Der Junior, der keine Anlaufzeit braucht
Stuttgarts türkischer Musterschüler Ozan Kabak hat sofort eingeschlagen
STUTTGART (dpa) - Das Beste hat er fast schon wieder vergessen. Natürlich erinnert sich Ozan Kabak noch an seine ersten Tore für den VfB Stuttgart. Euphorisch wird der junge Türke dabei aber nicht. Eine runde Sache sei sein Doppelpack beim 5:1 gegen Hannover 96 am Sonntag gewesen, sagt der Rekordtransfer der Schwaben. „Aber es ist fast in Vergessenheit geraten. Denn am Wochenende steht bei Borussia Dortmund schon das nächste schwere Spiel an.“Die ersten ProfiTore seiner Karriere hakt Kabak nüchtern ab. Schließlich hat er noch viel mehr vor.
Dabei könnte er noch in der A-Jugend spielen. Gerade mal 18 Jahre ist Kabak jung. Dennoch war er den Schwaben und ihrem Ex-Sportvorstand Michael Reschke in der Winterpause elf Millionen Euro wert, die an Galatasaray Istanbul überwiesen wurden. Nicht erst seit dem Erfolg gegen die Niedersachsen deutet sich an, dass das Geld äußerst gut investiert ist. „Es war mir von Anfang an klar, dass dieser Transfer angesichts seines Kostenvolumens im Umfeld des VfB kritisch gesehen würde“, sagt der vor knapp einem Monat abberufene Reschke. „Aber ich bin überzeugt, dass er für den VfB eine Topverpflichtung werden wird.“
Kabak sei ein außergewöhnlicher und extrem zweikampf- und kopfballstarker Spieler mit einer sehr guten Spieleröffnung, sagt Reschke. Zudem brauchte der junge Türke in Stuttgart keinerlei Anlaufzeit. Seit seiner Ankunft absolvierte er jede Partie über die volle Distanz und macht einen für sein Alter sehr athletischen Eindruck. Und er hat klare Vorstellungen. Ein Wechsel in die Bundesliga zum VfB sei Teil seines Karriereplanes gewesen, sagte er am Mittwoch. „Mein nächster Schritt sollte immer sein, nach der Türkei in einer europäischen Topliga zu spielen. Das wollte ich so schnell wie möglich realisieren.“
Die Klarheit seiner Aussagen überrascht, weil sein Alter immer im Hinterkopf ist. Aber Kabak wirkt weder abgehoben noch abgedreht. Er redet mit ruhiger Stimme und beantwortet mithilfe eines Dolmetschers jede Frage unaufgeregt. Als Reschke den 18Jährigen im vergangenen Winter beim Champions-League-Spiel gegen den FC Porto beobachtete, hatte er schon nach 20 Minuten genug gesehen – weil Kabak so gut gewesen sei: „Ich dachte zunächst, das ist völlig unrealistisch, ein international so begehrtes Talent zu verpflichten.“Dennoch entschied sich Kabak für den VfB, bei dem er sich nun in Ruhe entwickeln will.
Priorität hat der Klassenerhalt
Der nächste Schritt in seinem Karriereplan dürfte dann der zu einem Europapokal-Teilnehmer sein. Dieser liegt aktuell aber noch in weiter Ferne. Zum einen wolle er mindestens in der nächsten Saison noch beim VfB spielen, sagt Kabak. Zum anderen stehen erst mal kurzfristige Ziele auf seiner Agenda: „Der Klassenerhalt mit dem VfB“sei nun sein großer Wunsch, sagt der türkische Junioren-Nationalspieler. „Und der Schritt danach ist viel zu weit weg, um jetzt schon etwas darüber sagen zu können.“
Auf den Mund gefallen ist Ozan Kabak übrigens nicht. „Sein Türkisch ist schlechter als mein Deutsch“, witzelte er über den Teamkollegen Mario Gomez, der vor Jahren für Besiktas Istanbul spielte.