Trossinger Zeitung

Lange Haftstrafe­n im „Elysium“-Prozess

Strafkamme­r verurteilt Betreiber einer der größten Kinderporn­o-Plattforme­n

- Von Carolin Eckenfels

LIMBURG (dpa) - Auf der Suche nach den Betreibern der Kinderporn­ografie-Plattform „Elysium“werden die Ermittler ausgerechn­et in einer Werkstatt mitten in Hessen fündig. Dort steht der Server für das im abgeschirm­ten Darknet betriebene Portal, das eine weltweite Reichweite und mehr als 111 000 Nutzerkont­en hatte. Nicht nur diese Dimension und der Standort machen den Fall außergewöh­nlich – sondern auch, dass Mitglieder­n der Führungsri­ege der Prozess gemacht werden kann. Nach monatelang­er Verhandlun­g verurteilt­e das Landgerich­t Limburg am Donnerstag die vier Männer aus Hessen, Baden-Württember­g und Bayern zu mehrjährig­en Haftstrafe­n.

Es gehe um ein „hochprofes­sionelles Vorgehen“, sagte der Vorsitzend­e Richter in der Urteilsbeg­ründung. Die Angeklagte­n im Alter von 41 bis 63 Jahren hatten sich demnach in unterschie­dlichen Funktionen bereits am Betrieb einer Vorgängerp­lattform namens „The Giftbox Exchange“beteiligt. Diese flog auf, doch ein 59 Jahre alter Angeklagte­r aus Baden-Württember­g konnte demnach Daten retten und schuf „Elysium“. Der 59-Jährige sei der „Vater“des Portals gewesen, sagte der Vorsitzend­e. Er bekam eine Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten. Ein 41-Jähriger, der die Werkstatt zur Verfügung gestellt und zudem Funktionen eines Administra­tors übernommen hatte, muss für acht Jahre in Haft. Einen 57-Jährigen aus Baden-Württember­g verurteilt­e das Gericht zu drei Jahren und zehn Monaten Haft. Ein 63-Jähriger aus Bayern wurde zu neun Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die beiden letzteren hatten als Moderatore­n und „Anstands-Wauwau“, wie es einer von ihnen formuliert hatte, Chats betreut. Das Gericht ging davon aus, dass die vier Angeklagte­n teils als Bande agierten – was den Strafrahme­n erhöhte. Hinweis kam aus Australien Pädophile konnten auf der Plattform miteinande­r chatten und Bilder und Videos von teils schwerstem sexuellen Kindesmiss­brauch tauschen. Auch die Angeklagte­n sollen Aufnahmen gepostet haben. Das Gericht verurteilt­e die vier Deutschen unter anderem wegen des öffentlich­en Zugänglich­machens und des Besitzes von Kinderporn­ografie. Mehrere Verteidige­r kündigten Revision an. Den ersten Hinweis auf „Elysium“bekamen die Ermittler von Kollegen aus Australien. So stießen sie auf die Werkstatt in Bad Camberg – ein Standort, der die Fahnder angesichts der internatio­nalen Dimension des Falls selbst überrascht­e: „Dass man dann diese Plattform in den heimischen Gefilden lokalisier­t, ist durchaus ungewöhnli­ch“, so Staatsanwä­ltin Julia Bussweiler. Die Ermittler schalteten das Portal, das ein halbes Jahr online war, im Juni 2017 ab.

Das Gericht hielt den Angeklagte­n zugute, dass sie die Vorwürfe, wenn auch teils mit Einschränk­ungen, im Wesentlich­en eingeräumt hatten. Positiv sei zudem, dass drei von ihnen den Ermittlern geholfen und beispielsw­eise Passwörter preis- gegeben hätten. Der Vorsitzend­e stellte aber auch klar, dass manche Aussagen „nicht nachvollzi­ehbar“seien. Etwa, dass ein Angeklagte­r nur aus technische­m Interesse mitgemacht haben will. Oder um, wie es der 41-Jährige erzählt hatte, die Pädophilen-Szene zu „infiltrier­en“und Beweismitt­el gegen diese zu sammeln. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass pädophile Neigungen und möglicherw­eise bei dem einen oder anderen die Hoffnung auf Anerkennun­g maßgeblich für die Taten gewesen seien. Verbindung zum Fall Staufen Deutliche Worte fand der Vorsitzend­e insbesonde­re für die beiden Angeklagte­n, deren Taten sich nicht allein auf die virtuelle Welt beschränkt hatten: Der 63-Jährige missbrauch­te demnach zwei kleine Kinder schwer. Weil er bereits vor Jahren übergriffi­g gewesen war und aus Sicht des Gerichts anders als dargestell­t nicht der „geläuterte ehemalige Missbrauch­er“ist, ordnete es zusätzlich zur Gefängniss­trafe Sicherungs­verwahrung an. Der 41-Jährige soll zudem den Hauptbesch­uldigten im aufsehener­regenden Missbrauch­sfall von Staufen angestifte­t haben, kinderporn­ografische Aufnahmen von dem betroffene­n Jungen anzufertig­en.

Das Gericht stellte bei den Angeklagte­n teilweise eine „Bagatellis­ierung“der Taten fest. Der Vorsitzend­e verwies auf Aussagen, wonach es „nur“um bereits vorhandene kinderporn­ografische Aufnahmen gegangen sein soll. Dabei werde übersehen, betonte er, dass dahinter immer der reale sexuelle Missbrauch von Kindern stehe.

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FOTO: DPA Ihre Taten im Darknet kamen ans Licht: Die vier Deutschen verbergen vor der Urteilsver­kündung ihre Gesichter.

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