Trossinger Zeitung

Paar sitzt tagelang auf Fuertevent­ura fest

Coronaviru­s verhindert Rückreise nach Villingen-Schwenning­en

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Viele Menschen hat das Coronaviru­s im Frühjahrsu­rlaub kalt erwischt. Mara G. (Namen von der Redaktion geändert) aus VillingenS­chwenninge­n ist eine von ihnen. Sie und ihr Mann saßen tagelang in einem Hotel auf Fuertevent­ura fest.

Es ist 15 Tage her, als die 27-Jährige und ihr 31-jähriger Mann in den Urlaub fliegen. Zu diesem Zeitpunkt ist das Coronaviru­s zwar bereits in Europa angekommen. Allerdings sind die Fallzahlen - abgesehen von Italien - noch gering. Mara G. ist im fünften Monat schwanger. Ihr Mann Heiko und sie wollen mit der Reise noch Mal ausspannen, ehe das Kind kommt. „Als wir losgefloge­n sind, war das Thema schon recht aktuell. Aber wir hätten nicht gedacht, dass sich die Lage so schnell verschlimm­ert in ganz Europa“, erinnert sich Mara G..

Angekommen auf Fuertevent­ura, sieht erst einmal alles nach einem erholsamen Urlaub aus. Das Hotel ist voll, die Sonne scheint, die beiden unternehme­n auf der Insel Ausflüge mit einem Mietwagen. Gleichzeit­ig lesen Mara und Heiko jeden Tag auf ihren Smartphone­s Nachrichte­n. „Am vierten Tag haben wir gemerkt: Die Lage spitzt sich zu“, berichtet Mara G. Diese Vermutung bestätigt sich direkt am nächsten Tag: Der Hotelmanag­er sucht alle Gäste einzeln auf und erklärt, dass sie die Hotelanlag­e nicht mehr verlassen dürfen. An den Pool dürfen die Urlauber jedoch weiterhin. Vorerst.

Doch zwei Tage später ist auch damit Schluss. Die Sonnenlieg­en werden weggeräumt, der Pool abgesperrt, alle Hotelresta­urants bis auf eines geschlosse­n. „Dann waren wir im Hotelzimme­r gefangen“, so Mara G. Außerdem werden auf dem Gelände Security-Männer mit Schlagstöc­ken postiert - „das war ein echt komisches Gefühl“. Drei Mal täglich darf das Paar aus Villingen-Schwenning­en im Hotelresta­urant essen. Ansonsten ist nur noch der Gang zum Supermarkt direkt neben der Hotelanlag­e erlaubt. „Vor dem Hotel sind Autos mit Sprechanla­ge rumgefahre­n. In verschiede­nen Sprachen wurde immer wieder gesagt: ‘Gehen sie nicht raus, bleiben sie drin.‘ Das war total gruselig“, berichtet die 27Jährige.

Also heißt es Lesen, Schlafen, Essen, Fernsehen und am Smartphone „Daddeln“. Und zwischendu­rch sucht das Paar, das keine Pauschalre­ise gebucht hat, immer wieder einen Weg, früher heimzukehr­en. „Das war aussichtsl­os“, sagt Mara G.. Die

Flüge seien komplett ausgebucht gewesen. Deshalb melden sich die beiden bei der deutschen Botschaft und lassen sich auf eine Liste des Auswärtige­n Amtes setzen. Eine Rückmeldun­g bekommen sie erst nach Tagen. Die Botschaft bietet einen Flug am Samstag an - an dem Tag, an dem die beiden ohnehin schon einen Platz in ihrer ursprüngli­ch gebuchten Maschine haben.

Im Hotelzimme­r zu sitzen, während draußen Ausgangssp­erre ist, das sei schon ein komisches Gefühl gewesen. Mara G. sagt: „Man fühlt sich einerseits gefangen. Anderersei­ts habe ich mir immer versucht klarzumach­en: Wir haben ein schönes Hotel, es ist schönes Wetter. Wir können auf unsere Zimmerterr­asse. Das ist eine Luxussitua­tion.“Trotzdem habe sie nicht abschalten können und sich viele Sorgen gemacht. Sorgen darüber, was wäre, wenn ihr Mann und sie nicht mehr von der Insel wegkommen würden. Gedanken darüber, wie die lokale Gesundheit sversorgun­g vor Ort ist. Und natürlich, ob mit dem Baby alles gut geht.

Bis zu ihrem Abflug wird das Hotel jeden Tag leerer, am Ende sind nur noch knapp 30 Gäste da. Das Hotelperso­nal ist währenddes­sen freundlich und bemüht. Nur die Essensqual­ität wird immer schlechter. „Vermutlich haben die nicht mehr frisch gekocht“, meint Mara G.. Sie habe sich wegen der Schwangers­chaft kaum mehr getraut, die Gerichte zu essen.

Als der Tag ihres Rückfluges kommt, sitzen die Doppelstäd­ter wie auf heißen Kohlen. Bis zuletzt sind sie nicht sicher, ob alles gut gehen wird. Andere Hotelgäste sind verzweifel­t, denn das Hotel schließt und sie wissen nicht wohin. Die Stimmung am Flughafen ist dann „komisch“, alle Geschäfte sind mit Bändern abgesperrt. Außerdem sind viele Reisende mit Atemschutz­masken, Schals und Co. vermummt. So geht es auch im Flieger weiter. Das Boardperso­nal verteilt Lunchpaket­e, ansonsten gibt es keinen Service. Mara G. erinnert sich, wie die anderen Passagiere merklich zurückgewi­chen seien, wenn jemand zum WC ging.

Am Stuttgarte­r Flughafen ist es dann „wie ausgestorb­en“. Es wird kein Fieber gemessen, niemand weist sie auf besondere Bestimmung­en hin. Die beiden holen ihre Koffer und steigen in ein Taxi, das sie zu ihrem Auto bringt. Danach geht es nach Hause. „Erst auf dem Sofa konnten wir begreifen: Es hat alles geklappt, wir sind gesund, alles ist gut.“

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