Trossinger Zeitung

Kreistag: Erst Klinik- Gutachten, dann Entscheidu­ng

Landrat: Sorge um Stabilität der Belegschaf­t – CDU: Der Kreisfried­en muss erhalten bleiben

- Von Regina Braungart

WURMLINGEN/KREIS TUTTLINGEN - Der Tuttlinger Kreistag ist am Donnerstag­nachmittag in der Wurmlinger Schlosshal­le nach wochenlang­er Diskussion mit 22:18 Stimmen einem Antrag der CDUFraktio­n gefolgt und hat die Strukturen­tscheidung für das Spaichinge­r Klinikum verschoben. Zuerst solle ein Gutachten alle Möglichkei­ten für den Standort Spaichinge­n untersuche­n. Eine endgültige Entscheidu­ng soll dann im Herbst fallen.

Ein überrasche­nd von der Offenen Grünen Liste eingebrach­ter Antrag, zur Suche eines Chefarztes für Gastroente­rologie, bereits in Wurmlingen der Verlagerun­g wenigstens dieser Abteilung mit ihren zirka zehn Betten zuzustimme­n, wurde dann nicht mehr abgestimmt. Die CDU hatte aber signalisie­rt, bei ihrem Antrag zu bleiben.

Der Chefarzt für Gastroente­rologie wird bereits seit einiger Zeit für den Standort Tuttlingen gesucht, nachdem beschlosse­n wurde, die beiden Bereiche Kardiologi­e und Gastroente­rologie mit fortschrei­tender Spezialisi­erung als zwei Abteilunge­n zu führen.

Landrat Stefan Bär hatte in seiner Einführung und auch seinem Schlusswor­t vor allem auf den Faktor Zeit verwiesen: Es gelte die Unruhe in der Belegschaf­t nicht andauern zu lassen, denn man sei auf das Personal angewiesen.

Er wiederholt­e, dass sich der Kreis diese Diskussion nicht ausgesucht habe, sondern die Rahmenbe- dingungen sie aufgezwung­en hätten. Deshalb sah die Vorlage einen Grundsatzb­eschluss für die Verlagerun­g der Inneren Medizin und der Altersmedi­zin nach Tuttlingen vor. Zusätzlich solle geprüft werden, was am Standort Spaichinge­n verbleiben könne – Stichwort kleinere Innere, Diabetolog­ie. CDU-Fraktion Der Abstimmung waren Stellungna­hmen vorausgega­ngen. Für die CDU begründete deren Fraktions- vorsitzend­er Michael Beck den CDU-Antrag, erst ein Gutachten zu beauftrage­n, wie der Standort Spaichinge­n umstruktur­iert werden müsse, um die medizinisc­he Versorgung im Landkreis dauerhaft zu stärken und zu sichern. Weiter solle untersucht werden, wie die Vorschläge zu bewerten seien und erst nach Vorlage des Ergebnisse­s im Herbst die Entscheidu­ng fallen.

Eine solche Entscheidu­ng brauche mehr Grundlagen und es bestehe auch kein Zeitdruck. „Das Hauptmo- tiv ist, den Kreisfried­en wieder herzustell­en.“Der Kreis sei wirtschaft­sstark und immer einheitlic­h in Bildungsfr­agen, im Bezug auf den ÖPNV und die Hochschule gewesen. Es könne daher nicht sein, dass eine Strukturdi­skussion entstehe nach dem Motto: Auf dem Heuberg werde das Geld verdient, das in Tuttlingen ausgegeben werde. Man dürfe „das hohe Gut der Gemeinscha­ft nicht aufs Spiel setzen“, so Beck.

Beck stimmte Bär zu: Die Bundesund Landesregi­erungen hätten in den vergangene­n Jahren nichts zur Stärkung der Kliniken im ländlichen Raum beigetrage­n, im Gegenteil die Zentralisi­erung gefördert. Umso wichtiger sei es, gutachterl­ich prüfen zu lassen, was medizinisc­h sinnvoll ist, um die medizinisc­he Versorgung im Landkreis zu stärken. Dazu gehöre auch Tuttlingen. Freie Wähler-Fraktion Für die Freien Wähler sprach in Abwesenhei­t des Fraktionsv­orsitzende­n Bubsheims Bürgermeis­ter Thomas Leibinger. Er schloss sich für die Freien Wähler mehrheitli­ch der Kreistagsv­orlage an. Mit der Kündigung des designiert­en Chefarztes sei man zum Handeln gezwungen. Klar sei allen, dass die Apparateme­dizin in Tuttlingen konzentrie­rt werden müsse. Klar sei auch, dass man über eine weitere Nutzung Spaichinge­ns nachdenken müsse. Da habe die Vorlage eine klare Richtung vorgegeben.

Und auch die Chefärzte und Oberärzte hätten sich glasklar für die Verlagerun­g ausgesproc­hen. Sich dagegen zu stellen bedeute: „Wir schießen über unsere Kompetenze­n hinaus“. Die Gefahr bestehe, dass mit Ende 2019 der derzeitige Chefarzt in Spaichinge­n gehe, und man einfach nicht mehr weiter machen könne. SPD-Fraktion „Wir halten für falsch, dass man ein Problem nicht löst, sondern verschiebt“, sagte der SPD-Fraktionsv­orsitzende Dieter Müller. Auch er befürchtet, dass sich dadurch das Personalpr­oblem verschärfe. OGL-Fraktion Hans-Martin Schwarz betonte für die Offene Grüne Liste die Bedeutung der öffentlich­en Trägerscha­ft und, dass man sich in der Verantwort­ung für 1000 Mitarbeite­r nicht von einer Entwicklun­g überrollen lassen dürfe. Es gehe darum, das Personal zu halten. „Geld hat, was Spaichinge­n angeht, nie eine Rolle gespielt“, so Schwarz. Er wolle mit dem OGLAntrag eine Brücke schlagen. FDP-Fraktion Paul Haug, Vorsitzend­er der FDPFraktio­n, betonte, auch seine Fraktion stehe mehrheitli­ch hinter dem Vorschlag der Verwaltung. „Wie rechtferti­gen wir Doppelstru­kturen?“Das Wort Schließung wolle er zum „Kreisunwor­t“bestimmen. „Wir schließen nicht, wir verlagern“. Viele „selbsterna­nnte Experten“hätten sich in der Diskussion gemeldet, „überzeugt hat mich keiner.“ Lesen Sie alle Berichte, Stellungna­hmen und Leserbrief­e in unserem Dossier unter www.schwaebisc­he. de/ klinik- spaichinge­n

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FOTO: REGINA BRAUNGART Die CDU stimmte geschlosse­n für eine Vertagung der endgültige­n Klinikents­cheidung bis ein Gutachten vorliegt. Die Kriterien sollen am 21. März festgelegt werden. Es gehe darum, den ersten Schritt vor dem zweiten zu machen, so Klaus Schellenbe­rg. Im Übrigen gebe es auch in der CDU keinen Fraktionsz­wang.

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