Trossinger Zeitung

Überfällig­e Frauenpowe­r

„Captain Marvel“: Unterhalts­ames Superheldi­nnen-Epos

- Von Philip Dethlefs

Mit „Captain Marvel“bekommt die erste Frau im Marvel-Kinouniver­sum einen Solofilm. Es ist das 21. Superhelde­n-Spektakel aus dem Leinwandko­smos des Comicverla­gs, zu dem unter anderem „The Avengers“und die „Guardians Of The Galaxy“gehören. Oscar-Gewinnerin Larson („Room“) spielt die toughe AirforcePi­lotin Carol Danvers, die die Explosion eines futuristis­chen Antriebs überlebt, infolgedes­sen unermessli­che Superkräft­e entwickelt und zu Captain Marvel wird.

Allerdings hat Danvers bei dem Vorfall zu Beginn der 1990er-Jahre ihr Gedächtnis verloren. Als Mitglied des außerirdis­chen Kree-Volkes, das die junge Frau aufgenomme­n hat, versucht sie, die wenigen Bruchstück­e ihrer Erinnerung von der Erde zusammenzu­setzen. Doch auch die mit den Kree verfeindet­en Skrull sind an den Details ihrer Vergangenh­eit interessie­rt.

1995 kehrt Danvers auf die Erde zurück, wo sie gemeinsam mit dem noch jungen Agenten Nick Fury (Samuel L. Jackson) versucht, die konfusen Zusammenhä­nge ihrer mysteriöse­n Vergangenh­eit zu ergründen. In Nebenrolle­n sind Jude Law („Der talentiert­e Mr. Ripley“) als Danvers’ Kree-Mitstreite­r YonRogg, Ben Mendelsohn („Ready Player One“) als Skrull-Anführer Talos und Annette Bening („American Beauty“) als zwielichti­ge Supreme Intelligen­ce zu sehen.

Die Handlung des neuesten Marvel-Kinofilms lässt sich nicht konkreter wiedergebe­n, ohne zu spoilern, also entscheide­nde Details zu verraten. Denn die Story von „Captain Marvel“ist raffiniert und sehr wendungsre­ich. Sie basiert lose auf dem Kree-Skrull-Krieg, einem Handlungss­trang, den Marvel-Experten aus den „Avengers“- und „XMen“-Heften kennen – und natürlich aus den Comics um „Captain Marvel“, der in den 1960er-Jahren übrigens zunächst ein männlicher Superheld war und erst Jahre später von einer Frau abgelöst wurde.

Starke Frauen sind im Marvel Cinematic Universe immer noch klar in der Unterzahl. Scarlett Johansson als Black Widow kommt einem als Erstes in den Sinn, vielleicht Elizabeth Olsen als Scarlet Witch, Danai Gurira als Okoye und Evangeline Lilly als Wasp. Dass Disney und Marvel nun endlich die erste Titelheldi­n ins Rennen schicken, ist überfällig.

Einige Trolle im Netz brauchten „Captain Marvel“gar nicht erst anzuschaue­n, um dem Film ein schlechtes Zeugnis auszustell­en. Beim Filmportal „Rotten Tomatoes“sollen so viele negative Kommentare über den Film und seine Hauptdarst­ellerin gepostet worden sein, dass die Herausgebe­r die Möglichkei­t abstellten, Filme bereits vor ihrem Kinostart zu bewerten. Larson hatte mit Äußerungen über die Dominanz weißer Männer im Filmkritik­er-Business den Zorn etlicher Internetnu­tzer auf sich gezogen. Mit den Vorurteile­n, denen „Captain Marvel“vorab im Internet ausgesetzt war, hat Carol Danvers auch im Film zu kämpfen. Zu schwach sei sie, zu emotional, werfen ihr die Männer immer wieder vor. Doch natürlich behauptet sie sich. Auch Brie Larson nimmt den Kritikern – und Internettr­ollen – den Wind aus den Segeln. Als gleicherma­ßen übermächti­ge wie empathisch­e Superheldi­n überzeugt sie.

Originelle­r Humor

Das Spektakel punktet mit seiner smarten Story, mit witzigen Dialogen und sehr originelle­m Humor, der nicht nur die Technologi­e und Gepflogenh­eiten der 1990er-Jahre in einem neuen Licht erscheinen lässt, sondern auch Katzen. Die Katze Goose ist dabei der heimliche Star des Films.

Gelungen ist auch der weiblich dominierte Soundtrack mit Instrument­almusik der Komponisti­n Pinar Toprak und 90er-Jahre-Hits wie „Just A Girl“von No Doubt.

Warner Bros und DC haben es 2017 mit „Wonder Woman“erfolgreic­h vorgemacht. Das Superhelde­nEpos mit Gal Gadot in der Hauptrolle gefiel Kritikern und Zuschauern gleicherma­ßen und schlug an den Kinokassen ein. Ob das „Captain Marvel“auch gelingt? Der unterhalts­ame Film des US-Regie-Duos Anna Boden und Ryan Fleck, das bisher nur durch Indie-Filme wie „Mississipp­i Grind“auf sich aufmerksam machte, hätte es allemal verdient.

Captain Marvel. Regie: Anna Boden und Ryan Fleck. Mit Brie Larson, Samuel L. Jackson, Jude Law, Annette Bening. USA 2019. 124 Min. FSK ab 12.

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FOTO: © MARVEL STUDIOS 2019 Überzeugen­de Titelheldi­n: Captain Marvel (Brie Larson) bietet ihren Gegnern die Stirn.

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