Windkraftfirma zieht Antrag für Windräder zurück
Enercon stellt Projekt wegen Vogelschutz zurück – Anonymes Flugblatt sorgt für Wirbel
KOLBINGEN - Windkraftanlagen erst einmal auf Eis gelegt: Die Firma Enercon hat nach dem Ende der Einspruchsfrist für die zwei geplanten Windkraftanlagen in Kolbingen den Genehmigungsantrag für die Errichtung der beiden Windräder überraschend zurückgezogen. Aus Gründen des Vogelschutzes werde der Genehmigungsantrag lediglich verschoben, teilt das Unternehmen mit. Fast zeitgleich sorgt in Kolbingen erneut ein anonymes Flugblatt für Ärger, in dem eine Bürgerinitiative gegen das Windkraftprojekt mobil macht.
Vorerst werden im Bereich „Gihwinkel“keine Windräder aufgestellt. Das Unternehmen Enercon hat entschieden, das Projekt wegen Kartierungsarbeiten im Zuge des Vogelschutzes um ein Jahr aufzuschieben. „Enercon hat den Genehmigungsantrag zum Bau des Windparks Kolbingen zurückgezogen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren neue naturschutzfachliche Erkenntnisse, die eine aufwendige Nachkartierung zum Vogelschutz notwendig machen. Diese Gutachten können im laufenden Genehmigungsverfahren nicht erbracht werden, da die Kartiersaison bereits begonnen hat. Der im Juni 2019 gestellte Genehmigungsantrag wurde daher jetzt zurückgezogen“, teilt das Unternehmen in einer Pressemitteilung mit.
Damit ist das Projekt Windpark Kolbingen aber nur aufgeschoben. Denn, so schreibt Enercon weiter: „Ungeachtet dieser Entscheidung verfolgt Enercon das Vorhaben mit neuem Zeitplan weiter: Im Laufe der nächsten zwei Jahre sollen die erforderlichen artenschutzrechtlichen Untersuchungen vorgenommen und anschließend ein neuer Genehmigungsantrag gestellt werden.“Der Investor halte den Windpark aus naturschutzfachlicher Sicht für genehmigungsfähig und glaubt an die regionale Energiewende. Man halte daher an den Plänen fest, zusammen mit der Gemeinde Kolbingen den
Windpark zu realisieren, teilt Enercon weiter mit.
Derweil macht erneut ein anonymes Flugblatt in den Kolbinger Briefkästen die Runde, in dem Wind gegen das Windkraftprojekt der Gemeinde gemacht wird. Auf Nachfrage unserer Zeitung, wer hinter dem Flugblatt stehe und wer die darin aufgeführte Bürgerinitiative „Windkraft-Gruppe aus Kolbingen“sei, machte die anonyme Bürgerinitiative keinerlei Angaben. Zu ihren Zielen macht die sogenannte „Windkraft-Gruppe aus Kolbingen“dann aber folgende Ausführungen: „Der Informations-Flyer verfolgt das Ziel, Kolbinger Bürger über mögliche Folgen der Windkraft allgemein zu informieren und dass leider nicht nur Positives mit dieser Energieform in Verbindung zu bringen ist! Seit Projektstart mit dem Energie-Forum ist viel Zeit vergangen. Neue Erkenntnisse liegen zu Themen wie Windkraft vor. Betroffene Bürger äußern sich zu diesem Thema kritisch. Hauptsächlich vermissen die Bürger hierzu Informationen. Auch der neueste Windatlas liefert andere Windergebnisse. Hier gibt es einen Widerspruch.
Wem soll der Bürger glauben?“, teilt die Gruppe per E-Mail mit, die unter anderem Wertverluste für Immobilien, Gesundheitsrisiken durch Infra-Schall sowie Zerstörung der Natur und des Landschaftsbildes als Grund für den Widerstand anführt. Mit dem Zusatz: Als „Fazit besorgter Kolbinger Bürger und Nachbargemeinden“unterstütze man „die sinnvolle Nutzung von erneuerbaren Energien“, stelle aber die Sinnhaftigkeit von Windkraft am Standort Kolbingen in Frage.
Kolbingens Bürgermeister Konstantin Braun reagierte mit einer Stellungnahme der Gemeindeverwaltung im Mitteilungsblatt auf das anonyme Flugblatt und kritisiert die Urheber der Aktion scharf. „Erneut werden bei Tageslicht und in der Dunkelheit anonyme Flugblätter ausgeteilt. Erneut wird ein fragwürdiger Stil angewandt und versucht, ein weiteres Projekt der Gemeinde zu Fall zu bringen.
Braun wehrt sich zudem gegen den Vorwurf, die Bevölkerung sei über das geplante Windkraftprojekt nicht informiert worden. „Gemeinderat und ich haben das Thema
Windkraft aufgegriffen, um einen aktiven Beitrag zur Energiewende zu leisten. Mit Lippenbekenntnissen ist es nicht getan. Das Projekt ist Ergebnis einer bürgerschaftlichen Diskussion in Arbeitskreisen und Beratungen und wesentlicher Bestandteil des dabei erarbeiteten und einstimmig beschlossenen kommunalen Klimaschutzkonzepts. Was bringen solche Beteiligungsverfahren, wenn man daran nicht teilnimmt und sich später in der Umsetzungsphase ,besorgt’ zeigt und Ängste schürt? So kann man natürlich auch Kommunalpolitik gestalten und eine Gemeinde weiter bringen.“
Bürgermeister Braun betont weiter: „Als es um die Ausweisung einer Konzentrationsfläche im Flächennutzungsverfahren ging, haben wir umfassend informiert und eigene Gutachten vorgestellt. Die Interessen der Menschen waren und sind uns nicht gleichgültig.“Konkret geht der Schultes gegen einzelne Behauptungen vor. Rentabilität des Windkraftprojektes: „Glauben Sie ernsthaft, dass fünf Millionen Euro in die Hand genommen werden, um in einen unrentablen Standort zu investieren? Ein Jahr lang wurde ganz konkret der Wind gemessen. Grundlage der Investitionsentscheidung sind nicht ungefähre und angenommene Daten eines Windatlasses, sondern ganz konkrete gemessene Werte.“Abholzung von Bäumen: „Die Fichtenmonokultur im Gihwinkel ist stark rotfaul. Es handelt sich um eine Erstaufforstung. Windräder zerstören hier keinen gesunden Wald. Durch umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen profitiert die Natur, die Tierwelt, der Waldbestand.“Schattenwurf durch die Windkraftanlagen: „Der direkte Schattenwurf auf Gebäude wird durch Abschalteinrichtungen vermieden, sodass ein solcher erst gar nicht entsteht.“
Bei dem Vorhaben der Firma Enercon sollen im Bereich des „Gihwinkel“auf der Gemarkung der Gemeinde Kolbingen zwei Windenergieanlagen mit 160 Meter Nabenhöhe errichtet werden.