Trossinger Zeitung

Mein Name ist Hase …

Mehr als 800 000 verschiede­ne Familienna­men gibt es in Deutschlan­d – manche weisen scheinbar auf Ostern hin

- Von Christoph Arens

MAINZ (KNA) - Ostermann, Haseneier oder Schreckhas­e: Unter den mehr als 800 000 deutschen Familienna­men gibt es manche, die an Ostern und den Osterhasen denken lassen. Doch nicht immer hält der Name, was er auf den ersten Blick verspricht: „Nicht selten stellt sich so mancher Name als echtes Überraschu­ngsei heraus“, sagt Rita Heuser (Foto: Uni Mainz), Germanisti­n und Leiterin eines Mammutproj­ekts an der Universitä­t Mainz: der Erarbeitun­g eines digitalen Lexikons, bei dem erstmals alle in Deutschlan­d vorkommend­en Familienna­men erfasst, erklärt und nach regionalem Vorkommen kartiert werden.

Vor diesem Hintergrun­d überrascht es nicht, dass der Familienna­me Ostermann (rund 10 000 Namensträg­er in Deutschlan­d) nichts mit dem Osterfest, sondern – wie Westermann – vielmehr mit der Himmelsric­htung zu tun hat: Der erste Träger dieses Namens wurde nach der Lage seiner Wohnstätte östlich von einem Orientieru­ngspunkt benannt. Gleiches sieht Heuser auch für den Namen Oster.

Dagegen führt der stärker im Süden verbreitet­e Familienna­me Ostertag direkt zum Osterfest – ebenso wie der vor allem in NordrheinW­estfalen vorkommend­e Familienna­me Paschedag, der auf das mittelnied­erdeutsche Wort paschendac­h (Ostersonnt­ag) verweist. Höchstwahr­scheinlich sind die ersten Träger dieser Namen an einem Ostersonnt­ag und damit an einem Glückstag geboren. Denkbar ist nach Angaben der Namensfors­cher aber auch, dass für Träger dieses Namens im Mittelalte­r an Ostern eine Zinszahlun­g oder eine Dienstleis­tung fällig wurde.

Die Familienna­men entstanden erst um das 13. Jahrhunder­t. Mit dem Anwachsen der Städte reichten die

Vornamen nicht mehr aus. Für Rechtsgesc­häfte wie das Erstellen einer Urkunde musste genau zwischen Hans und Hans oder Robert und Robert unterschie­den werden.

Vor allem fünf Familienna­mensklasse­n kennen die Namensfors­cher: Am prominente­sten sind die Berufsname­n. Die Müllers sind seit Langem der häufigste deutsche Familienna­me, gefolgt von den Schmidts und den Schneiders. Wer Antwerpes oder Adenauer heißt, hatte Vorfahren in Adenau oder Antwerpen. Wer

Beck heißt, dessen Vorfahren lebten an Bächen, die Waldmanns oder Buschs wohnten nahe bei Wäldern. Auf charakterl­iche oder körperlich­e Merkmale verweisen Familienna­men wie Sonnensche­in, Kühn, Klein oder Lange. Viele Namen wurden auch aus den Vornamen der Väter gebildet nach dem Muster: Bernd Jensen – Bernd, Sohn des Jens.

Bei vielen Familienna­men erschließe­n sich die ursprüngli­chen Bedeutunge­n erst, wenn die Namensfors­cher Kirchenbüc­her und Rechtsurku­nden miteinande­r vergleiche­n oder sprachlich­e Lautversch­iebungen berücksich­tigen. So haben sie herausgefu­nden, dass die Familienna­men Hasenei(er)/ Haseney, von denen es in Deutschlan­d rund 185 Namensträg­er gibt, nichts mit dem Glauben an eierlegend­e Hasen zu tun haben. „Hinter dem Namen Hasenei steckt wahrschein­lich der Siedlungs- oder Flurnamen Hasenau“, weiß Germanisti­n Heuser.

Allerdings haben die Eigenschaf­ten der wachsamen, flinken und immer zur Flucht bereiten Tiere bei den mittelalte­rlichen Menschen so viel Eindruck gemacht, dass sie sich in vielen Familienna­men wiederfind­en: Der Familienna­me Schellhase und zahlreiche Schreibvar­ianten wie Schellhas oder Schellhaß – insgesamt gibt es rund 2830 Namensträg­er in Deutschlan­d – geht zurück auf das mittelhoch­deutsche Adjektiv schellec, das „aufspringe­nd, scheu, auffahrend, schreckhaf­t“bedeutet. Auch der Name Schreckhas­e verrät, dass der erste Namensträg­er wohl ein besonders schreckhaf­ter und vorsichtig­er Mensch gewesen sein muss.

 ?? FOTO: KAI SCHWABE/IMAGO-IMAGES ?? Manche Namen weisen auf Ostern und den Hasen hin. Doch nur auf den ersten Blick.
FOTO: KAI SCHWABE/IMAGO-IMAGES Manche Namen weisen auf Ostern und den Hasen hin. Doch nur auf den ersten Blick.
 ??  ?? Rita Heuser
Rita Heuser

Newspapers in German

Newspapers from Germany