CDU und SPD uneinig bei Rüstungsexporten
Frankreich wünscht sich vom engen Partner Deutschland in der Frage mehr Verlässlichkeit
PARIS - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten sich im Januar bei der Unterzeichnung des Aachener Vertrags auf einen „gemeinsamen Ansatz für Rüstungsexporte“geeinigt. Kritikern zufolge fehlt es dem Abkommen jedoch an Ehrgeiz. Gerade was die Rüstungsexporte angeht, haben Deutschland und Frankreich sich einiges vorgenommen. Denn die Antwort auf die heikle Frage, welche Waffen wohin geliefert werden dürfen, ist in den Nachbarländern ganz unterschiedlich. Das zeigt der Fall Saudi-Arabien. Deutschland stoppte nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Herbst seine Exporte in den Golfstaat, während Frankreich weiter Waffen nach Riad liefert. Mehr noch: Macron kritisierte die Bundesregierung scharf für ihre Entscheidung. „Das ist reine Demagogie“, sagte er.
Seine Reaktion fiel so brüsk aus, weil die deutsche Entscheidung auch Frankreich blockiert. Vor allem, wenn es um Waffen geht, in denen Teile deutscher Zulieferer stecken. Die sind nämlich ebenfalls vom Boykott betroffen. Für die Zukunft verheißt die deutsche Entscheidung aus französischer Sicht nichts Gutes. Denn für ehrgeizige Rüstungsprojekte wie das gemeinsame Kampfflugzeug oder den Kampfpanzer ist Deutschland damit ein wackeliger Partner. Für die beiden prestigeträchtigen Vorhaben wird sich irgendwann ebenfalls die Frage stellen, wohin sie denn exportiert werden können. „Von Deutschland muss ein Signal ausgehen, wie Rüstungsexportentscheidungen künftig getroffen werden“fordert Ronja Kempin von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Eigentlich ist die Frage der Rüstungsexporte zwischen Deutschland und Frankreich in einem Abkommen aus dem Jahr 1972 geregelt. Damals hatten die Verteidigungsminister Helmut Schmidt und Michel Debré vereinbart, dass die beiden Regierungen eine Ausfuhr von Kriegswaffen oder Rüstungsmaterial, das gemeinsam entwickelt oder gefertigt wurde, nicht behindern. Doch die Praxis sieht anders aus. „Das SchmidtDebré-Abkommen wird in den SPDgeführten Ministerien kritisch gesehen“, bemerkt Kempin.
Dazu kommt, dass Waffenexporte in Frankreich eine ganz andere Rolle spielen als in Deutschland. Während im Nachbarland die Rüstungsindustrie ein Aushängeschild ist, wird sie in Deutschland eher kritisch gesehen. Dabei ist Deutschland der viertgrößte Waffenexporteur mit einem Weltmarktanteil von 5,8 Prozent hinter Frankreich, das in der Aufstellung des Stockholmer SIPRI-Instituts von 2018 den dritten Platz zurück eroberte. Merkel sucht nach Kompromiss Die Frage der Rüstungsexporte entzweit die Nachbarländer seit Jahren. Merkel deutete deshalb bei ihrem Besuch vergangene Woche in Paris Kompromissbereitschaft an. Deutschland könne sich nicht für eine europäische Armee aussprechen und anschließend Partnerländern bei Gemeinschaftsprojekten den Dialog verweigern, sagte die Bundeskanzlerin. „Wir werden die Gespräche führen und wir werden sie auch in der Regierung miteinander führen“, kündigte sie an die Adresse der SPD gerichtet an. Die engere Verteidigungszusammenarbeit gehört zu den wenigen Erfolgen, die Merkel zusammen mit Macron in den vergangenen knapp zwei Jahren auf europäischer Ebene vorweisen kann. Die EU hatte 2017 die ständige strukturierte Zusammenarbeit Pesco gegründet, die sich in 17 gemeinsamen Projekten niederschlägt.
Wenn sie die europäische Zusammenarbeit vorantreiben will, muss sich die Bundesregierung auf eine klare Linie in der Frage der Waffenexporte verständigen. „Es wird drängender, die Verlässlichkeit Deutschlands unter Beweis zu stellen“, sagt Kempin.