Trossinger Zeitung

Institutio­nen der Gottes- und der Nächstenli­ebe

Die Theresieng­emeinde im Krieg und danach (2. Teil) – Krankenpfl­egeverein und „Kinderschu­le“entstehen

- Von Walter Haas

TROSSINGEN - Aus der Pfarrchron­ik des damaligen Stadtpfarr­ers Johannes Abele berichten Walter Haas heute über eher erfreulich­e Geschehnis­se im 2. Weltkrieg und danach.

Die Firmung von Kindern der Theresieng­emeinde fand im vierjährig­en Rhythmus in der Kirche in Deißlingen statt; Trossingen gehörte bis in die 1970er-Jahre zum Dekanat Rottweil. Infolge der schwierige­n Verkehrsve­rhältnisse, wie Stadtpfarr­er Abele schreibt – und er meint damit wohl die Gefahr von Luftangrif­fen –, fand die erste Firmung in der Theresieng­emeinde am 7. Juli 1943 in Trossingen statt. Dabei waren auch die Firmlinge aus Weigheim, Gunningen und Durchhause­n. Insgesamt wurden 148 Kinder gefirmt, davon 62 aus Trossingen.

Gegen Ende des Krieges, genau vor 75 Jahren, im März 1945, wurde in Trossingen in der Friedenssc­hule und in der evangelisc­hen KinderIn schule ein Reservelaz­arett eröffnet. Bis zu 400 Betten standen für Verwundete zur Verfügung. Stadtpfarr­er Abele betreute als Lazarettge­istlicher die Soldaten und nahm die Beerdigung von fünf im Lazarett verstorben­en Schwerverw­undeten vor.

Die Betreuung der verwundete­n Soldaten lag in den Händen von 15 katholisch­en Ordensschw­estern – Franziskan­erinnen vom Kloster Gengenbach. Mit ihren seinerzeit noch auffallend großen, weißen Hauben waren sie für die Trossinger ein ungewohnte­r Anblick. „Aber bald hatten sich die Trossinger auch an diesen Anblick gewöhnt“, schreibt Stadtpfarr­er Abele.

Offenbar reifte in der Theresieng­emeinde der Plan, in Trossingen für die Gemeinde eine katholisch­e Schwestern­station zu errichten. Abele selbst reiste zu einem Gespräch nach Gengenbach und kam mit der Zusage zurück, dass für Trossingen zwei Ordensschw­estern gewährt werden könnten.

der Tuningerst­raße wurde eine Drei-Zimmer-Wohnung angemietet. Als gegen Ende 1945 das Lazarett aufgehoben wurde, konnte am 1. Dezember 1945 die Schwestern­station mit zwei Schwestern eröffnet werden. Es waren dies die Schwestern Anna Hauger, genannt Schwester Marzellosa, und Magdalena Ganter, genannt Schwester Henrika. Ein Krankenpfl­egeverein wurde gegründet und die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 1946 wurden bereits 828 Patienten bei 6021 Hausbesuch­en betreut, und dies nicht nur bei katholisch­en, sondern auch bei evangelisc­hen Patienten.

Und ein Drittes darf dankbar in Erinnerung gebracht werden: Am 1. Mai 1946 wurde im Saal unter der Kirche (heute Pfarrbüro) die „Kinderschu­le“eröffnet. Diese wurde zunächst für ein Jahr von einer weltlichen Kindergärt­nerin namens Trude Weckenmann aus Weingarten geleitet. Ein Jahr später entsandte das Kloster in Gengenbach eine dritte

Ordensschw­ester als Leiterin der Kinderschu­le; es war Katharina Wamser, genannt Schwester Salome.

Erstaunlic­h und unüblich an diesen beiden „Gründungen“war die Entsendung von Ordensschw­estern aus einem Kloster im badischen Gengenbach, Erzdiözese Freiburg, in das württember­gische Trossingen, Diözese Rottenburg. Wahrschein­lich hatte Johannes Abele einen nachhaltig positiven Auftritt in Gengenbach.

Nachdem immer mehr Jungmänner aus der Gefangensc­haft heimgekehr­t waren, konnte am 26. Februar 1947 der „Gesellenve­rein“(heute Kolpingsfa­milie) nach elfjährige­r Verbotspau­se wieder gegründet werden.

Stadtpfarr­er Abele schließt seine Chronik mit dem Wunsch, es möge Gottes- und Nächstenli­ebe in der Gemeinde wachsen, wie es die Schutzpatr­onin der Kirche, die große Heilige der Gotteslieb­e, Theresia vom Kinde Jesu, durch das Beispiel ihres Lebens verkündet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany