Als Fritz Walter Deilingen besuchte
Geschichte des Hermann-Frommer-Sportheims ist Teil der Geschichte des Heubergs
DEILINGEN - „Auf dem Acker sollen wir spielen?“, soll Fritz Walter damals gesagt haben, als er an Pfingsten 1967 am Sportplatz in Deilingen ankam. Zur Einweihung des neuen Sportheims des Sportvereins hatte der kleine Klub es tatsächlich geschafft die Traditions-Nationalmannschaft auf den Heuberg zu locken – blöd nur, dass es die Tage zuvor heftig geregnet hatte und der Platz kaum bespielbar war. Mehr als 50 Jahre später sitzen Karl Josef Volz, Klemens Hermle und Berthold Dettinger in ihrem Sportheim – und erzählen stolz dessen Geschichte, die auch irgendwie ihre eigene ist. Und die von Hermann Frommer. „Ohne Frommer, wäre der Verein nicht da wo er ist und das Heim würde es nicht geben“, sagt Volz bestimmt, die anderen zwei nicken.
Um die Geschichte des Hermann Frommer Sportheimes zu verstehen, muss man deutlich weiter in der Vergangenheit suchen. Nämlich Anfang der 60er-Jahre – der SV Deilingen war zu dieser Zeit ein kleiner Verein, der in den Anfangsjahren seiner Neugründung nur schwer in Tritt kam. „Die Situation im Verein war echt mies“, gibt Dettinger zu. Damals war er bereits im Klub, Hermle und Volz kickten für die Katholische Jugendgemeinschaft. Immer wieder gab es Prügeleien bei Spielen, der SVD baute sich einen lausigen Ruf auf, „das war eine sehr unsportliche Truppe damals“, erinnert sich Dettinger. Die Verantwortlichen begriffen, die rüde Truppe müsse mit einigen jungen Talenten bestückt werden. „Der Verein bemühte sich um uns Fußballer von der Jugendgemeinschaft“, erzählt Volz. Diese junge Mannschaft wurde zu dieser Zeit Meister im Raum der Diözese Rottenburg - „wir waren talentierte und ehrgeizige Fußballer aber in einer Atmosphäre wie beim SV wollten wir nicht spielen“, berichtet Volz. Die Möglichkeiten, die ein Verein zu dieser Zeit bieten konnte, war ihnen jedoch bewusst. Volz und andere stellten dem SVD daher einige Bedingungen: „Wir wollten einen festen Trainer, klare Trainingszeiten, ein gutes Sportgelände und Duschmöglichkeiten.“
1963 war es soweit: Acht Spieler der Katholischen Jugendgemeinschaft wechselten zum SVD, „von da an wehte ein anderer Wind“, lacht Volz. Der Erfolg kam bereits in der zweiten Saison – der erste Aufstieg. Bis Anfang der 70er gehörte Deilingen zu den besten Clubs im Landkreis. Und das obwohl die Umstände zu Beginn mühsam blieben. „Spielten wir mal einige Zeit nicht, nutzte der Bauer unseren Sportplatz für sein Heu“, erzählt Hermle. Umkleiden gab es keine, die Fußballer duschten zuhause, Auswärtsteams mussten sich im Gasthaus Krone umziehen.
„Alle im Verein wussten, Frommer könnte derjenige sein, der den Verein auch neben dem Platz voran bringt“, erinnert sich Volz. Manfred Frommer, geboren 1904, aufgewachsen in Stuttgart, verliebte sich in eine Deilingerin und zog nach dem zweiten Weltkrieg auf den Heuberg. „Er war ein hervorragender Unternehmer“, findet Dettinger. Erst vermietete er einen Laster und landwirtschaftliche Geräte, später stieg er in das Modegeschäft ein und betrieb eine Art Versandhandel. „Feierte jemand Hochzeit war klar, bei wem man seinen Anzug kaufte“, erklärt Hermle. Der SV tat damals alles, um den angesehenen Geschäftsmann für ihren Vorstand zu gewinnen. „Wir waren dem Anfangs zu mickrig“, glaubt Volz heute.
Nach und nach muss Frommer gesehen haben, was die jungen Mitglieder um Dettinger, Volz und Hermle auf dem Hügel bewegten. 1966 war es dann soweit, Frommer war überzeugt – eine kurze, aber bedeutungsvolle Ära begann. „Ohne Sportheim geht hier nichts mehr voran“, soll er sogleich gesagt haben, damit startete das fast dreijährige Projekt, das größte in der Geschichte des Vereins.
Frommer nutzte seine Kontakte zum Landessportbund und haute 29.500 D-Mark Fördergelder für den Bau heraus, „mehr gab es nicht, es hieß also selber machen“, erzählt Volz. Keine Deilinger Seele blieb während den kommenden Jahren verschont, jeder packte mit an. Besondere Probleme bereitete die Strom- und Wasserversorgung. „Frommer trieb irgendwie einen Bagger und billige Rohre auf. So lief das immer, irgendwie machte er es möglich“, erzählt Volz.
WM-Helden zu Gast
Am Pfingstwochenende 1967 wurde dann endlich gefeiert. Jugendturniere, Festabende und natürlich das Spiel der Traditionsmannschaft aus DFB-Spielern gegen eine LandkreisAuswahl. Neben Fritz Walter, waren mit Horst Eckel, Max Morlock, und Werner Liebich auch weitere WMHelden von 1954 dabei. Ob die drei sich noch an das Ergebnis erinnern? „Das war uns damals schon egal, wir waren froh, dass alles geklappt hat“, sagt Volz und erinnert sich dann doch – „vier oder fünf zu eins haben die Nationalspieler gewonnen“.
Zwei Jahre später, 1969, verstarb Frommer an einem Hirnschlag, ein Tiefschlag für den Verein. „Er war die Voraussetzung für alles was die Jahre zuvor geschehen ist. Wenn wir zum arbeiten nach oben gekommen sind, war er immer schon dort und hat irgendetwas gewerkelt“, erklärt Volz, der damals den Vorstandsposten von Frommer übernahm. Man müsse sich das mal vorstellen, sagt Volz nachdenklich, „Frommers Adjutant kam einmal während des Baus in unsere kleine Firma. Er lief direkt zu unseren Drehmaschinen und klappte eine nach der anderen auf Aus. Wir fragten, was das solle, und er antwortete nur ’Frommer hat mir das befohlen, er braucht oben eure Hilfe’ – so war das“.
Die drei sind froh, dass die Mitglieder heute die Arbeit von damals zu schätzen wissen. Das Heim stehe immer noch im Mittelpunkt des Vereins, sagen alle. „Die Jungen halten die Kameradschaft hoch, häufig hier im Sportheim – die haben verstanden worauf es ankommt“, sagt Volz. Immer wieder sanieren die Mitglieder ihr Heim, auch 50 Jahre nachdem Fritz Walter auf dem Acker von Deilingen spielte, steht der Verein nie still.