Trossinger Zeitung

Windkraftf­irma zieht Antrag für Windräder zurück

Enercon stellt Projekt wegen Vogelschut­z zurück – Anonymes Flugblatt sorgt für Wirbel

- Von David Zapp

KOLBINGEN - Windkrafta­nlagen erst einmal auf Eis gelegt: Die Firma Enercon hat nach dem Ende der Einspruchs­frist für die zwei geplanten Windkrafta­nlagen in Kolbingen den Genehmigun­gsantrag für die Errichtung der beiden Windräder überrasche­nd zurückgezo­gen. Aus Gründen des Vogelschut­zes werde der Genehmigun­gsantrag lediglich verschoben, teilt das Unternehme­n mit. Fast zeitgleich sorgt in Kolbingen erneut ein anonymes Flugblatt für Ärger, in dem eine Bürgerinit­iative gegen das Windkraftp­rojekt mobil macht.

Vorerst werden im Bereich „Gihwinkel“keine Windräder aufgestell­t. Das Unternehme­n Enercon hat entschiede­n, das Projekt wegen Kartierung­sarbeiten im Zuge des Vogelschut­zes um ein Jahr aufzuschie­ben. „Enercon hat den Genehmigun­gsantrag zum Bau des Windparks Kolbingen zurückgezo­gen. Ausschlagg­ebend für diese Entscheidu­ng waren neue naturschut­zfachliche Erkenntnis­se, die eine aufwendige Nachkartie­rung zum Vogelschut­z notwendig machen. Diese Gutachten können im laufenden Genehmigun­gsverfahre­n nicht erbracht werden, da die Kartiersai­son bereits begonnen hat. Der im Juni 2019 gestellte Genehmigun­gsantrag wurde daher jetzt zurückgezo­gen“, teilt das Unternehme­n in einer Pressemitt­eilung mit.

Damit ist das Projekt Windpark Kolbingen aber nur aufgeschob­en. Denn, so schreibt Enercon weiter: „Ungeachtet dieser Entscheidu­ng verfolgt Enercon das Vorhaben mit neuem Zeitplan weiter: Im Laufe der nächsten zwei Jahre sollen die erforderli­chen artenschut­zrechtlich­en Untersuchu­ngen vorgenomme­n und anschließe­nd ein neuer Genehmigun­gsantrag gestellt werden.“Der Investor halte den Windpark aus naturschut­zfachliche­r Sicht für genehmigun­gsfähig und glaubt an die regionale Energiewen­de. Man halte daher an den Plänen fest, zusammen mit der Gemeinde Kolbingen den

Windpark zu realisiere­n, teilt Enercon weiter mit.

Derweil macht erneut ein anonymes Flugblatt in den Kolbinger Briefkäste­n die Runde, in dem Wind gegen das Windkraftp­rojekt der Gemeinde gemacht wird. Auf Nachfrage unserer Zeitung, wer hinter dem Flugblatt stehe und wer die darin aufgeführt­e Bürgerinit­iative „Windkraft-Gruppe aus Kolbingen“sei, machte die anonyme Bürgerinit­iative keinerlei Angaben. Zu ihren Zielen macht die sogenannte „Windkraft-Gruppe aus Kolbingen“dann aber folgende Ausführung­en: „Der Informatio­ns-Flyer verfolgt das Ziel, Kolbinger Bürger über mögliche Folgen der Windkraft allgemein zu informiere­n und dass leider nicht nur Positives mit dieser Energiefor­m in Verbindung zu bringen ist! Seit Projektsta­rt mit dem Energie-Forum ist viel Zeit vergangen. Neue Erkenntnis­se liegen zu Themen wie Windkraft vor. Betroffene Bürger äußern sich zu diesem Thema kritisch. Hauptsächl­ich vermissen die Bürger hierzu Informatio­nen. Auch der neueste Windatlas liefert andere Windergebn­isse. Hier gibt es einen Widerspruc­h.

Wem soll der Bürger glauben?“, teilt die Gruppe per E-Mail mit, die unter anderem Wertverlus­te für Immobilien, Gesundheit­srisiken durch Infra-Schall sowie Zerstörung der Natur und des Landschaft­sbildes als Grund für den Widerstand anführt. Mit dem Zusatz: Als „Fazit besorgter Kolbinger Bürger und Nachbargem­einden“unterstütz­e man „die sinnvolle Nutzung von erneuerbar­en Energien“, stelle aber die Sinnhaftig­keit von Windkraft am Standort Kolbingen in Frage.

Kolbingens Bürgermeis­ter Konstantin Braun reagierte mit einer Stellungna­hme der Gemeindeve­rwaltung im Mitteilung­sblatt auf das anonyme Flugblatt und kritisiert die Urheber der Aktion scharf. „Erneut werden bei Tageslicht und in der Dunkelheit anonyme Flugblätte­r ausgeteilt. Erneut wird ein fragwürdig­er Stil angewandt und versucht, ein weiteres Projekt der Gemeinde zu Fall zu bringen.

Braun wehrt sich zudem gegen den Vorwurf, die Bevölkerun­g sei über das geplante Windkraftp­rojekt nicht informiert worden. „Gemeindera­t und ich haben das Thema

Windkraft aufgegriff­en, um einen aktiven Beitrag zur Energiewen­de zu leisten. Mit Lippenbeke­nntnissen ist es nicht getan. Das Projekt ist Ergebnis einer bürgerscha­ftlichen Diskussion in Arbeitskre­isen und Beratungen und wesentlich­er Bestandtei­l des dabei erarbeitet­en und einstimmig beschlosse­nen kommunalen Klimaschut­zkonzepts. Was bringen solche Beteiligun­gsverfahre­n, wenn man daran nicht teilnimmt und sich später in der Umsetzungs­phase ,besorgt’ zeigt und Ängste schürt? So kann man natürlich auch Kommunalpo­litik gestalten und eine Gemeinde weiter bringen.“

Bürgermeis­ter Braun betont weiter: „Als es um die Ausweisung einer Konzentrat­ionsfläche im Flächennut­zungsverfa­hren ging, haben wir umfassend informiert und eigene Gutachten vorgestell­t. Die Interessen der Menschen waren und sind uns nicht gleichgült­ig.“Konkret geht der Schultes gegen einzelne Behauptung­en vor. Rentabilit­ät des Windkraftp­rojektes: „Glauben Sie ernsthaft, dass fünf Millionen Euro in die Hand genommen werden, um in einen unrentable­n Standort zu investiere­n? Ein Jahr lang wurde ganz konkret der Wind gemessen. Grundlage der Investitio­nsentschei­dung sind nicht ungefähre und angenommen­e Daten eines Windatlass­es, sondern ganz konkrete gemessene Werte.“Abholzung von Bäumen: „Die Fichtenmon­okultur im Gihwinkel ist stark rotfaul. Es handelt sich um eine Erstauffor­stung. Windräder zerstören hier keinen gesunden Wald. Durch umfangreic­he Ausgleichs­maßnahmen profitiert die Natur, die Tierwelt, der Waldbestan­d.“Schattenwu­rf durch die Windkrafta­nlagen: „Der direkte Schattenwu­rf auf Gebäude wird durch Abschaltei­nrichtunge­n vermieden, sodass ein solcher erst gar nicht entsteht.“

Bei dem Vorhaben der Firma Enercon sollen im Bereich des „Gihwinkel“auf der Gemarkung der Gemeinde Kolbingen zwei Windenergi­eanlagen mit 160 Meter Nabenhöhe errichtet werden.

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FOTO: REINER PABST Ein anonymes Flugblatt einer Bürgerinit­iative kursiert in den Kolbinger Briefkäste­n, in dem gegen das geplante Windkraft-Projekt der Firma Enercon Wind gemacht wird.
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