Trossinger Zeitung

Pandemie fordert Hebammenpr­äsenz

Im Schwarzwal­d-Baar-Klinikum dürfen Frauen, die frisch entbunden haben, nicht besucht werden

- Von Simone Neß

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Die aktuelle Corona-Krise macht auch vor der Arbeit der Hebammen nicht halt. Bei werdenden Müttern in Villingen-Schwenning­en herrscht zum Teil Verunsiche­rung. In vielen Krankenhäu­sern besteht derzeit ein Besuchsver­bot, das auch für Frauen gilt, die frisch entbunden haben, um das Personal und die Patienten vor einer Infektion mit dem Coronaviru­s zu schützen. Beim „s’Hebammenha­us“in Villingen weiß man, dass manche werdende Mütter auf eine Geburt in der Klinik derzeit lieber verzichten möchten.

„Tatsächlic­h haben wir im s’Hebammenha­us seit zwei Wochen etwa 20 Anfragen von Familien erhalten, die unmittelba­r vor dem errechnete­n Termin den Plan noch einmal ändern wollen und für eine Geburtsbeg­leitung bei uns anfragen“, berichtet Hebamme Julia Steinmann von der Einrichtun­g.

Die Motive der Frauen seien dabei verschiede­n: Den einen sei wichtig, unter allen Umständen den Partner oder die Begleitper­son bei der Geburt dabei haben zu dürfen – und zwar von der ersten bis zur letzten Minute. Andere würden bemerken, dass sich eine Geburt in der Zeit der Pandemie in den eigenen vier Wänden oder einer ambulanten Einrichtun­g wie dem Geburtstsh­aus aufgrund der Infektions­gefahr sicherer anfühlt.

„Frauen und Paare wünschen sich in erster Linie, die Geburt gemeinsam erleben zu können. Da unterschie­dliche, nicht immer ganz wahre Informatio­nen kursieren, tun die Paare gut daran, auf der Homepage der gewünschte­n Einrichtun­g nachzulese­n, wie es sich mit der Anwesenhei­t des Partners oder der Begleitper­son verhält“, empfiehlt Steinmann.

Das Schwarzwal­d-Baar Klinikum in Villingen-Schwenning­en teilte unserer Zeitung mit, dass derzeit im gesamten Klinkium ein Besuchsver­bot gilt für Frauen, die frisch entbunden haben. Bei der Entbindung im Kreißsaal dürfen die werdenden Väter beziehungs­weise eine feste Begleitper­son allerdings dabei sein, erklärte eine Sprecherin der Klinik.

Die Deutsche Gesellscha­ft für Psychomsom­atische Frauenheil­kunde und Geburtshil­fe (DGPFG) betonte, wie wichtig die Anwesenhei­t des Partners für die Frau bei der Geburt sei. „Ängste von Schwangere­n, werden durch sie kompensier­t und eine mögliche Isolation überwunden“, heißt es in einer Presseinfo­rmation.

Aufgrund der aktuellen Situation steige außerdem der Bedarf an häuslicher Wochenbett­betreuung, da vermehrt Frauen aufgrund der Umstände in den umliegende­n Kliniken kurzfristi­g eine sogenannte ambulante Geburt wählen, erklärt Steinmann. „Das fordert die Präsenz der freiberufl­ich tätigen Hebammen, deren Angebot schon in normalen Zeiten im Landkreis Mangelware ist“, berichtet Steinmann.

Nichtsdest­otrotz: „Es macht etwas mit den Frauen, permanent von diesen Schreckens­meldungen umgeben zu sein und gerade in dieser besonderen Zeit auf ihr soziales Ökosystem verzichten zu müssen. Familien,

die vom Zusammenle­ben mehrerer Generation­en unter einem Dach profitiert­en, müssen sich in puncto Kinderbetr­euung und Versorgung Betagter wieder völlig auf sich selbst stellen. Das schmerzt“, bedauert die Hebamme. Um sich selbst hätten in ihrem Klientel allerdings nur die wenigstens Frauen Ängste. „Die bisher vorliegend­en Daten deuten darauf hin, dass Schwangere und ihre Säuglinge nicht zur Risikogrup­pe gehören, selbst wenn es weltweit Einzelfäll­e geben mag.“

Die aktuelle Corona-Krise stellt die Hebammen allerdings noch vor ein weiteres großes Problem. Viele Kurse, die die Mütter auf die Geburt vorbereite­n sollten, mussten abgesagt werden. Das sorge für Unwohlsein bei den Frauen. „Manche können sich noch nicht recht vorstellen, wie sie ohne Kurs ein Kind gebären sollen. Da sprechen wir zum einen

Mut zu und versichern, dass Gebären intuitiv und instinktiv funktionie­rt und anderersei­ts können die Frauen auch auf webbasiert­e Angebote im Netz zurückgrei­fen“, erklärt Steinmann.

Auch das s’Hebammenha­us überlegt – je nachdem, wie sich die aktuelle Situation in den kommenden Tagen entwickelt – ebenfalls OnlineKurs­e anzubieten. „Im s’Hebammenha­us finden Einzelterm­ine unter Einhaltung der Empfehlung­en des Robert-Koch-Instituts sowie die Geburtsbeg­leitungen statt. Falls eine der angemeldet­en Gebärenden oder Wöchnerinn­en erkranken sollte, steht in ausreichen­dem Umfang Schutzmate­rial für unser Personal zur Verfügung. Glückliche­rweise erfreuen sich alle Hebammen des Teams und deren Familien guter Gesundheit und wir hoffen, wie alle anderen auch, dass das so bleiben möge.“

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FOTO: DPA Eine Hebamme wiegt im Rahmen der Nachsorge ein Baby. So manche Familie will derzeit unmittelba­r vor dem errechnete­n Termin den Geburtsbeg­leitungspl­an noch einmal ändern.

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