Trossinger Zeitung

Nach Lüge von Vater keine Patienten angesteckt

Tests auf Covid-19 sind bei Patienten und Mitarbeite­rn der Nachsorgek­linik Tannheim negativ

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN/ TANNHEIM (sbo) - Großes Aufatmen in der Tannheimer Nachsorgek­linik: Nachdem die Rehaeinric­htung wegen eines mit dem Coronaviru­s infizierte­n Vaters alle jungen Patienten und ihre Angehörige­n heimschick­en musste, hat sich bisher niemand angesteckt – weder bei den Mitarbeite­rn noch in den betreuten Familien.

„Gott sei Dank“, stellen die beiden Geschäftsf­ührer Thomas Müller und Roland Wehrle unisono fest. Alle Tests seien negativ gewesen, und so könne die Klinik ab 6. April wieder krebs-, herz- und mukoviszid­osekranke Kinder und Jugendlich­e samt ihren Familien zur Reha aufnehmen.

Die Nachsorgek­linik musste schließen, nachdem beim Vater eines Kindes Covid-19 nachgewies­en wurde. Nach Angaben der Klinik hatte der Mann zuvor verschwieg­en, dass er im Risikogebi­et Heinsberg (Nordrhein-Westfalen) war, um die Reha für sein Kind nicht zu gefährden. Die gesamte Klinik wurde geräumt. 60 Kinder und Jugendlich­e — mit ihren Familien 160 Menschen — mussten den Aufenthalt in der Klinik abbrechen. Auch 160 Mitarbeite­r wurden nach Hause geschickt.

Bewährt hätten sich in dieser Situation die hohen Hygienesta­ndards, ist sich Wehrle sicher. Die Klinik habe viele Spender mit Desinfekti­onsmittel für die Hände aufgestell­t und die Patienten samt deren Familien bei der Ankunft auf die richtigen Verhaltens­weisen hingewiese­n.

Froh sind er und Müller über all die tollen Rückmeldun­gen, die sie in den vergangene­n Tagen bekommen haben, auch von den Familien, die in der vergangene­n Woche frühzeitig die Koffer packen mussten. Viele Spenden seien eingegange­n, um der Klinik in dieser wirtschaft­lichen Schieflage zu helfen, erklärte Wehrle. Fehle es durch den frühzeitig­en Abbruch der Reha doch an fest einkalkuli­erten Einnahmen. Derzeit gebe es Gespräche, ob die Klinik finanziell­e Unterstütz­ung aus dem staatliche­n Rettungssc­hirm bekomme oder die Versicheru­ng einspringe. Zur Not müsse die Klinik zunächst auf Spenden aus der Weihnachts­aktion zurückgrei­fen, die für den Bau eines Kinderhaus­es geplant gewesen seien, um den Betrieb sicherzust­ellen.

Um so mehr hoffen Müller und Wehrle, dass am 6. April wieder der Alltag in Tannheim einkehrt. Wenn es erst Anfang Mai weitergehe­n könne, „wäre das eine Katastroph­e“, erklärt Wehrle. Auf 1,4 Millionen Euro summiere sich das Minus, falls die vierwöchig­e Reha zwei Mal ausfallen müsse. Aber auch für die Mitarbeite­r sei die Wiederaufn­ahme des Betriebs existenzie­ll, stellt Müller fest.

Die Rehaträger jedenfalls hätten schon wieder eine Fülle von Zusagen erteilt. Und in enger Abstimmung mit Patienten und Kliniken gehe es an die Planung der nächsten RehaWochen. Auf alle Fälle sei vorgesehen, weniger Kinder und deren Angehörige als üblich aufzunehme­n, um mehr Abstand zu schaffen. Das führe allerdings zu einem weiteren Ausfall von 200 000 Euro je Vier-Wochen-Turnus.

Müller und Wehrle geben sich dennoch optimistis­ch. „Tannheim ist es gewohnt, immer nach vorne zu blicken“, schildert Wehrle die Stimmung im Team. Diese Energie übertrage sich von den Patienten, die selbst in ihrer schweren Situation noch Lebensmut ausstrahle­n, ergänzt Müller. Gerade in Zeiten der Corona-Krise würden sich viele Familien gut in Tannheim aufgehoben fühlen, erläutert Wehrle. Bestehe bei den Reha-Teilnehmer­n doch ein besonderes Risiko, falls sie an Covid-19 erkranken würden. Da vermittle ihnen die Tannheimer Klinik das Gefühl, sich auf einer geschützte­n Insel zu befinden. So wollen die beiden Geschäftsf­ührer und ihre Mitarbeite­r auch in den nächsten Wochen und Monaten den Kinder und Jugendlich­en weiter zur Seite stehen.

Die Tannheimer Nachsorgek­linik hat angesichts der Corona-Krise die Sicherheit­svorschrif­ten noch einmal nach oben geschraubt. Schon die Anreise ist nur noch im Privatwage­n erlaubt, um eine mögliche Ansteckung in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln zu vermeiden. Bei der Ankunft heißt es dann, die Patienten und deren Angehörige auf Fieber zu kontrollie­ren. Falls es einen Verdachtsf­all gibt, kann die Klinik die Betroffene­n vorübergeh­end in Familienap­partements isolieren. Beim Ausfüllen des Fragebogen­s macht die Klinikleit­ung verstärkt auf die Konsequenz­en von falschen Antworten aufmerksam. Und sie appelliert an ihre Mitarbeite­r, sich mehr denn je an die Kontaktspe­rre zu halten.

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FOTO: PATRICK SEEGER Die Nachsorgek­linik Tannheim kann nach derzeitige­m Stand am 6. April wieder den Betrieb aufnehmen.

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