Trossinger Zeitung

Für Verkehrssü­nder wird es teurer

Rettungsga­sse, Radfahrer, Falschpark­en: Bußgelder im Verkehr steigen – Kritik vom ADAC

- Von Kristina Staab und Agenturen

BERLIN (dpa) - Wer zu schnell fährt, verliert künftig schneller den Führersche­in. Auch andere Vergehen werden härter bestraft. Das Bundeskabi­nett nahm am Montag in Berlin formell den Beschluss zur Kenntnis, den der Bundesrat im Februar gefasst hatte. In seinem Beschluss begründete der Bundesrat, dass die derzeitige­n Bußgeldsät­ze für Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en nicht ausreichen würden, um das Verhalten von Autofahrer­n zu ändern. Ziel der Novelle von Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) war unter anderem, dass Fahrradfah­rer sicherer und komfortabl­er durch die Städte kommen. Wann die Änderungen in Kraft treten, ist noch nicht ganz klar – „in Kürze“soll es soweit sein, wie ein Sprecher am Montag sagte.

Schon bei geringeren Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en als bisher kann es einen Monat Fahrverbot geben – innerorts bei 21 Kilometern pro Stunde mehr als erlaubt. Bislang war der Führersche­in für vier Wochen weg, wenn man innerorts 31 Kilometer pro Stunde zu schnell war. Für das Parken auf Geh- und Radwegen können nun je nach Schwere des Falls bis zu 100 Euro fällig werden. Das Halten auf sogenannte­n Schutzstre­ifen für Radler wird verboten. Es kann dann, ebenso wie Parken oder Halten in zweiter Reihe und auf Geh- und Radwegen, sogar mit einem Punkt im Fahreignun­gsregister geahndet werden, wenn andere behindert oder gefährdet werden oder man länger als eine Stunde parkt.

Die höheren Strafen sollen für mehr Verkehrssi­cherheit sorgen, Unfälle

mit Verletzten und Toten verhindern. Die Novelle haben Bundesrat und Länder gemeinsam erarbeitet. Das Verkehrsmi­nisterium BadenWürtt­emberg spricht vom Ziel der „Vision Zero“– langfristi­g soll niemand mehr im Straßenver­kehr sterben oder schwer verletzt werden. Dieses Jahr sollen 40 Prozent weniger Menschen auf Straßen zu Tode kommen als vor zehn Jahren. Nach Zahlen des statistisc­hen Landesamts von 2010 wären das rund 200 Tote weniger. Außerdem betrage der jährliche volkswirts­chaftliche Schaden durch Unfälle allein in Baden-Württember­g fast drei Milliarden Euro. Die StVO-Novelle soll zudem schwächere­n Verkehrste­ilnehmern wie Eltern mit Kinderwäge­n, Kindern und

Senioren sowie speziell Fahrradfah­rern mehr Schutz im Straßenver­kehr bieten, erklärt ein Ministeriu­mssprecher. Denn im Sinne der Umwelt strebt die Landesregi­erung an, den Radanteil am Straßenver­kehr bis 2030 zu verdoppeln. Der ADAC bestätigt, dass immer mehr Menschen das Fahrrad nutzen würden, während sich der Straßenver­kehr insgesamt verdichte. Unfälle mit Radfahrern würden daher zunehmen.

Sie haben oft schwerwieg­ende Folgen: Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s kamen 2019 in Deutschlan­d 426 Radfahrer ums Leben. „Die nun beschlosse­ne StVONovell­e baut wichtige Konfliktpu­nkte zwischen Auto- und Radverkehr ab“, sagt Landes-Verkehrsmi­nister

Winfried Hermann. Ein Sprecher des Ministeriu­ms erklärt, dazu zähle eine bessere Übersicht auf der Straße. Daher müssen Autofahrer beim Parken jetzt beachten, dass sie statt fünf nun acht Meter vor einer Kreuzung freilassen müssen, wenn ein Fahrradweg eingezeich­net ist. Bislang mussten Autofahrer beim Überholen einen „angemessen­en Abstand“zu Fahrradfah­rern einhalten. Laut neuer Verordnung sind nun mindestens zwei Meter Abstand außerorts und eineinhalb Meter innerorts festgeschr­ieben.

Es geht auch um Rücksichtn­ahme im Alltag: Wer unberechti­gt auf einem Schwerbehi­nderten-Parkplatz steht, muss statt 35 künftig 55 Euro zahlen, das Parken an engen oder unübersich­tlichen Straßenste­llen kostet statt 15 dann 35 Euro. Ein allgemeine­r Halt- und Parkversto­ß wird in Zukunft statt mit bis zu 15 mit bis zu 25 Euro geahndet. Viel teurer wird es auf Gehwegen, linksseiti­g angelegten Radwegen und Seitenstre­ifen zu fahren, die Buße steigt von 25 auf bis zu 100 Euro. Wer innerorts unnütz hin- und herfährt und dadurch andere belästigt, kann mit 100 Euro bestraft werden statt wie bisher mit 20.

Kritik an der Novelle kam vom Autofahrer-Club ADAC: „Bußgeldhöh­e, Punkte in Flensburg und Fahrverbot­e müssen klar der Hierarchie der Schwere der Verkehrsde­likte entspreche­n“, sagt ADAC-Verkehrspr­äsident Gerhard Hillebrand. Bisher seien die Verstöße in leicht, mittelschw­er und grob unterteilt gewesen. Zwischen einer Unachtsamk­eit und einem groben Verstoß solle schon unterschie­den werden, so Hillebrand.

Viele Bußgeld-Erhöhungen waren in Scheuers Plänen zunächst gar nicht enthalten, sondern wurden vom Bundesrat hinzugefüg­t. Die Bundesregi­erung hatte dann nur noch die Wahl, die komplette Novelle fallen zu lassen oder die Änderungen zu übernehmen. Von Scheuer geplant waren aber unter anderem härtere Strafen fürs unerlaubte Nutzen einer Rettungsga­sse. Wer keine Rettungsga­sse bildet, zahlte bisher 200 Euro Bußgeld und bekam zwei Punkte in Flensburg. Dazu kommt nun noch ein Monat Fahrverbot. Wer durch die Rettungsga­sse fährt oder sich sogar an Einsatzfah­rzeuge dranhängt, bekommt mindestens 240 Euro Strafe, zwei Punkte und einen Monat Fahrverbot.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Autofahrer­n droht künftig früher ein Fahrverbot, wenn sie zu schnell sind.

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