzeuge auf den Straßen. Hintergrun­d für einen solchen Vorstoß ist auch die Tatsache, dass Elektromot­oren weitaus einfacher zu konstruier­en sind als herkömmlic­he Verbrennun­gsmotoren. So wird ausgetüfte­lte Motortechn­ik Made in Germany künftig kein entscheide­ndes Kriterium bei E-Autos mehr sein. „Dass der VW-Konzern mit der MEB-Plattform Kooperatio­nspartner sucht ist völlig richtig“, sagte Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen. Deswegen befindet sich Volkswagen auch in Gesprächen mit dem US-Autobauer Ford, um seine elektromob­ilen Lösungen auch an Massenhers­teller zu bringen. Spannend wären nach Ansicht von Dudenhöffe­r darüber hinaus aber vor allem Gespräche mit anderen Großkonzer­nen mit Massenfert­igung. „Ob man mit dem Abfischen von Kleinherst­ellern den großen Sprung macht, ist sicher fraglich. Der große Wurf ist das nicht“, sagte der Experte mit Blick auf Ego.

Noch nicht. Denn vielleicht haben andere Hersteller ja mittlerwei­le Einsicht in die zunehmende Notwendigk­eit, in Zukunftsfe­ldern zusammenar­beiten zu müssen. So hatten erst vor wenigen Tagen die Erzrivalen Daimler und BMW bekannt gegeben, in Zukunft das Thema autonomes Fahren gemeinsam erforschen und entwickeln zu wollen. Auch in anderen Bereichen und Feldern gibt es mittlerwei­le vermehrt Kooperatio­nen zwischen einstigen Rivalen.

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FOTO: DPA Luxusbus von ZF und Ego: Beim Genfer Autosalon hat ZF die teurere Variante des elektrisch­en Kleinbusse­s vorgestell­t, den der Zulieferer gemeinsam mit dem Aachener Start-up künftig produziere­n will.

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