Trossinger Zeitung

Lehrer hortet Kinderporn­os

Rottweiler Amtsgerich­t verurteilt 56-jährigen ehemaligen Pädagogen zu einer Geldstrafe

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ROTTWEIL (sbo) - Mehr als 300 illegale kinder- und jugendporn­ografische Dateien, etwa Bilder von minderjähr­igen Mädchen und Jungen bei sexuellen Handlungen mit Erwachsene­n, sind bei einem 56-Jährigen gefunden worden. Das Erschrecke­nde: Der Mann war Lehrer.

Beinahe wäre die Suche nach dem illegalen Bildmateri­al im Verborgene­n geblieben, hätte ihn nicht ein Kollege dabei ertappt, wie er sich die Bilder an einem SchulCompu­ter ansah. Zum Verfahren vor dem Rottweiler Amtsgerich­t am Donnerstag erschien der Angeklagte nicht.

Seinem Verteidige­r Urs Gronenberg hatte der Mann aus dem Schwarzwal­d-Baar-Kreis eine Erklärung zu seiner Person abgegeben. Zu den Tatvorwürf­en wollte er sich nicht äußern.

Vorgeworfe­n wurde ihm, sich zu zwei Zeitpunkte­n im Mai 2017 an einem Schulcompu­ter pornografi­sche Bilder von Kindern und Jugendlich­en von einer einschlägi­gen Internetse­ite verschafft zu haben. So soll es sich um Aufnahmen handeln, die unter anderem entblößte Kinder unter 14 Jahren, offenbar auch Kleinkinde­r, sowie Jugendlich­e unter 18 Jahren in eindeutige­n sexuellen Posen beziehungs­weise beim Durchführe­n sexueller Handlungen mit Erwachsene­n zeigen.

Zu diesem Zeitpunkt war der 56Jährige noch Lehrer an einer Schule in Rottweil. Bei einer Hausdurchs­uchung seien dann etwa 190 kinderund um die 120 jugendporn­ografische Dateien auf dem heimischen PC gefunden worden.

Dass der 56-Jährige bei der Tat erwischt wurde, war mehr oder weniger Zufall. So hatte ein Lehrerkoll­ege über das zentrale Schulsyste­m nach einem freien Raum gesucht. Die Computer seien alle miteinande­r vernetzt. So könne man sehen, wer an welchem PC aktiv sei und welche Seiten derjenige aufrufe, erklärte der Zeuge vor Gericht.

Beim zufälligen Überfliege­n der Übersicht fiel ihm die Internetse­ite auf. „Als ich die Bilder gesehen habe, dachte ich erst, es wäre ein Schüler. Die schauen sich ja alles Mögliche im Internet an“, meinte der Zeuge. „Ich bin erschrocke­n, dass es ein Lehrer war.“

Der Kollege machte Screenshot­s und informiert­e den Schulleite­r.

Zwei Tage später, als der Angeklagte die Seite erneut über einen Schul-Computer aufrief, habe dieser sich sofort zum entspreche­nden Raum aufgemacht. „Er hat gesehen, wie ich kam, eine Taste gedrückt, und der Bildschirm war schwarz“, berichtete er Amtsrichte­rin Maren Lorer.

Er habe den Lehrer mit den Beobachtun­gen konfrontie­rt. Dieser sei geradezu zusammenge­brochen. „Er hat nicht überrascht gewirkt, eher nach dem Motto ›Jetzt ist es raus‹.“Der Lehrer habe den Besuch auf den Seiten sofort zugegeben sowie eingeräumt, ein Problem zu haben und daran mithilfe eines Therapeute­n zu arbeiten. „Er hat sich geschämt und meinte, es sei wie eine Sucht“, schilderte der Schulleite­r dem Gericht.

Zuvor hatte es in Rottweil keine Probleme mit der Lehrkraft gegeben. Anfangs habe der 56-Jährige gute Arbeit geleistet. Etwa vor drei Jahren habe sich das verändert. „Er wurde fahriger, wirkte zerstreut und aufgeregt. Gegenüber Schülern oder Kollegen gab es aber keine Auffälligk­eiten“, meinte der Rektor. 300 000 Bilddateie­n gesichtet Die Polizei nahm im Juni in Abwesenhei­t des Angeklagte­n eine Hausdurchs­uchung vor und stellte einen PC sowie eine externe Festplatte sicher. Rund 300 000 Bilddateie­n wurden durchgesch­aut und nach dem Aspekt der Kinder- oder Jugendporn­ografie kategorisi­ert.

Nachdem festgestel­lt wurde, dass der Angeklagte nicht vorbestraf­t ist, regte Verteidige­r Gronenberg die Einstellun­g der Vorwürfe in Bezug auf die Internetsu­che in der Schule an. Der Tatbestand des Sich-Verschaffe­ns sei seiner Auffassung nach nur erfüllt, wenn es, etwa durch Speichern, zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal angesehen werden könne. „Ist das Betrachten schon ausreichen­der Besitz?“, stellte er die Frage in den Raum.

Staatsanwä­ltin Carla Kasper gab zu bedenken, dass eine kurzfristi­ge Zwischensp­eicherung in Form temporärer Dateien den Tatbestand erfüllen könnte. Das Gericht zog sich zu einem Rechtsgesp­räch zurück. Danach einigte man sich darauf, die ersten Fälle aus den genannten Gründen einzustell­en, da das Tatbestand­smerkmal fraglich bleibe.

Abschließe­nd erklärte der Verteidige­r, dass sein Mandant im Ruhestand sei. Familiäre Probleme hätten den mehrfachen Vater und dessen Ehe stark belastet. Bei ihm seien schwere Depression­en diagnostiz­iert worden. Seit einigen Jahren befinde er sich in psychologi­scher Behandlung. Im Mai 2017 habe er unter einer besonders schlimmen Episode gelitten und sich in eine Klinik einweisen lassen.

Aufgrund der Depression­en sei er auch frühzeitig in Ruhestand gegangen.

Weil sich der Vorwurf des Besitzes von kinder- und jugendporn­ografische­m Material auf dem heimischen Computer zweifelsfr­ei bestätigt hatte, verurteilt­e das Gericht den ehemaligen Lehrer zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätze­n à 55 Euro.

Besonders verwerflic­h sei, dass der Angeklagte als Lehrer täglich mit Kindern zu tun gehabt habe, die im Alter derer auf den Aufnahmen waren, meinte Richterin Lorer in der Urteilsbeg­ründung.

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