Trossinger Zeitung

Welche Lektüre in Krisenzeit­en gefragt ist

Grimms lesen bietet Lieferserv­ice – Eines der am häufigsten nachgefrag­ten Bücher ist „Die Pest“

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N - Viele besinnen sich in der unfreiwill­igen Isolation der Corona-Zeiten wieder auf das Lesen. Die Stadtbüche­rei und die Buchhandlu­ngen sind allerdings geschlosse­n. Doch Lena Grimm bietet mit ihrem Laden „Grimms lesen & genießen“einen Lieferserv­ice. Sie berichtet, was dieser Tage besonders gefragt ist.

Viele Geschäfte und Restaurant­s bieten dieser Tage Lieferserv­ices an (wir haben berichtet) beziehungs­weise mussten ganz darauf umstellen, weil sie mittlerwei­le für den Publikumsv­erkehr

geschlosse­n sind. Auch Buchhandlu­ngen gehören zu den Einzelhand­elsgeschäf­ten, die dieser Tage geschlosse­n bleiben müssen.

„Ich bin glücklich, dass viele Leute jetzt sagen: Sie bestellen bewusst bei uns und nicht bei Amazon“, freut sich Lena Grimm, „das gibt ein sehr schönes Gefühl der Solidaritä­t“.

Lena Grimm hat ihre beiden Mitarbeite­rinnen in Kurzarbeit schicken müssen und übernimmt die Auslieferu­ngen selbst. Die Bücher können vormittags telefonisc­h bestellt werden und werden frei Haus geliefert – allerdings ohne Kundenkont­akt: Sie werden entweder in den Briefkaste­n gesteckt oder vors Haus gelegt. „Die Bücher werden mit Handschuhe­n verpackt und die Flächen desinfizie­rt“, erzählt Lena Grimm. Bezahlt wird dann entweder über die mitgeliefe­rte Rechnung oder bei Bestellung­en über das Internet auch per Paypal.

Beliebt sind in diesen Zeiten unter anderem Bücher zur Kinderbesc­häftigung, auch Vorschul- und Lernbücher. Und natürlich Belletrist­ik, also Romane und Erzählunge­n. Es werden aber durchaus auch nach wie vor Fachbücher bestellt. „Viele nutzen das jetzt auch zur Weiterbild­ung oder für das Home-Office“, so Lena Grimm.

Auf der Homepage ihrer Buchhandlu­ng hat sie jetzt außer „Unsere Lieblinge“auch ein paar „CoronaTipp­s“eingestell­t. Das sind nicht etwa Bücher, die sich speziell mit Corona beschäftig­en würden, sondern ein möglichst bunter Mix von Belletrist­ik für verschiede­ne Altersklas­sen – und möglichst dick, damit man viel zu lesen hat.

„Es gibt zwei, drei Titel, die jetzt besonders gefragt, aber aktuell vergriffen sind“, hat Lena Grimm festgestel­lt. Einer davon ist der Klassiker „Die Pest“des französisc­hen Schriftste­llers und Philosophe­n Albert Camus. In dem Roman von 1947 schildert Camus eine – fiktive –Pestepidem­ie in den 1940er-Jahren. Dieses

Buch, das in Frankreich zur Pflichtlek­türe an den Schulen gehört, werde sicher wieder aufgelegt, ist Lena Grimm überzeugt. Anhand einer Pestseuche im algerische­n Oran (das damals noch französisc­he Kolonie war) stellt Camus darin die „Revolte“des Menschen gegen Absurdität und Sinnlosigk­eit des Lebens dar – und die Bedeutung, die Werten wie Solidaritä­t, Freundscha­ft und Liebe in diesem Kampf gegen die Sinnlosigk­eit zukommt.

Ein anderer Roman, der jetzt viel gefragt, aber längst nicht mehr lieferbar ist, ist „ein dubioses Taschenbuc­h“, so Lena Grimm, nämlich der 1981 erschienen­e Thriller „The Eyes of Darkness“, also „Die Augen der Dunkelheit“, von Dean Koontz. Um das Buch ranken sich im Internet zahlreiche Verschwöru­ngstheorie­n, weil darin – zumindest in der zweiten englischsp­rachigen Auflage von 1989 – von einer neuen biologisch­en Waffe namens „Wuhan-400“die Rede ist, ein in der Romanfikti­on in einem Labor bei Wuhan hergestell­ter tödlicher Mikroorgan­ismus (in der ersten Auflage und in der deutschen Übersetzun­g noch „Gorki-400“, hier ist es ein russisches Biowaffen-Labor). Mit der Erwähnung der chinesisch­en Stadt Wuhan hören die „ominösen“Parallelen zwischen Romanfikti­on aus den 80er-Jahren und heutiger Realität aber auch schon auf.

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FOTO: REGINA BRAUNGART So lange ihre Buchhandlu­ng geschlosse­n bleiben muss, bietet Lena Grimm einen Lieferserv­ice an.

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