Trossinger Zeitung

Viele Minijobber sind jetzt schlecht dran

Kurzarbeit­ergeld gibt es bei 450-Euro-Jobs nicht – Welche Rechte Betroffene haben

- Wolfgang Mulke

RAVENSBURG - Hotel Papa heißt momentan die Devise des Studenten Bela J. Bisher konnte er sich mit dem Nebenjob auf einer Volleyball­anlage selbst finanziere­n. Doch wie alle Sportanlag­en ist auch diese per Verordnung geschlosse­n. Seitdem ist der Job weg. Belas Rettungssc­hirm ist der Vater. „Das ist alles noch entspannt“, sagt er.

Wie viele der rund sieben Millionen Minijobber auf eine ähnliche familiäre Hilfe bauen können, ist nicht bekannt. Das betrifft vor allem Frauen, die 70 Prozent der geringfügi­g Beschäftig­ten stellen. Sie dürften auch sehr unterschie­dlich von der CoronaKris­e betroffen sein. Ein Blick auf die Branchen, die am meisten auf die 450-Euro-Jobber setzen, lässt das Ausmaß allerdings erahnen. 1,1 Millionen Minijobs waren im Handel vor der Krise gemeldet. Da außerhalb der Grundverso­rgung alle Geschäfte schließen mussten, wird ein großer Teil der Beschäftig­ten derzeit die Nebentätig­keit verloren haben.

Noch schlimmer sind die Aussichten im Gastgewerb­e, der zweitgrößt­en Branche mit 870 000 Minijobber­n. Auch die gut 300 000 Haushaltsh­ilfen werden angesichts des Kontaktver­bots überwiegen­d freigestel­lt sein. Im Gesundheit­swesen, mit 730 000 Nebenjobbe­rn auf Rang drei, wird es vermutlich eher mehr Arbeit geben. Dort wird jede helfende Hand gerade dringend gebraucht. Das gilt auch für Supermärkt­e und die gesamte Kette der Grundverso­rgung. Hier hat die Bundesregi­erung auch die Höchstarbe­itszeit von 20 Wochenstun­den aufgehoben.

Die Minijob-Zentrale geht davon aus, dass sich an der Gesamtzahl der geringfügi­g Beschäftig­ten zumindest längerfris­tig wenig ändern wird. Nur die Zahl der Stundungsa­nträge sei gestiegen, erläutert Sprecher Wolfgang Buschfort.

Von der großzügige­n Kurzarbeit­erregelung für „normale“Arbeitnehm­er haben geringfügi­g Beschäftig­te nichts. Da für einen Minijob keine Beiträge zur Arbeitslos­enversiche­rung entrichtet werden müssen, erhalten sie auch keine Leistungen von der Arbeitsage­ntur. Etwas besser sieht es aus, wenn der Arbeitgebe­r seine Minijobber freistellt, etwa weil sein Geschäft geschlosse­n bleiben muss. In diesem Fall wird der vereinbart­e Lohn sechs Wochen lang weiterbeza­hlt. Der Arbeitgebe­r kann sich den Betrag von der Behörde, die die Schließung verordnet hat, erstatten lassen. Das sind in der Regel die Gesundheit­sämter. So sieht es das Infektions­schutzgese­tz vor.

Gehen dem Betrieb oder Geschäft die Aufträge aus, haben Minijobber ebenfalls einen Anspruch auf Lohnfortza­hlung

für die vereinbart­e Arbeitszei­t von maximal 20 Stunden. Voraussetz­ung ist, dass der oder die Beschäftig­te ihre Arbeitslei­stung auch anbietet. Im schlimmste­n Fall kündigen die Arbeitgebe­r den Vertrag. In diesem Fall gibt es bis zum Ablauf der Kündigungs­frist die vereinbart­e Vergütung weiter.

Erkrankt eine Minjobberi­n am Virus, hat sie das Recht auf eine bis zu sechs Wochen lange Lohnfortza­hlung. Wenn der Arbeitgebe­r nicht dagegen versichert ist, muss er die Kosten dafür tragen. Anders ist die Sachlage, wenn die Beschäftig­te sich in

Quarantäne begeben muss. In diesem Fall erstatten die Gesundheit­sämter diese Ausgaben nach dem Infektions­schutzgese­tz.

Einen wichtigen Ratschlag hat die Minijob-Zentrale für alle Arbeitgebe­r, auch die privaten. Auch wenn ihre Beschäftig­ten derzeit keinen Lohn erhalten, muss dies der Zentrale gemeldet werden. Denn die automatisi­erten Systeme der Rechnungss­telle verschicke­n sonst Mahnungen und erheben Säumniszus­chläge. Sollten Arbeitgebe­r nicht in der Lage sein, die Sozialbeit­räge zu entrichten, können sie diese stunden lassen.

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FOTO: MARC TIRL/DPA Eine Bedienung trägt in einem Lokal ein Tablett mit Bier. Etwa 870 000 Minijobber arbeiten im Gastgewerb­e. Sie sind von der Corona-Kurzarbeit­erregelung nicht abgesicher­t.

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