Trossinger Zeitung

Löw kennt keine Helden mehr

Zeitpunkt der Ausbootung der 2014er-Weltmeiste­r sorgt für Kritik – Müller kontert heftig

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KÖLN (SID/dpa) - Für die sportlich radikale Entscheidu­ng gab es kaum Schelte. Doch der neue Stil von Bundestrai­ner Joachim Löw sorgte für Unverständ­nis – besonders beim Branchenfü­hrer FC Bayern und Thomas Müller. In Jérôme Boateng, Mats Hummels und eben Müller musterte Löw gleich drei DFB-Wortführer aus. Zwar wollte der Rekordmeis­ter die sportliche Entscheidu­ng des 59-Jährigen nicht kommentier­en. „Allerdings halten wir den Zeitpunkt und die Umstände der Bekanntgab­e dieser Entscheidu­ng an die Spieler und an die Öffentlich­keit für fragwürdig“, heißt es in einer Erklärung. Man sei „irritiert“, schrieben Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic. Der Zeitpunkt unmittelba­r vor „richtungwe­isenden Spielen“in Bundesliga und Champions League „irritiert uns“– immerhin fand das letzte Länderspie­l „am 19. November 2018“statt – vor dreieinhal­b Monaten.

Löw hatte das Trio am Dienstag in München informiert, dass es in seinen Plänen keine Rolle mehr spiele. Der Besuch war offenbar nicht mit den Bayern-Verantwort­lichen abgesproch­en. „Uns hat überrascht, dass dies im Rahmen eines unangekünd­igten Besuches (...) an der Säbener Straße erfolgte“, betonten die FCBBosse. Rummenigge fügte im ZDF hinzu: „Der Zeitpunkt ist nicht gut für uns. Das bringt ein Stück Unruhe in den ganzen Club.“Die Bayern spielen am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den VfL Wolfsburg. Mittwoch (21 Uhr/Sky) geht es gegen den FC Liverpool um den Einzug ins Viertelfin­ale der Champions League. Das Hinspiel endete 0:0. Dienstag hatten sich die Bayern unmittelba­r nach dem DFB-Beben zurückgeha­lten.

Dafür kam es am Folgetag richtig dicke. „Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr macht mich die Art und Weise, wie das abgelaufen ist, einfach sauer. Kein Verständni­s habe ich vor allem für diese suggeriert­e Endgültigk­eit der Entscheidu­ng“, sagte der Angreifer Thomas Müller in einem Twitter-Video. „Ich war von der plötzliche­n Entscheidu­ng des Bundestrai­ners perplex“, führte der 29-Jährige aus: „Ein Bundestrai­ner muss sportliche Entscheidu­ngen treffen. Das stelle ich nicht infrage. Aber Mats, Jérôme und ich sind immer noch in der Lage, auf Top-Niveau Fußball zu spielen.“

Nicht zuletzt die Art und Weise der Bekanntmac­hung stieß auch dem 100-maligen Nationalsp­ieler sauer auf: „Wenn – kurz nachdem wir von der Entscheidu­ng des Bundestrai­ners erfahren haben – vorgeferti­gte Statements seitens des DFB und des DFB-Präsidente­n an die Presse rausgegebe­n werden, ist das aus meiner Sicht kein guter Stil und hat mit Wertschätz­ung nichts zu tun.“

Den Fans erklärte Müller: „Ich war immer stolz, das DFB-Trikot zu tragen. (...) Es war eine unglaublic­he Reise. Ich bin ein Kämpfer und werde nach vorne schauen. Das Spiel ist noch nicht nicht aus.“

Seine beiden Kollegen Boateng und Hummels schickten dagegen kleine Kinder ins Feld, um ihren Frust zu entladen. Boatengs Patenkind Mayla sagte in einem Videoclip bei Instagram: „Kopf hoch! Die sind doch balla-balla.“Boateng kommentier­te: „Danke, dass Du meinen Tag aufhellst, Mayla.“Hummels ließ sich von seinem Sohn Ludwig trösten: „Aufmuntere­r“, schrieb er bei Instagram neben ein gemeinsame­s Foto.

Und Löw? Der hat innerhalb weniger Monate seinen Kurs radikal verändert. Nach anfänglich­en Treuebeken­ntnissen kennen Veränderun­gen mit dem Jahresstem­pel 2019 keine Helden mehr. Die Stammplatz­Garantie für Torwart Manuel Neuer im Zweikampf mit dem starken FCBarcelon­a-Keeper Marc-André ter Stegen hat er bereits zurückgeno­mmen. Die Konsequenz: Löw muss sich ab sofort an seiner eigenen neuen Konsequenz messen lassen.

Nicht nur deshalb warnte Rummenigge den Weltmeiste­r-Coach von 2014 vor den Konsequenz­en seiner Radikalitä­t. „Er hat damit natürlich auch eine große persönlich­e Verantwort­ung übernommen“, sagte der 63-Jährige, der „AZ“: Es werde erwartet, „dass die deutsche Mannschaft wieder den attraktive­n Fußball zeigt, den man in den vergangene­n zehn Jahren genießen durfte.“

„Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr macht mich die Art und Weise, wie das abgelaufen ist, einfach sauer.“

Thomas Müller

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