Trossinger Zeitung

Kommando zurück: Wie ein Rückruf funktionie­rt

Wenn Fahrzeugha­lter sicherheit­sbedingte Rückrufakt­ionen nicht befolgen, droht eine Zwangsstil­llegung des betroffene­n Autos

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FLENSBURG (dpa) – Gerade in Zeiten des Dieselskan­dals hören Autobesitz­er häufig von Rückrufen. Doch um was geht es dabei genau, und wie laufen sie ab? „Sie betreffen in der Regel sicherheit­srelevante Bauteile wie Lenkung, Bremsanlag­e, Fahrwerk, Sicherheit­sgurte, Motor oder Airbags“, so Jana Hanisch vom Deutschen Anwaltvere­in. Die Expertin in Sachen Verkehrsre­cht erklärt, dass Rückrufakt­ionen der Automobilh­ersteller in Deutschlan­d nach dem Produktsic­herheitsge­setz in Zusammenar­beit mit dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg erfolgen. In der Regel würden Fahrzeugha­lter direkt angeschrie­ben. Nach Daten des KBAs ist dies im Jahr 2017 genau 515 Mal passiert.

Seltener geht es laut Hanisch auch anders: „Einige Autoherste­ller lassen kleinere Fehler meist bei der nächsten Inspektion in der Werkstatt kostenfrei mit beheben, hiervon muss der Fahrzeugha­lter noch nicht einmal etwas mitbekomme­n.“Doch auch wenn der Begriff des Rückrufs gerade in aller Munde ist, wissen Fahrzeugha­lter häufig nicht, was ein Rückruf genau bedeutet und wie dieser abläuft. KBA-Sprecher Stephan Immen erklärt, dass es zwei Arten von Rückrufakt­ionen gebe: Rückrufakt­ionen, die der Verkehrssi­cherheit dienen und seltener Rückrufe, die eine reine Servicemaß­nahme der Hersteller darstellen. „Zum Beispiel, wenn es um eine fehlerhaft­e Farbe des Fahrzeugs geht“, so Immen. Verbrauche­r seien nicht gezwungen, sich an letzteren Rückrufen zu beteiligen. Halter muss sich beteiligen Bei Rückrufen, die der Verkehrssi­cherheit dienen, verweist Immen auf den Kodex zur Ausführung des Produktsic­herheitsge­setzes (ProdSG) bei Straßenfah­rzeugen. Denn dieser unterschei­det nochmals zwischen einem freiwillig­en und einem angeordnet­en Rückruf. Im Kodex heißt es zum freiwillig­en Rückruf: „Ein freiwillig­er Rückruf kann durch den Produktver­antwortlic­hen erfolgen, wenn er Informatio­nen darüber hat, dass ein Produkt den Sicherheit­sund Gesundheit­sanforderu­ngen anwendbare­r Rechtsvero­rdnungen nicht entspricht oder die Sicherheit und Gesundheit der Verwender oder Dritter bei bestimmung­sgemäßer Verwendung oder vorhersehb­arer Fehlanwend­ung gefährdet.“

Diese Art des Rückrufes wird durch die Hersteller selbst eingeleite­t. Dennoch ist das KBA involviert, indem es die Aktion im Hinblick auf Wirksamkei­t und den zeitlichen Ablauf überwacht. Den angeordnet­en Rückruf leitet das KBA selbst ein. Der Kodex sagt hier: „Ein angeordnet­er Rückruf erfolgt, wenn der Pro- duktverant­wortliche nicht durch eigene Maßnahmen sicherstel­lt, dass ernste Gefährdung­en (nicht sicheres Produkt) ausreichen­d schnell und wirksam beseitigt werden.“In beiden Fällen erhalten die Fahrzeugha­lter einen Brief, in dem mitgeteilt wird, dass ihr Fahrzeug von einer Rückrufakt­ion betroffen ist, mit der Aufforderu­ng das betreffend­e Auto in einer Vertragswe­rkstatt vorzustell­en. „Die Daten des Zentralen Fahrzeugre­gisters (ZFZR) beim KBA sind hierbei die Grundlage der Adressieru­ng“, erklärt Herbert Engelmohr, Sprecher des Automobilc­lub von Deutschlan­d (AvD). Ob freiwillig­er oder angeordnet­er Rückruf, der Fahrzeugha­lter muss sich beteiligen. Es ist nicht klug, Rückrufe, die der Verkehrssi­cherheit dienen, zu ignorieren. Engelmohr erklärt warum: „Bei sicherheit­srelevante­n Rückrufen wird die Durchführu­ng überwacht und bei Nichtbefol­gung ein Zwangsstil­llegungsve­rfahren eingeleite­t.“

Das bestätigt auch Stephan Immen und weist darauf hin, dass der Halter insgesamt drei postalisch­e Aufforderu­ngen erhält, den Mangel beseitigen zu lassen. „Kommt er die- sen nicht nach, bekommt die örtliche Zulassungs­behörde eine Informatio­n vom KBA darüber. Die Behörde setzt in der Regel nochmals eine Frist.“Verstreich­e auch diese ohne Reparatur, wird das Fahrzeug stillgeleg­t. Zahlen des KBA zeigen, dass aus diesem Grund allein 2017 über 55 000 Außerbetri­ebsetzunge­n eingeleite­t wurden. Kein Rückgabere­cht Wer sich gerade erst ein Auto gekauft hat und schon bald einen RückrufBri­ef erhält, wird davon wenig begeistert sein und womöglich mit dem Gedanken spielen, es komplett zurückzuge­ben. Doch ein solches Rückgabere­cht besteht nicht.

„Bei jeder Art von Mangel, also auch bei Rückrufen, muss dem Händler in der Regel mindestens einbis zweimal die Möglichkei­t gegeben werden nachzubess­ern, bevor man das Fahrzeug zurückgebe­n kann“, berichtet Thomas Almeroth, Sprecher des Verbands der Internatio­nalen Kraftfahrz­eugherstel­ler (VDIK). Dieses Nachbesser­ungsrecht des Händlers ist demnach meist in den Verkaufsbe­dingungen des Kaufvertra­gs des Neu- oder Gebrauchtw­agens festgeschr­ieben.

Stephan Immen erklärt das weitere Vorgehen nach Erhalt eines Rückruf-Briefes bekommen hat: „Man gibt das Auto in eine Vertragswe­rkstatt des jeweiligen Hersteller­s und lässt den Mangel beseitigen. Die Kosten übernimmt der Hersteller.“Ein Anspruch auf einen kostenlose­n Ersatzwage­n gibt es nicht.

„Ob ein Händler im Einzelfall bemüht ist und ein Ersatzfahr­zeug stellt, ist denkbar, fällt aber unter Kulanz. Er muss das nicht“, ergänzt Almeroth. Die Werkstatt leitet im Anschluss an die Reparatur die Informatio­nen und Daten darüber, dass der Mangel beseitigt wurde, an den Hersteller weiter. Der Fahrzeugha­lter muss sich dann um nichts mehr kümmern. Für ihn ist der Rückruf überstande­n.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE Nachsitzen bitte! Manche Rückrufe sind für Autobesitz­er verpflicht­end.
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FOTO: MCLAREN Super Series von McLaren: Im 720S arbeitet ein V8 mit 720 PS und lässt den Renner bis zu 341 km/ h schnell werden.

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