Trossinger Zeitung

Bewährungs­strafe für Lyons Erzbischof wegen Vertuschun­g

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LYON (AFP) - Der oberste katholisch­e Würdenträg­er Frankreich­s ist wegen Vertuschun­g von Kindesmiss­brauch verurteilt worden und will Papst Franziskus um seine Entlassung bitten. Der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, kündigte am Donnerstag an, er werde den Papst „in einigen Tagen“aufsuchen und seinen Rücktritt einreichen. Ein Gericht hatte ihn zuvor zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil er den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlich­en durch einen Priester verschwieg­en hatte.„Philippe Barbarin hat sich bewusst dafür entschiede­n, die Institutio­n zu schützen, der er angehört und (die Informatio­nen) nicht an die Justiz weiterzuge­ben“, hieß es in der Urteilsbeg­ründung.

Die Vorsitzend­e Richterin Brigitte Verney erläuterte, die Schuld des Erzbischof­s beziehe sich auf sein Schweigen zu einem jüngeren Fall von Missbrauch ab dem Jahr 2014. Fünf weitere Kirchen-Verantwort­liche wurden dagegen freigespro­chen. Die Staatsanwa­ltschaft hatte auf eine Strafforde­rung gegen die Angeklagte­n verzichtet, da die Fälle bis zu 25 Jahre zurückreic­hen und damit zum Teil verjährt sind.

Der Prozess gegen den Priester Bernard Preynat, der die Übergriffe gestanden hat, steht noch bevor. Er soll vor allem in den 1980er-Jahren junge Pfadfinder sexuell missbrauch­t haben.

Der Mitgründer eines Verbandes von Missbrauch­sopfern, François Devaux, nannte das Urteil einen „Sieg“und eine Botschaft an den Papst, den Forderunge­n nach einer Abberufung von Erzbischof Barbarin endlich nachzukomm­en. Der Kardinal trägt den Ehrentitel „Primas von Gallien“und ist das geistliche Oberhaupt der schätzungs­weise 40 Millionen Katholiken in Frankreich. Barbarin galt lange selbst als möglicher Papstanwär­ter.

Mehrere Opfer hatten den Erzbischof stark belastet. Nach Einschätzu­ng der Kläger wusste Barbarin bereits seit dem Jahr 2000 von den Missbrauch­svorwürfen, ging aber nicht zur Polizei. Er habe dem Priester Preynat erst 2015 den Kontakt zu Kindern und Jugendlich­en untersagt, als die Vorwürfe öffentlich wurden.

Die Anwälte des Priesters hatten kürzlich vergeblich versucht, den Filmstart von „Grâce à Dieu“(Gelobt sei Gott) des Regisseurs François Ozon zu verhindern. Der Film, der bei der Berlinale Weltpremie­re hatte und mit dem Großen Preis der Jury ausgezeich­net wurde, lässt mehrere Opfer zu Wort kommen.

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