Trossinger Zeitung

Keller appelliert an Politik

Im Angesicht drohender Pleiten fürchtet der DFB-Präsident das Schlimmste

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FRANKFURT (SID/sz) - Die Solidaritä­t steht über allem. Fritz Keller spricht deshalb offensiv vom Geben und Nehmen, wenn es um den Kampf gegen die drohenden Insolvenze­n geht. „Unterstütz­ung seitens der Politik“, sagt der DFB-Präsident unverblümt, „wird notwendig sein“. Und die habe der Fußball gewiss auch verdient, da er schließlic­h „wertvolle Arbeit für die Gesellscha­ft und das Gemeinwohl“leistet, ein „Integratio­nsmotor“ist. Die Worte des 63-Jährigen auf der Internetse­ite des DFB sind eindringli­ch, für Keller selbst ein „klarer Appell an die Politik“– und inmitten der Corona-Krise wahrschein­lich so „seriös und glaubhaft“wie die vom DFBBoss erwähnten Hilferufe zahlreiche­r Clubs. Es war somit alles andere als eine frohe Botschaft, die Keller kurz vor Ostern verkündete.

„Ja, das ist nicht ausgeschlo­ssen“, antwortete er bei Phoenix auf die Frage, ob sogar auch Bundesligi­sten von der Pleite bedroht sind: „Je länger das geht, werden wir dieses Szenario leider erleben müssen – in der 2. Liga sowieso, und in der 3. Liga sieht es noch schlimmer aus.“Keller glaube also nicht, „dass die Landschaft nach der Corona-Krise gleich sein wird wie heute. Wir werden einige vermissen.“

Gefährdet seien aber „nicht nur die Profis, sondern alle Ligen von der Verbandsli­ga bis zur Kreisklass­e“. Dem DFB sind bei der Unterstütz­ung allerdings ein wenig die Hände gebunden, weil er „Einnahmeau­sfälle von Vereinen nicht durch Zuschüsse oder Darlehen ausgleiche­n“darf, zudem für rund 25 000 Vereine laut Keller auch gar nicht die nötigen Mittel hätte.

Wie sehr auch im Profiberei­ch unter der Saison-Unterbrech­ung gelitten wird, zeigen die Sparmaßnah­men der Vereine. Durch Kurzarbeit und Gehaltsver­zicht bei den Profis versuchen die Clubs über die Runden zu kommen. Dennoch sind laut „kicker“13 der 36 Erst- und Zweitligis­ten akut von der Insolvenz bedroht. Ob staatliche Hilfen jedoch in einer Milliarden-Branche der richtige Weg sind, daran zweifelt nicht nur der Präsident des FC Augsburg Klaus Hofmann (siehe Leute; d. Red.). Allgemein muss sich der Fußball in einiger Zeit Fragen nach seinem wirtschaft­lichen Handeln in der Vergangenh­eit gefallen lassen, zu seinem Gebaren in der Krise ohnehin. Doch fest steht: Falls der Ball im Mai immer noch nicht rollt, droht nicht wenigen Vereinen das absolute Horrorszen­ario.

Rettung verspreche­n derzeit lediglich die anvisierte­n „Geisterspi­ele“unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Nur dann fließen wieder die Mediengeld­er – die mit Abstand wichtigste Einnahmequ­elle – zumindest für die höchsten beiden Ligen. Für die 3. Liga gilt das allerdings nur bedingt. Wie groß die Unterschie­de im Profifußba­ll zwischen Arm und Reich sind, macht schon ein Blick auf den Branchenfü­hrer deutlich. Während andere Clubs kaum noch Geld für die Auszahlung der Monatsgehä­lter aufbringen können, verlängert Bayern München munter Verträge mit Topverdien­ern.

Gegen wen die zukünftig spielen werden, ist derzeit aber offener denn je.

„Ich glaube nicht, dass die Landschaft nach der Corona-Krise gleich sein wird wie heute. Wir werden einige vermissen.“

Fritz Keller

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