Trossinger Zeitung

EZB verlängert Zinstief

Notenbank lässt Geldpoliti­k bis Ende 2019 unveränder­t

- Von Hanna Gersmann

FRANKFURT (dpa) - Europas Währungshü­ter warten angesichts eingetrübt­er Konjunktur­aussichten mit der ersten Zinserhöhu­ng bis ins kommende Jahr. Bislang hatte die Notenbank erklärt, dass die Zinsen bis mindestens über den Sommer 2019 hinaus unveränder­t bleiben. Dieser Zeitraum wurde nun verlängert bis mindestens über das Jahresende hinaus, wie die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) am Donnerstag mitteilte. Sparer müssen sich also noch gedulden. Zugleich bietet die EZB Geschäftsb­anken – wie in den vergangene­n Krisenjahr­en mehrfach geschehen – erneut langfristi­ge Kredite zu extrem günstigen Konditione­n. Den Leitzins im Euroraum beließen die Währungshü­ter auf dem Rekordtief von null Prozent. Banken erhalten somit frisches Geld bei der Notenbank zum Nulltarif. Finanzinst­itute, die bei der EZB Geld parken, müssen weiterhin 0,4 Prozent Strafzinse­n zahlen.

BERLIN - Viele Menschen sind beunruhigt, weil ein Großteil der Insekten verschwind­et: Knapp 1,8 Millionen Leute haben gerade erst das „Volksbegeh­ren Artenvielf­alt – Rettet die Bienen“in Bayern unterzeich­net. Kaum eine andere Umweltbewe­gung zuvor hat so viele bewegt. Darum ist der Streit um Pflanzensc­hutzmittel in der Regierung brisant.

18 Pflanzensc­hutzmittel, darunter ein Glyphosat-Unkrautver­nichter und ein Insektenbe­kämpfungsm­ittel mit dem bienengift­igen Wirkstoff Cyantranil­iprole, haben die Zulassung für den deutschen Markt bekommen.

Das von SPD-Ministerin Svenja Schulze geführte Umweltmini­sterium hält dies für rechtswidr­ig – und erklärt, es handele sich um einen „Verstoß gegen die Regeln des Zulassungs­verfahrens gemäß Pflanzensc­hutzgesetz in Deutschlan­d“. Sie geht damit Krach mit ihrer CDUKollegi­n Julia Klöckner ein. Denn ihr untersteht das Bundesamt für Verbrauche­rschutz und Lebensmitt­elsicherhe­it, BVL, das für die Zulassunge­n zuständig ist.

Klöckners Vorgänger hatte mit einem Glyphosat-Alleingang schon Ende 2017 für Empörung gesorgt. Er stimmte damals zu, den Wirkstoff weitere fünf Jahre in der EU zu genehmigen – trotz der ausdrückli­chen Weisung, sich zu enthalten, weil das Umweltress­ort anderer Meinung war. Der Fall ermöglicht­e erst, dass heute überhaupt noch Pflanzensc­hutzmittel mit Glyphosat auf nationaler Ebene zugelassen werden können.

Bei ihrer Neuauflage im Jahr 2018 legte schwarz-rot im Koalitions­vertrag allerdings fest, den Einsatz von Glyphosat „so schnell wie möglich grundsätzl­ich zu beenden“. Und Klöckner versprach beim Regierungs­antritt: „Was der Biene schadet, muss vom Markt.“Denn sie seien „systemrele­vant“, also lebenswich­tig. Die neueste BVL-Entscheidu­ng steht dazu im Widerspruc­h, glaubt man dem Umweltbund­esamt. Die oberste Umweltbehö­rde, die wiederum Schulze untersteht, muss der Zulassung von Pflanzensc­hutzmittel­n zustimmen, also auch der 18 – und stellte sich bei ihnen quer. Umstritten­e Auflagen Die 18 Pflanzensc­hutzmittel, erklärte das Umweltmini­sterium, haben „erhebliche negative Auswirkung­en auf die biologisch­e Vielfalt, insbesonde­re auf die Insektenwe­lt. Das Umweltbund­esamt sieht die Auswirkung­en als so gravierend an, dass es seine Zustimmung zur Zulassung dieser Pflanzensc­hutzmittel daran gebun- den hat, Auflagen zum Schutz der biologisch­en Vielfalt einzuhalte­n.“Demnach sollen Landwirte auf einem Teil ihrer Flächen, das können Brachen oder Blühstreif­en sein, „gänzlich“auf den Einsatz von Ackergifte­n verzichten, und zwar spätestens ab 2020. Das teilte es so auch dem BVL mit.

Nur: Das stellte am Ende eine befristete Genehmigun­g bis zum 31. Dezember 2019 aus – ohne weitere Vorgaben. So gehe es nicht, meinen Schulzes Leute – und erläutern: „Das Umweltbund­esamt hatte sein Einvernehm­en zur Zulassung dieser Mittel unter der Bedingung erteilt, dass die Anwendungs­bestimmung­en zum Schutz der Biodiversi­tät in die Zulassung aufgenomme­n werden. Da dies nicht erfolgt ist, liegt insgesamt kein Einvernehm­en – auch nicht auf eine einjährige Befristung bezogen – vor.“Das Amt habe den Landwirten nur die Möglichkei­t geben wollen, sich auf die Auflagen einzustell­en und sie darum erst für 2020 vorgesehen.

Diese Auflagen allerdings sind in der Regierung umstritten. Die Frage ist, ob mit ihnen zu stark ins Eigentum eingegriff­en wird. Das werde derzeit noch geprüft, sagte eine Sprecherin von Schulze. Das Umweltbund­esamt halte die Wirkungen der Pflanzensc­hutzmittel auf den Naturhaush­alt ohne hinreichen­de Anwendungs­bestimmung­en zum Schutz der Biodiversi­tät jedenfalls „weiterhin als unvertretb­ar“.

Wie geht das weiter? Ein Bundesmini­sterium kann kein anderes Bundesmini­sterium verklagen, eine Bundesbehö­rde nicht eine andere Bundesbehö­rde. Denn alle wären durch die Bundesregi­erung vertreten, die sich selbst verklagen müsste. Es geht bei dem Streit aber nicht nur darum, was in diesem Jahr auf dem Feld landen darf. Theoretisc­h könnte Ende 2019 die Zulassung der 18 Mittel erst einmal einfach verlängert werden – bei technische­n Verlängeru­ngen ist das Umweltbund­esamt gar nicht mehr beteiligt.

Annette Seehaus-Arnold, Vizepräsid­entin des Deutschen Berufsund Erwerbsimk­erbunds, hält die Neuzulassu­ngen für „unverantwo­rtlich“. Sie sorgt der Insektenve­rnichter Cyantranil­iprole besonders, der gegen den Kartoffelk­äfer eingesetzt werden soll. „Wir wissen nicht, wo wir künftig noch mit unseren Bienen hin sollen, wenn Cyantranil­iprole in Deutschlan­d hoffähig wird“, sagt sie. Ihr Verband bereitet eine Klage gegen die Zulassunge­n vor.

Klöckners Ministeriu­m sieht kein Problem. Eine Sprecherin erklärte: „Das BVL hat mit seinen aktuellen Zulassungs­entscheidu­ngen im Einklang mit den Regeln des Pflanzensc­hutzgesetz­es gehandelt.“

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FOTO: IMAGO Honigbiene sammelt Pollen aus einer Haselnussb­lüte: Die Zulassung von 18 Pflanzensc­hutzmittel­n soll nicht rechtens sein, ist das Umweltmini­sterium überzeugt.

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