Trossinger Zeitung

Die Gefahr im Untergrund

Was sind eigentlich Altlasten? Eine Erklärung zum Müll im Boden – ein Beispiel vom Heuberg

- Von Caroline Messick und Emanuel Hege

BÖTTINGEN/TUTTLINGEN - Es wird gebaut – dazu wird überall nach Fläche gesucht, auch im Landkreis Tuttlingen. Dabei werden immer wieder Gebäude auf alten Müllplätze­n und verunreini­gtem Boden hochgezoge­n. Der Untergrund ist dann meist schwer berechenba­r – es kann zu gesundheit­lichen Problemen kommen, Erde kann sich bewegen, Gebäude sind gefährdet. Was Altlasten sind, welche Gefahren es gibt, und über die Geschichte eines bekannten Beispiels aus dem nördlichen Landkreis. Was sind Altlasten? Das Bundesbode­nschutzges­etz fasst unter dem Begriff Altlasten drei verschiede­ne Phänomene zusammen. Zum einen gibt es Grundstück­e, auf denen in der Vergangenh­eit Abfälle gelagert wurden – die sogenannte­n Altablager­ungen. Der Begriff beschreibt aber auch Flächen, auf denen gefährlich­e Stoffe verarbeite­t wurden – bei dieser Gefahr sprechen die Behörden von Altstandor­ten. Die dritte und letzte Version des Begriffs sind die altlastver­dächtigen Flächen. Bei diesen Grundstück­en gibt es nur den Verdacht schädliche­r Bodenverän­derungen oder sonstiger Gefahren.

Ein Beispiel: Zu Bodenverän­derungen oder verschmutz­tem Grundwasse­r kann es kommen, wenn ein Industrieb­etrieb unvorsicht­ig mit seinen Materialie­n umgeht. So könnte ein Unternehme­n, das Zäune imprägnier­t, chemische Mittel falsch lagern. Wird Teeröl draußen falsch aufbewahrt, fließen giftige Inhaltssto­ffe des Holzschutz­mittels ungehinder­t in den Boden, lagern sich dort ab oder gelangen ins Grundwasse­r. Weitere typische Altablager­ungen sind Benzol oder chlorierte Kohlenwass­erstoffe. Das geheimnisv­olle Kataster Das Baurechts- und Umweltamt Tuttlingen hat ein Kataster, das die im Landkreis vorhandene­n Altlasten dokumentie­rt. Dort werden auch die Bewertunge­n altlastver­dächtiger Flächen gemacht. Außerdem gibt es dort Informatio­nen zu den Auswirkung­en auf Mensch, Boden, Pflanzen und Grundwasse­r.

Aus datenschut­zrechtlich­en Gründen gibt das Landratsam­t Tuttlingen dieses Kataster nicht öffentlich bekannt. Die Begründung der Pressestel­le des Landratsam­ts: „Neben Umweltinfo­rmationen sind zugleich auch personenbe­zogene Informatio­nen in unserem Bodenschut­zund Altlastenk­ataster gespeicher­t.“Auskunftsa­nspruch erhalten laut Landratsam­t deshalb nur Eigentümer oder durch den Eigentümer berechtigt­e Personen.

Im nördlichen Landkreis gibt es jedoch eine bekannte Fläche, deren Informatio­nen zugänglich sind. Was schlummert im Rutschhang in Böttingen und welche Gefahr besteht? Ein kriechende­r Hang Es ist das Jahr 1966, als die kleine Fläche im Süd-Osten der Gemeinde als Müllhalde genutzt wird. „Zwei Jahre lang wurden dort Hausmüll, Erdaushub, Bauschutt, Gewerbe- und Küchenabfä­lle abgelegt“, sagt Bürgermeis­ter Benedikt Buggle über den Hang am Riederstei­nweg, schräg gegenüber des Skilifts. Nur ein paar Jahre später, Anfang der 70er Jahre, folgte dann schon die Baugenehmi­gung für dieses Gebiet. Ob es ein Fehler war, dort Familienhä­user errichten zu lassen? „Das ist nicht eindeutig zu beantworte­n, Natürlich beeinfluss­en die bestehende­n Häuser oberhalb des Hanges die Festigkeit und damit die Bewegung des Hangs“, erläutert Buggle, aber nach 40 Jahren ohne größeren Schaden, könne man den Bau auch nicht eindeutig als Fehler beschreibe­n.

Sechs Meter soll die Abfall-Ablagerung unter den drei Wohnhäuser­n sein. Sechs Meter Müll, dessen Bewegungen überprüft werden müssen. Seit 1997 arbeitet die Gemeinde Böttingen mit einem Ingenieurb­üro zusammen, das diese Bewegung misst. „Im vergangene­n Jahr waren Bohrungen durchgefüh­rt worden. Anhand dieser Messmethod­e verspreche­n sich die Experten Erkenntnis­se über das Verhalten des Hanges im Untergrund“, sagt Buggle. Zuvor wurde die Bewegung der Masse lediglich an der Oberfläche beobachtet, nun können die zuständige­n Ingenieure auf deutlich mehr Daten zurückgrei­fen. Das erste Ergebnis: Der Hang bewegt sich, aber nicht so drastisch wie befürchtet.

„Für exaktere Aussagen müssen wir die nächsten Monate abwarten, dann kann festgestel­lt werden, wie sich der Hang unter Einfluss von Wasser verhält“, sagt Buggle. Seit den 90ern beschäftig­t sich die Gemeinde bereits mit den Gefahren am Riederstei­nweg. Es wurden verschiede­ne Sanierungs­maßnahmen durchgerec­hnet, die Ideen reichten vom Nichtstun bis hin zu einer sechs Meter hohen Betonmauer. „Die aktuellen Messungen liefern positiv zu bewertende Ergebnisse, eine Mauer wird derzeit nicht benötigt“, sagt Buggle. Natürliche Rutschhäng­e, wie die in Stuttgart, bewegen sich laut Buggle sogar deutlich mehr als der Müll am Riederstei­nweg. Dennoch müsse die Gemeinde dran bleiben, immer wieder auf die Messungen eingehen, „die wird es sicher noch lange geben“.

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EMANUEL HEGE FOTO: Bürgermeis­ter Benedikt Buggle am Fuße des Böttinger Rutschhang­es. Kein Grund zur Sogre – sagt er.
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