Von Kalauer bis tiefschürfend
Beim Satirischen Jahresrückblick „Linsen, Spätzle, Saitenwurst“geht es um die „Klopper“
TROSSINGEN – „Wer zuletzt lacht…“: Unter diesem Motto steht die elfte Ausgabe des satirischen Jahresrückblicks, mit dem das Duo Anika Neipp und Frank Golischewski dieser Tage das Kesselhaus füllt.
Kalauer und tiefschürfende Betrachtungen, anrührender Gesang und eine treffsicher zusammengestellte Bilderparade: Von Trossingen über Stuttgart und Berlin hinaus in die weite Welt führten die die beiden ihr Stammpublikum. Anika Neipp, gebürtige Trossingerin, und Frank Golischewski, der hier verwurzelte Bottroper, wissen wo es brennt. Und sie scheuen sich nicht, mit spitzen Zungen darauf hinzuweisen. Zunächst schoss das Duo einige Breitseiten quer über den Platz in Richtung Trossinger Rathaus ab. Den dort stattfindenden „jede Menge Wechsel“haben die beiden Chronisten so genau im Auge wie die Abgase des städtischen Amts-Diesels in der Nase. Über die explodierenden Renovierungskosten für das Naturbad Troase glitt das Thema locker zum Klimawandel. Anika Neipp stellte einen Teller mit aus aller Welt importierten Früchten auf den Tisch und „Goli“beschwor die Vorteile eines klimaneutralen Lebens. Da war es nicht weit bis zur „systemrelevanten Biene“Julia Klöckners. Zustimmendes Gemurmel im Saal unterstrich die warnenden Worte.
Auch der Schritt von den verschwundenen Insekten zu den vergesslichen Pädophilen in der katholischen Kirche gelang dem Duo mühelos. „Goli“, der in seiner Jugend Messdiener war, hatte hierzu besonders markante Worte und Bilder parat.
Für viele Fans der unter dem Titel „Linsen, Spätzle, Saitewürscht“bekannten Kabarettabende ist ein Kalenderjahr erst dann abgehakt, wenn Neipp und Golischewski es kritisch durchgehechelt haben. Unter anderem mit einer Auflistung von Schlagzeilen aus dem vergangenen Jahr: „Klopper“, wie Neipp sagte, die man nur in Drei-Monats-Häppchen verdauen konnte.
Still war es im Kesselhaus während der „Nekrologe“, in denen Genies, Stars und Publikumslieblingen gedacht wurde, die sich 2018 von dieser Welt verabschiedet hatten. Ob jung wie Daniel Küblböck oder 101 Jahre alt wie Nancy Sinatra Sr. Anika Neipp sang „O mein Papa“, so publikumswirksam wie einst die Schweizer Diva Lys Assia, und Golischewski ließ mit „La Bohème“die Erinnerung an Charles Aznavour aufblühen. Sogar ein Vierbeiner wurde betrauert: Der rothaarige Kater „Tarzan“, König des Hohnerareals, hat 2018 das letzte seiner neun Leben ausgehaucht.
Dass Lachen ansteckend ist, zeigte sich, als Neipp und Golischewski dieses menschliche Phänomen durchleuchteten und kategorisierten: vom amüsierten Glucksen über wilde Zwerchfellhopser bis zum großen Brüller.
Protest gab es nur einmal aus dem Publikum: Als Anika Neipp erläuterte, was sie unter „Kaffee. Schwäbisch“versteht: „Älles nei, was nix koschd“. Ansonsten stimmte das Publikum den satirischen Betrachtungen über Peinlichkeiten wie S21 und dem Berliner Irgendwann-mal-Flughafen, Söders neuen Kreuzzügen und dem Hickhack über den Brexit zu.
Überaus amüsant der Ausflug in den Bereich von „Jugendsprech“und die Bilderstrecke über Donald Trumps Händeschüttelei. Nur Emmanuel Macron scheint ihm da gewachsen … Viel Beifall gab es auch für das zweideutige Chanson aus Golischewskis Feder, in dem sich Neipp mit dem Schicksal ihres Bauchs auseinandersetzte.
Gerne hätten die Besucher noch eine richtige Zugabe bekommen, doch es blieb bei der Wiederholung des „Lachlieds“. Für die zwei Aufführungen am Sonntag, 11 und 16 Uhr, gibt es noch Restkarten. Das Kesselhaus serviert die schwäbische Nationalspeise Linsen, Spätzle, Saitewürscht. Auberlehaus,