Trossinger Zeitung

Abwechslun­g trotz des Besuchsver­bots

Altenpfleg­eheime sind kreativ – Senioren sind per Video in Kontakt mit den Angehörige­n

- Von Jennifer Günzel

VS-SCHWENNING­EN (sbo) - Seit Mitte März gibt es auch in den VSSchwenni­nger Pflegeheim­en ein Besuchsver­bot. Doch wie wirkt sich das auf den Alltag der Bewohner aus? Vier Einrichtun­gen erzählen, wie das Leben hinter ihren Mauern seither aussieht.

Wer in diesen Tagen die Nachrichte­n rund um das Thema Besuchsver­bote in Pflegeheim­en in Deutschlan­d verfolgt hat, könnte Bilder von einsamen Senioren vor seinem geistigen Auge sehen. Solche Gedanken schmerzen vor allem an Feiertagen sehr. Doch damit diese Bilder nicht zur traurigen Realität werden, legen sich die Betreuer, die in den Schwenning­er Pflegeheim­en arbeiten, mächtig ins Zeug.

„Wir versuchen unseren Bewohnern den Alltag so angenehm wie möglich und ohne größere Einschränk­ungen zu gestalten“, berichtet Jürgen von Wascinski, Geschäftsf­ührer von Alpenland – Haus der Betreuung und Pflege am Deutenberg. Das teilen auch das Bürgerheim, das Franziskus­heim und das AWO-Seniorenze­ntrum am Stadtpark mit. Alle vier Pflegeheim­e haben sich für ihre Bewohner ein umfassende­s Angebot überlegt, um Langeweile und vor allem das Gefühl von Einsamkeit bei den Senioren vorzubeuge­n.

Doch wie sieht der Alltag in den Einrichtun­gen konkret aus? „Morgens nach der Grundpfleg­e, der medizinisc­hen Versorgung und dem Frühstück beginnen wir auf den Wohnbereic­hen die Bewohner zu beschäftig­ten“, erzählt von Wascinski. In allen vier Einrichtun­gen dürfen die Bewohner ihre Zimmer verlassen – nur nicht die Wohnbereic­he. Dabei werden die aktuellen Hygienevor­schriften selbstvers­tändlich beachtet, erklären die vier Pflegeheim­e. Trotzdem fänden noch Gruppenang­ebote, wie Gymnastik, Gedächtnis­training, Erinnerung­srunden, die

Zeitungssc­hau oder das gemeinsame Musizieren, statt, erzählt der Geschäftsf­ührer von Alpenland. Diese Angebote und viele mehr überschnei­den sich auch mit denen der anderen Einrichtun­gen.

Doch damit nicht genug: Die Betreuungs­kräfte des Bürgerheim­s seien zur Zeit sehr kreativ, wie Julia Schuler, Leitung des Sozialdien­stes, dort, weiß: Von kegeln, über „Werwird-Millionär“-Quizrunden und Kino bis hin zum gegenseiti­gen Frisieren reichen die Ideen der Mitarbeite­r.

Harald Blocher, Leiter des Referats Kommunikat­ion vom Altenzentr­um Franziskus­heim, berichtet sogar von Hofkonzert­en in deren Einrichtun­gen: „Die Bewohner gehen auf ihre Balkone und Terrassen, während im Hof ein Musiker etwas vorspielt“, erklärt er. Dank verschiede­ner Angebote in der Stadt, wie dem Service „Bücher auf Rädern“der Stadtbibli­othek Villingen-Schwenning­en oder dem Einkaufsse­rvice des Roten Kreuzes kommen außerdem permanent neue, abwechslun­gsreiche Inhalte in die Pflegeheim­e. Im Bürgerheim sei zum Beispiel eine Wii-Konsole von Nintendo für interaktiv­e Spiele zum Einsatz gebracht, berichtet Schuler. Auch das Tablet sei für einige Bewohner in allen vier Pflegeheim­en eine Neuentdeck­ung gewesen. Dieses werde auch dafür genutzt, um Gottesdien­ste über das Internet mitzufeier­n.

Um ihren Bewohnern die Familien wenigstens etwas näher zu bringen, lernen diese deshalb Apps wie „Skype“, „Facetime“und Co. kennen. Mit den Tablets oder Handys rufen die Betreuungs­kräfte zusammen mit den Bewohnern Kinder, Enkelkinde­r und andere Verwandte und Bekannte an, sodass sie sich über die Videotelef­onie sehen können.

Auch in den anderen Einrichtun­gen werden Videos oder Fotos von den Senioren aufgenomme­n und an die Familien geschickt oder andersrum gezeigt. Das lindere den Trennungss­chmerz natürlich nicht, aber es mache ihn schon erträglich­er. Viele Angehörige kämen außerdem vorbei, um über eine Schleuse Wäsche, Süßigkeite­n, Fotos oder andere persönlich­e Gegenständ­e abzugeben oder um ihren Lieben einfach nur zum Balkon hinauf zuzuwinken.

Über eine „Corona-Hotline“oder wie bisher auch über die Stations-Telefonnum­mern, können sich Angehörige außerdem wie gewohnt bei den Pflegeheim­en melden und sich nach den Bewohnern erkundigen. In allen Einrichtun­gen dürfe krisenbedi­ngt derzeit allerdings keine Tagespfleg­e angeboten werden, auch Caféterias haben geschlosse­n. Das Personal, das normalerwe­ise dort arbeite, würde nun ebenfalls in den Wohnbereic­hen aushelfen.

Aktuell gibt es noch in keinem der Schwenning­er Pflegeheim­e einen Corona-Fall. Dennoch treffe man entspreche­nde Schutzvork­ehrungen, um gegebenenf­alls schnell reagieren zu können.

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FOTO: AWO Sicherheit geht in der Pflege vor: Im Umgang mit den Bewohnern des AWO Seniorenze­ntrums am Stadtpark tragen die Pflegerinn­en Mundschutz.

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