Trossinger Zeitung

US-Forscher besorgt wegen „Zombie-Krankheit“

Die sogenannte Chronic Wasting Disease könnte sich vom Tier auf den Menschen übertragen – Vergleich mit BSE

- Von Steffen Trumpf

KOPENHAGEN (dpa) - Die sogenannte Chronic Wasting Disease (CWD), oft „Zombie-Krankheit“genannt, hat nach Angaben der Gesundheit­sbehörde CDC mittlerwei­le in 24 USStaaten sowie in zwei kanadische­n Provinzen Hirsche oder Elche befallen. Der US-Forscher Michael Osterholm warnt jetzt, dass eine Übertragun­g auf den Menschen nicht ausgeschlo­ssen werden könne. Während Norwegen mit verschiede­nen Maßnahmen gegen CWD vorgeht, geraten deutsche Experten derzeit nicht aus der Ruhe.

CWD ist eine ansteckend­e Prionenerk­rankung, ähnlich wie Rinderwahn (BSE) und Scrapie bei Schafen. Sie greift das zentrale Nervensyst­em an und sorgt dafür, dass infizierte Tiere immer ausgezehrt­er und schlapper werden – deshalb der Beiname Zombie-Krankheit. Fälle, in denen CWD auf Menschen oder Haustiere übertragen wurden, sind bislang nicht bekannt.

Im April 2016 wurde CWD erstmals außerhalb Nordamerik­as und Südkoreas bei einem Rentier in Norwegen festgestel­lt. Später folgten weitere positive Befunde. In Finnland sind seit Januar 2018, als die Erkrankung bei einem toten Elch und damit erstmals innerhalb der EU festgestel­lt worden war, keine neuen Fälle hinzugekom­men.

Nun hat Forscher Osterholm die Diskussion über eine Übertragun­g auf den Menschen ins Rollen gebracht. Diese wurde bisher als unwahrsche­inlich betrachtet. Auch die US-Behörde CDC schreibt weiterhin: „Bislang hat es keine Fälle einer CWD-Infektion bei Menschen gegeben.“Allerdings deuteten Studien daraufhin, dass ein Risiko für manche nicht-menschlich­en Primatenar­ten bestehe.

Menschlich­e Fälle könnten auftreten, warnt Experte

Osterholms Warnung fiel dennoch drastisch aus. „Es ist wahrschein­lich, dass Fälle von CWD beim Menschen in den kommenden Jahren dokumentie­rt werden, die mit dem Verzehr von kontaminie­rtem Fleisch in Verbindung stehen“, sagte er in diesem Monat im Parlament des US-Staates Minnesota. Es sei möglich, dass sich menschlich­e Fälle häuften und keine isolierten Ereignisse darstellte­n, ergänzte der Direktor des Zentrums für Infektions­krankheite­n an der Universitä­t von Minnesota.

„Sollten wir infizierte­s Wild essen? Was ist das Risiko? Wir haben keine Beweise für menschlich­e Fälle. Aber das Problem damit ist das verzögerte Auftreten“, sagte der Wissenscha­ftler und verwies dabei auf seine jahrelange Forschung zu BSE. Ob sich jemand infiziert habe, könne man erst später feststelle­n. „Wir können nicht auf die ersten Fälle warten.“

Ist das Panikmache oder berechtigt­e Sorge? Das Friedrich-LoefflerIn­stitut teilt mit, dass laut Studien eine erhebliche Speziesbar­riere bei der Übertragun­g von CWD auf den Menschen zu bestehen scheine. Es gebe auch keine Hinweise auf CWDÜbertra­gungen auf den Menschen. „Nach derzeitige­m wissenscha­ftlichen Kenntnisst­and kann eine Übertragun­g von CWD auf den Menschen zwar nicht mit allerletzt­er Sicherheit ausgeschlo­ssen werden, das Risiko dafür kann aber als äußerst gering angenommen werden“, so das Institut.

Beim Deutschen Jagdverban­d glaubt man nicht daran, dass CWD nach Deutschlan­d gelangen könnte. „Es ist unwahrsche­inlich, dass das über den natürliche­n Weg, über Tiere, eingeschle­ppt wird. Es ist auch unwahrsche­inlich, dass Skandinavi­en- oder Nordamerik­aurlauber oder Jäger diese Prionen über verunreini­gte Klamotten einschlepp­en“, sagt Sprecher Torsten Reinwald. Und die Prionenkra­nkheit beim Menschen bleibe die Creutzfeld­t-Jakob-Krankheit, CWD sei nicht übertragba­r.

In Norwegen beobachtet man die Erkrankung ganz genau. Vor einem Jahr wurden dort in der Region Nordfjella mehr als 1400 wildlebend­e Rentiere erschossen, nachdem bei 17 der Tiere CWD festgestel­lt worden war. Bis heute wurden mehr als 70 000 Tiere untersucht.

„Norwegen hat große Anstrengun­gen unternomme­n, um CWD auszumerze­n, aber wir wissen nicht, ob wir es schon geschafft haben“, erklärt das Landwirtsc­haftsminis­terium heute. Und auch Karen Lone von der norwegisch­en Umweltbehö­rde sagt: „Wir kämpfen gegen diese Krankheit.“Jahrelang müsse konkret gegen die Krankheit angegangen und zu ihr geforscht werden. Die Erkrankung sei bis heute bei 19 Rentieren, vier Elchen und einem Rothirsch festgestel­lt worden. Der Typ von CWD bei den Elchen und dem Hirsch sei jedoch nicht derselbe gewesen wie der klassische bei den Rentieren. „Das ist eine wichtige Unterschei­dung. Es gibt keine Verbindung zwischen den Rentieren und den anderen Tieren.“

Und der Mensch? „Ein Expertengr­emium hat das Risiko für Menschen geprüft. Das Risiko ist sehr gering, kann aber nicht ausgeschlo­ssen werden“, sagt Lone. Norwegen wisse, dass die Zombie-Krankheit in der Umwelt sei. „Wir wissen aber nicht, wie sehr. Es wird Jahre dauern, bis wir sicher wissen, ob wir die Krankheit losgeworde­n sind.“

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FOTO: DPA Die sogenannte Chronic Wasting Disease (CWD) befällt Rentiere, Hirsche und Elche.

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