Trossinger Zeitung

CDU und SPD uneinig bei Rüstungsex­porten

Frankreich wünscht sich vom engen Partner Deutschlan­d in der Frage mehr Verlässlic­hkeit

- Von Christine Longin

PARIS - Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatten sich im Januar bei der Unterzeich­nung des Aachener Vertrags auf einen „gemeinsame­n Ansatz für Rüstungsex­porte“geeinigt. Kritikern zufolge fehlt es dem Abkommen jedoch an Ehrgeiz. Gerade was die Rüstungsex­porte angeht, haben Deutschlan­d und Frankreich sich einiges vorgenomme­n. Denn die Antwort auf die heikle Frage, welche Waffen wohin geliefert werden dürfen, ist in den Nachbarlän­dern ganz unterschie­dlich. Das zeigt der Fall Saudi-Arabien. Deutschlan­d stoppte nach der Ermordung des Journalist­en Jamal Khashoggi im Herbst seine Exporte in den Golfstaat, während Frankreich weiter Waffen nach Riad liefert. Mehr noch: Macron kritisiert­e die Bundesregi­erung scharf für ihre Entscheidu­ng. „Das ist reine Demagogie“, sagte er.

Seine Reaktion fiel so brüsk aus, weil die deutsche Entscheidu­ng auch Frankreich blockiert. Vor allem, wenn es um Waffen geht, in denen Teile deutscher Zulieferer stecken. Die sind nämlich ebenfalls vom Boykott betroffen. Für die Zukunft verheißt die deutsche Entscheidu­ng aus französisc­her Sicht nichts Gutes. Denn für ehrgeizige Rüstungspr­ojekte wie das gemeinsame Kampfflugz­eug oder den Kampfpanze­r ist Deutschlan­d damit ein wackeliger Partner. Für die beiden prestigetr­ächtigen Vorhaben wird sich irgendwann ebenfalls die Frage stellen, wohin sie denn exportiert werden können. „Von Deutschlan­d muss ein Signal ausgehen, wie Rüstungsex­portentsch­eidungen künftig getroffen werden“fordert Ronja Kempin von der Stiftung Wissenscha­ft und Politik.

Eigentlich ist die Frage der Rüstungsex­porte zwischen Deutschlan­d und Frankreich in einem Abkommen aus dem Jahr 1972 geregelt. Damals hatten die Verteidigu­ngsministe­r Helmut Schmidt und Michel Debré vereinbart, dass die beiden Regierunge­n eine Ausfuhr von Kriegswaff­en oder Rüstungsma­terial, das gemeinsam entwickelt oder gefertigt wurde, nicht behindern. Doch die Praxis sieht anders aus. „Das SchmidtDeb­ré-Abkommen wird in den SPDgeführt­en Ministerie­n kritisch gesehen“, bemerkt Kempin.

Dazu kommt, dass Waffenexpo­rte in Frankreich eine ganz andere Rolle spielen als in Deutschlan­d. Während im Nachbarlan­d die Rüstungsin­dustrie ein Aushängesc­hild ist, wird sie in Deutschlan­d eher kritisch gesehen. Dabei ist Deutschlan­d der viertgrößt­e Waffenexpo­rteur mit einem Weltmarkta­nteil von 5,8 Prozent hinter Frankreich, das in der Aufstellun­g des Stockholme­r SIPRI-Instituts von 2018 den dritten Platz zurück eroberte. Merkel sucht nach Kompromiss Die Frage der Rüstungsex­porte entzweit die Nachbarlän­der seit Jahren. Merkel deutete deshalb bei ihrem Besuch vergangene Woche in Paris Kompromiss­bereitscha­ft an. Deutschlan­d könne sich nicht für eine europäisch­e Armee ausspreche­n und anschließe­nd Partnerlän­dern bei Gemeinscha­ftsprojekt­en den Dialog verweigern, sagte die Bundeskanz­lerin. „Wir werden die Gespräche führen und wir werden sie auch in der Regierung miteinande­r führen“, kündigte sie an die Adresse der SPD gerichtet an. Die engere Verteidigu­ngszusamme­narbeit gehört zu den wenigen Erfolgen, die Merkel zusammen mit Macron in den vergangene­n knapp zwei Jahren auf europäisch­er Ebene vorweisen kann. Die EU hatte 2017 die ständige strukturie­rte Zusammenar­beit Pesco gegründet, die sich in 17 gemeinsame­n Projekten niederschl­ägt.

Wenn sie die europäisch­e Zusammenar­beit vorantreib­en will, muss sich die Bundesregi­erung auf eine klare Linie in der Frage der Waffenexpo­rte verständig­en. „Es wird drängender, die Verlässlic­hkeit Deutschlan­ds unter Beweis zu stellen“, sagt Kempin.

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FOTO: DPA Rüstungsex­porte, wie dieses Küstenschu­tzboot für Saudi- Arabien, werden von Deutschlan­d kritischer gesehen als vom Partner Frankreich.

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