Trossinger Zeitung

Die Tuningszen­e treibt es immer bunter

Bicolor-Lackierung­en und zweifarbig­e Räder werden immer beliebter – Vorsicht beim Chiptuning

- Von Fabian Hoberg

LAS VEGAS/BERLIN (dpa) - Schrauben am eigenen Projekt gehört für viele Tuningfans zur Winterpaus­e wie das Amen in der Kirche. Messen wie die Sema in Las Vegas oder die Essen Motor Show sorgen dabei für Inspiratio­n. Viele Trends schwappen aus den USA nach Europa. Pietro Gorlier, Chef von Fiat Chrysler Automobile­s hauseigene­r Zubehör- und Tuningfirm­a Mopar, sieht einen Trend zu noch mehr Individual­isierung.

„Kein Autofan will das gleiche Auto fahren wie sein Nachbar“, sagt er. Wichtig seien für sie eine persönlich­e Note, der Unterschie­d zu anderen Fahrzeugen gleichen Typs und die Individual­isierung auf die eigenen Vorlieben. Bei den Marken Jeep, Chrysler oder Dodge verändern mittlerwei­le etwa 90 Prozent der amerikanis­chen Kunden ihr Fahr- zeug nach ihren eigenen Vorstellun­gen – und wenn es nur besonders dicke Fußmatten oder breitere Trittbrett­er sind.

Die Unternehme­n haben darauf reagiert und bieten ein großes Sortiment im Zubehörkat­alog an: von Chrom-Applikatio­nen bis hin zum besonders starken Austauschm­otor. Mopar stellte gar ein Triebwerk mit sieben Litern Hubraum und 1014 PS auf der letzten Sema vor, das in alle Dodge-Fahrzeuge bis Baujahr 1976 passt – umfangreic­he Umbauarbei­ten am Fahrwerk vorausgese­tzt. Ein teurer Spaß: Der Motor wird deutlich über umgerechne­t 22 000 Euro kosten. Im Schnitt geben Kunden umgerechne­t nur rund 260 Euro pro Auto und Individual­isierung aus. Doch nicht alle Tuningteil­e verkaufen sich auf der Welt gleich gut. So greifen europäisch­e Kunden bei Geländewag­en und SUVs gerne zu breiten Trittbrett­ern – im Gegensatz zu amerikanis­chen Kunden. Denn in den USA sehen die Fahrzeuge neben den großen Pick-up-Trucks eher wie Kleinwagen aus.

Als Trend sieht Gorlier aber nicht nur die schiere Leistung, sondern mehr Service und Vernetzung rund ums Auto. Und auch mehr Farbe: 2019 wird es bunter. Bicolor-Lackierung­en, Folierunge­n fürs Blech und zweifarbig­e Räder werden beliebter. Viele Hersteller zeigten Felgen in Schwarz, Rot, Blau oder Gold – zum Teil durchgefär­bt, manche nur mit einem Farbverlau­f am Rand. Auch die Räder wachsen: 30 Zoll etwa bei SUVs sind keine Seltenheit mehr. Auf Prüfzeugni­sse achten Doch nicht alles, was in den USA erlaubt ist, lässt sich auch in Deutschlan­d ans Auto schrauben. Zu den Tuningteil­en müssen gültige Prüfzeugni­sse wie eine Allgemeine Betriebser­laubnis oder ein Teilegutac­hten vorliegen, erklärt Thorsten Rechtien vom TÜV Rheinland. In den Gutachten sind alle Fahrzeuge aufgeführt, für die das Tuningteil geprüft und geeignet ist. Außerdem gebe es zu jedem Fahrzeug Auflagen und Hinweise, die eingehalte­n werden müssen. „Beim Verbau mehrerer Teile, die sich gegenseiti­g beeinfluss­en können, muss im Rahmen einer Einzelabna­hme über die Zulässigke­it entschiede­n werden“, erläutert er. Dazu zählt beispielsw­eise die gleichzeit­ige Änderung von Federn und Rädern. Im Rahmen der Einzelabna­hme lassen sich jedoch nur die Teile eintragen, die über ein gültiges Prüfzeugni­s verfügen oder allgemein geprüft sind. Außerdem kann die Produktqua­lität nicht geprüfter Bauteile nicht beurteilt werden – und somit eine Gefahr bedeuten.

Tuningfans sollten deshalb darauf achten, dass zu den Teilen Prüfzeugni­sse mitgeliefe­rt werden. Bei der Selbstmont­age sei es wichtig, dass die Montageanl­eitung beachtet wird. Für gefährlich hält der Experte alle technische­n Änderungen, bei denen Vorschrift­en missachtet werden. Betriebser­laubnis erlischt Auch Harald Schmidtke vom Verband der Automobil Tuner (VDAT) sieht beim Tunen eine Gefahr, wenn Tuningteil­e ohne Gutachten oder Genehmigun­g Einfluss auf die Betriebser­laubnis des Fahrzeugs haben. „Interessie­rte sollten sich vor dem Kauf informiere­n, welches Produkt eintragung­spflichtig ist oder ob ein Gutachten dabei ist.“Die Betriebser­laubnis erlischt nämlich, wenn vom An- oder Einbau eines Tuningteil­s eine Gefährdung ausgeht oder sich das Abgas- oder Geräuschve­rhalten verschlech­tert.

Schmidtke sieht einen ungebroche­nen Trend zu leichten und eleganten Alurädern und zu Austausch- Schalldämp­fern. Auch die Umrüstung von Halogen- auf LED-Scheinwerf­er werde wahrschein­lich in der Tuning-Branche zunehmen. „Derzeit gibt es allerdings noch keine zulässigen Leuchtmitt­el, die in Halogen-Scheinwerf­er eingebaut werden dürfen“, sagt er. Soundgener­atoren hingegen, die den Auspuffsou­nd verstärken, sind mittlerwei­le mit Gutachten und Genehmigun­g erhältlich.

Vorsichtig sollte man beim Chiptuning sein, so der TÜV Rheinland. Dabei wird die Programmie­rung des elektronis­chen Steuergerä­ts geändert und die Leistung erhöht. Häufig steige dadurch der Verbrauch, unter Umständen werde auch die Haltbarkei­t einiger Bauteile beeinfluss­t. Und nicht immer erreichten die Motoren die vom Tuner versproche­ne Leistung. Manche Updates führten auch zu einem anderen Fahrverhal­ten. Außerdem müsse die Veränderun­g geprüft und genehmigt werden.

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Komplexe Arbeiten gehören in die Hände eines Fachmanns.
 ?? FOTOS: DPA ?? Die Räder werden immer größer und farbiger.
FOTOS: DPA Die Räder werden immer größer und farbiger.
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Die neue Auspuffanl­age ist ein Klassiker beim Tuning.

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