Feuerwehrkameraden gesucht
Große Entfernungen zum Arbeitsplatz und lange Anfahrten sind zunehmend ein Problem
KREIS TUTTLINGEN - „Kameradschaft, ein heißes Hobby und eine Aufwandsentschädigung“– Mit diesen Schlagworten hat kürzlich eine Stellenanzeige im Amtsblatt von Rietheim-Weilheim um die Aufmerksamkeit der Leser geworben. Der Verfasser: Die Freiwillige Feuerwehr, die „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“einen Feuerwehrkameraden sucht – inklusive Bewerbung und Vorstellungsgespräch.
„Wir wollten es mal auf die humorvolle Art versuchen“, klärt Kommandant Jürgen Vosseler auf. Doch die Mitgliedersuche gestaltet sich schwierig. Mit diesem Problem steht die Feuerwehr Riethei m-Weilheim allerdings nicht alleine da.
Immer wieder werbe man mit Kampagnen um neue Einsatzkräfte – mit mäßigem Erfolg. Auch auf die mit einem Augenzwinkern versehene Stellenanzeige im Amtsblatt habe sich bislang niemand gemeldet, sagt Vosseler. Insgesamt ist die Zahl mit aktuell 1713 aktiven Feuerwehrleuten im Landkreis Tuttlingen zwar im Vergleich zu den Vorjahren leicht steigend. Was fehlt, sind laut Kreisbrandmeister Andreas Narr jedoch vor allem tagesverfügbare Einsatzkräfte, die im Ernstfall schnell vor Ort sein können.
„Die Leute sind immer mobiler, es gibt vergleichsweise wenige, die in ihrem Wohnort arbeiten“, erklärt Narr. Zwar sei es gesetzlich verankert, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter für Feuerwehreinsätze freistellen müssen. Doch auch bei einer Entfernung von zehn oder 15 Kilometern zwischen Arbeitsplatz und Feuerwehrstandort könne die Frist schon nicht mehr eingehalten werden, so Narr: „Wir müssen spätestens zehn Minuten nach der Alarmierung da sein.“
Der Kreisbrandmeister spricht von einem „zunehmenden Problem“, das sich erst am Abend und in der Nacht relativiere, wenn die meisten wieder zuhause seien. Eine Lösung ist eine sogenannte Doppelmitgliedschaft. Dabei sind die Feuerwehrleute zusätzlich zu ihrer Heimatwehr in ihrem Wohnort noch in einer zweiten Wehr im Arbeitsort tätig. Tagsüber, während der Arbeitszeit, rücken sie im Einsatzfall dort mit aus. Jugendwehren sind unerlässlich Wie viele Feuerwehrleute im Landkreis Tuttlingen derzeit schon eine solche Doppelmitgliedschaft haben, ist derzeit noch nicht statistisch erfasst. „Aber es gibt schon einige“, weiß Narr aus Erfahrung.
„Allerdings bringt das für die Leute den Anspruch mit sich, zwei Wehren gut kennen zu müssen“, stellt er klar. Das bedeutet einen zusätzlichen Ausbildungsaufwand, vor allem zu ortsspezifischen Aspekten: „Man muss wissen, wo die Geräte stehen, wie die Fahrzeuge funktionieren und sollte die Leute alle kennen – denn sehr oft kommt es auf Kameradschaft, Vertrauen und Zusammenhalt an“, erklärt der Kreisbrandmeister.
Werte, die angehende Einsatzkräfte in der Jugendfeuerwehr vermittelt bekommen. Alle bis auf eine der insgesamt 35 Gemeindefeuerwehren im Landkreis haben eine solche Jugendabteilung. Diese ist gleichzeitig die „wesentliche Nachwuchsquelle“für die Einsatzabteilungen, sagt Narr: „Die Jugendfeuerwehr ist zwingende Voraussetzung für den Fortbestand der Feuerwehr im Ehrenamt.“Erwachsene Quereinsteiger gebe es nur wenige. „Die meisten wachsen als Jugendliche hinein“, sagt er. Rund 700 Jugendliche sind bei den Jugendfeuerwehren im Landkreis Tuttlingen aktiv. „Wir freuen uns, dass auch immer mehr Mädchen den Weg in die Jugendfeuerwehr finden“, stellt Narr zufrieden fest.
Das Eintrittsalter liegt dabei in der Regel bei zehn Jahren. Doch weil viele Kinder in diesem Alter bereits in anderen Vereinen und Hobbies eingebunden sind, setzen einige Wehren mittlerweile auf spezielle Abteilungen für die Jüngsten. Ab sechs Jahren werden kleine Blaulichtfans dort spielerisch an das Thema Feuerwehr herangeführt.