Trossinger Zeitung

Kandidat

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Der 64-jährige Anwalt Mansur Yavas könnte in der Türkei für ein politische­s Erdbeben sorgen. Zwei Wochen vor der Kommunalwa­hl am 31. März liegt er als Oberbürger­meisterkan­didat für die Opposition in der Hauptstadt Ankara in den meisten Umfragen weit vorn. Die Regierungs­partei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan muss mit einer Niederlage rechnen. Yavas hat etwas geschafft, was für die Opposition in den vergangene­n Jahren unerreichb­ar war: Er wird von vielen als glaubwürdi­ge Alternativ­e zur AKP gesehen.

Erdogan selbst hat die Kommunalwa­hl zur Schicksals­wahl für das Land hochstilis­iert. Sie ist der erste Stimmungst­est für das 2018 eingeführt­e Präsidials­ystem und findet inmitten einer Wirtschaft­skrise statt. Das Land steckt in der Rezession, die Arbeitslos­igkeit liegt bei 13,5 Prozent und ist damit so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Vor diesem Hintergrun­d ist Yavas ein gefährlich­er Gegner für die AKP – weil er kein linker Bürgerschr­eck, sondern als früherer Politiker der rechtsgeri­chteten Partei MHP ein ausgewiese­ner Nationalis­t ist. Das macht ihn für nationalis­tische AKP-Anhänger wählbar, auch wenn er als gemeinsame­r Kandidat der linksnatio­nalistisch­en CHP und der rechtsgeri­chteten IYI Parti antritt.

Wie die Metropole Istanbul wird Ankara seit 1994 von islamisch-konservati­ven Politikern regiert – sollte die AKP den Bürgermeis­terposten in der Hauptstadt verlieren, wäre das ein Zeichen für die zunehmende Unzufriede­nheit der Wähler mit der Politik der Regierungs­partei. Zudem wäre Erdogans Nimbus der Unbesiegba­rkeit dahin. Im Wahlkampf verspricht Yavas den Bürgern, dass er sich vor allem um die Arbeitslos­igkeit und der wachsenden Armut kümmern will. Susanne Güsten

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