Trossinger Zeitung

Der Fluch trifft auch Tuchel

Paris St. Germain scheitert wieder im Achtelfina­le – diesmal an sich selbst und am Videoschie­dsrichter

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PARIS (SID/dpa) - Der Blick ging ins Leere, die Stirn lag in Falten, das Kopfschütt­eln wurde bei jeder quälenden Frage heftiger. Und als Thomas Tuchel die Marter endlich hinter sich hatte, wirkte der Asket auf dem Weg aus dem Presseraum noch schmaler als sonst. „Ich brauche ein oder zwei Tage Pause“, gestand der gezeichnet­e Trainer von Paris St. Germain ein. „Ich möchte nach Hause. Ich möchte nicht mehr sprechen und nicht mehr denken.“Als Tuchel nach dem 1:3 (1:2) des französisc­hen Fußball-Serienmeis­ters in der Champions League gegen Manchester United noch dachte und sprach, beschrieb er das völlig unerwartet­e Achtelfina­l-Aus als „entsetzlic­h und grausam“. Obwohl PSG – wie im Hinspiel (2:0) – die bessere Mannschaft war, verpasste der äußerst ambitionie­rte und mit Milliarden aus Katar alimentier­te Club zum dritten Mal in Folge den Viertelfin­aleinzug.

Dennoch muss Thomas Tuchel wohl nicht den Verlust seines Arbeitspla­tzes fürchten. Clubchef Nasser alKhelaifi konnte zwar „nicht verstehen, wie wir gespielt haben“, stärkte dem 45-Jährigen aber den Rücken: „Ich habe Vertrauen in den Trainer und seine Entscheidu­ngen. Wir müssen uns beruhigen, das Ganze analysiere­n und schauen, was der Coach will.“

Tuchel wollte eigentlich nur verstehen, wie das Aus seines Star-Ensembles möglich war. Sein Eindruck der Partie: „Wir haben gut gespielt, wir haben hoch verteidigt, wir haben das Spiel total kontrollie­rt.“

Stimmt. Zudem hatte UnitedTeam­manager Ole Gunnar Solskjaer („Wir glauben immer an uns“) auf- grund von Verletzung­en und Sperren sein letztes Aufgebot auf den Platz geschickt. Die Not-Elf, die auf zehn Stars verzichten musste, brachte nur vier Schüsse auf den Kasten von PSG-Torwart Gianluigi Buffon zustande – drei waren drin. Videobewei­s-Elfmeter entscheide­t Das erste Gegentor verschulde­te der deutsche Nationalsp­ieler Thilo Kehrer (2. Minute), das zweite Buffon (30.). Beide Male bedankte sich der belgische Stürmersta­r Romelu Lukaku. Passend zum „elenden Aus“, wie es die Sportzeitu­ng „L’Equipe“nannte, fiel der entscheide­nde Treffer erst in der vierten Minute der Nachspielz­eit. Marcus Rashford verwandelt­e einen Elfmeter nach einem Handspiel von Presnel Kimpembe. Rashford sorgte dafür, dass Manchester zum ersten Club in der Königsklas­sen-Geschichte wurde, der nach einer Heim- niederlage mit mindestens zwei Toren Unterschie­d noch weiterkam.

Schiedsric­hter Damir Skomina aus Slowenien hatte zunächst nicht auf Strafstoß erkannt, änderte seine Meinung aber nach dem Videostudi­um. Obwohl Thomas Tuchel von einer „grausamen Entscheidu­ng“sprach, blieb der Trainer fair. „Ich bin ein großer Unterstütz­er des Videobewei­ses – und das bleibe ich auch“, sagte er. „Ich hatte den Eindruck, dass der Schuss über das Tor gegangen wäre. Deshalb tut es brutal weh.“

Im Gegensatz zu Tuchel gab der verletzte Pariser Superstar Neymar den Schiedsric­htern die Schuld am Scheitern. „Es ist eine Schande“, schimpfte der Brasiliane­r. „Die setzen vier Typen hin, die keine Ahnung vom Fußball haben und sich das Spiel in Zeitlupe anschauen.“Ans Ende seines Eintrags bei Instagram stellte Neymar eine nicht jugendfrei­e Beschimpfu­ng. Tuchel wiederum bat um Nachsicht für Neymar: „In der Hitze des Gefechts“, erklärte er, „sagt man Sachen, die man ein paar Stunden später wieder zurücknimm­t.“ Clubchef wittert Verschwöru­ng Nasser al-Khelaifi nahm nichts zurück, für ihn haben Pfiffe gegen seinen Club sogar System. „Es ist so einfach, gegen PSG zu entscheide­n“, sagte er. „Gegen andere Clubs ist es viel schwerer.“

Derlei Verschwöru­ngstheorie­n wollte sich Thomas Tuchel nicht anschließe­n. Der Coach suchte die Fehler bei seinen Spielern. „Es war klar, dass wir bestraft werden können, wenn wir nicht treffen“, sagte er. „Sie haben drei Tore erzielt – ohne anzugreife­n. Das ist schwer zu analysiere­n. Vielleicht ist es unmöglich.“ Paris SG – Manchester U. 1: 3 ( 1: 2) Paris: Buffon - Kehrer ( 70. Paredes), Thiago Silva, Kimpembe - Dani Alves ( 90.+ 5 Cavani), Marquinhos, Verratti, Bernat - Draxler ( 70. Meunier), Mbappe, Di Maria. – Manchester: De Gea - Lindelöf, Bailly ( 35. Diogo Dalot), Smalling, Shaw - McTominay - Young ( 87. Greenwood), Fred - Pereira ( 80. Chong), Lukaku, Rashford. – Tore: 0: 1 Lukaku ( 2.), 1: 1 Bernat ( 12.), 1: 2 Lukaku ( 30.), 1: 3 Rashford ( 90.+ 4, Handelfmet­er nach Videobewei­s). – Zuschauer: 47 441.

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FOTO: AFP Die Entscheidu­ng: Manchester­s Marcus Rashford behält die Nerven und verwandelt den nach Videobewei­s gegebenen Handelfmet­er in der Nachspielz­eit gegen PSG- Torhüter Gianluigi Buffon.
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FOTO: AFP Thomas Tuchel

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