Landratsamt bricht das Schweigen
Nach langem Zögern liefert das Amt teilweise Erklärungen - Erster Toter in Trossingen
TROSSINGEN - Seit gut einer Woche steigt die Zahl der Corona-Infizierten im Landkreis Tuttlingen stark an (181 bestätigte Fälle, Stand Dienstag), seitdem ist auch eine auffällige Häufung in Trossingen und Spaichingen zu erkennen. Bisher hat sich das Landratsamt nicht dazu äußern wollen, wie dies zu erklären ist. Nun aber die Kehrtwende: Auf wiederholte Nachfrage unserer Zeitung liefert die Verwaltung nun eine überraschende Erklärung für zumindest eine der offenen Fragen. Derweil wurde am Dienstag der erste Corona-Tote aus Trossingen gemeldet. Eine 83-jährige Person ist im Klinikum verstorben.
„Ja, es gibt eine auffällige Häufung in Trossingen“, räumt Julia Hager, Pressesprecherin des Landratsamts Tuttlingen, im Gespräch mit der Trossinger Zeitung ein. Der Grund sei jedoch nicht eine Skiausfahrt nach Ischgl gewesen (wir haben mehrfach berichtet). Vielmehr habe sich eine Großfamilie aus Trossingen auf einem auswärtigen Familientreffen infiziert. „Die Feier fand vor dem deutschlandweiten Kontaktverbot statt“, betont Hager.
Lange hielt sich das Landratsamt mit einer Erklärung für die auffällig hohen Zahlen in Trossingen, aber auch in Spaichingen zurück. Der Verdacht, dass die erhöhten Fallzahlen im nördlichen Landkreis auf Skifahrer zurückzuführen sein könnte, basierte auf der Tatsache, dass Ischgl als Hotspot für Corona gilt und viele Infektionen europaweit ihren Ursprung in dem Skiort haben. Und tatsächlich waren die ersten Infektionen im Norden des Landkreises auf Wintersportler aus eben diesem Gebiet zurückzuführen.
Landrat Stefan Bär hatte sich am Freitag gegen Kritik, der Landkreis hätte diese Infektionskette früher unterbrechen können, gewehrt: „Wir sollten uns nicht auf Ischgl-Busse konzentrieren. In den Fasnetsferien und an den Wochenenden danach waren viele skifahren. Es gibt IschglFälle, aber auch andere.“Diese Infektionen würden in der Statistik des Gesundheitsamts nicht sonderlich auffallen, so die ergänzende Auskunft des Landratsamts am Montag. Bereits am Freitag hieß es von dort, dass zusätzliche Bemühungen nicht als nötig erachtet worden seien, um diese Infektionskette zu durchbrechen. Diese Aussage traf in der Öffentlichkeit auf große Kritik.
Zehn bis zwölf Fälle der 52 nachgewiesenen Infektionen in Trossingen seien auf die infizierte Großfamilie unmittelbar zurückzuführen, so Julia Hager weiter. Mit Hilfe einer Trossinger Sozialarbeiterin sei es dem Gesundheitsamt gelungen, die Infektionskette zu recherchieren und damit zu durchbrechen, so die Pressesprech-erin weiter.
Um in Zukunft fremdsprachige Mitbürger besser erreichen zu können, hat das Landratsamt nun die wichtigsten Informationsbroschüren, aber auch den Neun-PunktePlan von Bundeskanzlerin Angela Merkel in mehrere Sprachen übersetzen lassen. „Das sind unter anderem Türkisch, Arabisch, Rumänisch und Polnisch“, so Hager. „Es ist eine große Herausforderung, alle Menschen im Kreis zu erreichen“, betont Hager.
Mit den neu ausgerichteten Kommunikationsansätzen solle dies nun besser gelingen. Die Informationen sollen sowohl auf der Homepage des Landkreises, als auch in Facebook und auf Instagram geteilt werden. In den Flüchtlingsunterkünften informierte das Landratsamt bereits zu Beginn der Krise mehrsprachig.