Der Gestalter der Bayern-Zukunft
Vertragsverlängerung mit Flick ist auch ein Zeichen – Trainer-Legende adelt den Coach
MÜNCHEN (dpa) - Nach dem Vertrauensbeweis durch den FC Bayern darf sich Hansi Flick über einen kleinen Schritt auf dem Weg zurück in die sportliche Normalität freuen. Von diesem Montag an lässt der zur Dauerlösung auf dem Münchner Trainerposten beförderte Flick seine Stars wieder auf dem Rasen schwitzen. Zwar nur in Kleingruppen und unter strengsten Auflagen, aber Einheiten in der Sonne dürften die Stimmung des zuletzt im Cyber-Training geforderten Star-Ensembles bei allen Einschränkungen heben.
Flick zählt nach seinem raketenhaften Aufstieg beim Branchenführer ab sofort zu den ganz starken Männern. Mitten in der Corona-Krise stattete der Rekordmeister ihn mit einem Vertrag bis zum 30. Juni 2023 aus. Am Ende dieser Amtszeit wäre Flick länger im Amt als es einst Pep Guardiola war. Eine noch längere Schaffenszeit hatte zuletzt Ottmar Hitzfeld: Dieser feierte in seiner Bayern-Phase von 1998 bis 2004 auch den Champions-League-Triumph.
Flick legte als Nachfolger von Niko Kovac seit November in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League bis zum vorläufigen Saisonstopp durch die Coronavirus-Pandemie erfolgreiche Triple-Schritte zurück. „Er ist für mich der ideale Trainer, weil er in der Vergangenheit in den verschiedenen Positionen im Fußball bereits große Erfahrungen gesammelt hat“, adelte Trainer-Legende Jupp Heynckes den langjährigen Löw-Assistenten und früheren DFBSportdirektor. Heynckes gewann mit den Bayern 2013 das historische Triple, seine Meinung hat noch heute Gewicht in München.
So manch einer beim FC Bayern, etwa Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, fühlte sich beim Wirken Flicks auch schon an Heynckes erinnert. Der Grandseigneur selbst stufte die Weiterbeschäftigung als „kluge Entscheidung“ein. „Seine Qualitäten sind Fachkompetenz, Menschenführung in allen Bereichen, Seriosität, Solidität und eine ausgezeichnete Präsentation in der Öffentlichkeit“, sagte Heynckes. Wiederholt hatten sich Heynckes und Flick schon ausgetauscht.
Flick soll die Kaderplanung und damit die Bayern-Zukunft maßgeblich mitgestalten. „Hansi hat ein Mitspracherecht, das ist doch klar. Die Meinung des Trainers spielt bei unseren Personalentscheidungen eine Rolle. Er muss ja mit den Spielern arbeiten“, sagte Rummenigge der „Bild“. Klarheit auf der Trainerposition sollte her, bevor der Kader für die neue Saison zusammengestellt wird. „Wir haben zusammen die Ausrichtung für die kommenden Jahre festgelegt“, betonte Flick.
Die Vertragslaufzeit soll „unser Vertrauen dokumentieren“, wie Rummenigge hervorhob. Sie dokumentiert zugleich, dass die Entscheider sich einig waren, denn Rummenigge übergibt den Vorstandsvorsitz bekanntlich Ende 2021 an Oliver Kahn. Auch der künftige Ober-Boss sieht in Flick einen Trainer, der wie
„Hansi hat ein Mitspracherecht, das ist doch klar.“
Udo Lattek, Hitzfeld oder Heynckes eine Ära in München prägen könnte.
Der empathische Menschenfänger Flick hat sich mit einem engen Draht zur Mannschaft, geschickten und richtigen taktischen und personellen Maßnahmen und natürlich vor allem mit 18 Siegen in 21 Pflichtspielen in eine starke Position katapultiert. Das Ensemble trat zur Freude der Bosse wieder bayern-like auf.
Flick hat klare Ideen, wie das Team der nächsten Jahre aussehen soll. Die Vertragsverlängerung führt auch zu Gewinnern in der Mannschaft wie Kapitän Manuel Neuer, Thomas Müller oder David Alaba, die in Vertragsgesprächen stecken. Talente wie der Kanadier Alphonso Davies (19) oder der Niederländer Joshua Zirkzee (18) entwickeln sich unter Flick prächtig.
Flick wird auch seine Vorschläge einbringen, wenn es beim FC Bayern
Karl-Heinz Rummenigge nach der Virus-Krise wieder um Transfers gehen wird. Ihm wird nachgesagt, in der Offensive eher zum Leipziger Timo Werner als zu Leroy Sané von Manchester City zu tendieren. Flick soll auch dem Leverkusener Jungstar Kai Havertz Bayern-Format bescheinigen.
Flick könnte nun einen ähnlichen Weg nehmen wie Joachim Löw, als dessen Assistent er 2014 in Brasilien mit der Nationalelf den WM-Titel gewann. Der heute 60-jährige Löw stieg einst auch vom Co-Trainer zum Chefcoach auf und prägte eine Ära.
Große Ziele warten also auf Flick. Der 55-Jährige hofft, dass er möglichst zeitnah erste Früchte seiner Arbeit ernten kann. Sogar das Triple schien seiner Meinung nach bis zum Saisonstopp „machbar“. Darum hofft Flick inständig, dass diese Saison nicht abgebrochen werden muss. „Ich glaube schon, dass weitergespielt wird. Ich denke da positiv“, sagte Flick. Erstmal dürfen seine Stars nun wieder auf dem Rasen ran. Ein erster Schritt in der Ära Flick.