Abwechslung trotz des Besuchsverbots
Altenpflegeheime sind kreativ – Senioren sind per Video in Kontakt mit den Angehörigen
VS-SCHWENNINGEN (sbo) - Seit Mitte März gibt es auch in den VSSchwenninger Pflegeheimen ein Besuchsverbot. Doch wie wirkt sich das auf den Alltag der Bewohner aus? Vier Einrichtungen erzählen, wie das Leben hinter ihren Mauern seither aussieht.
Wer in diesen Tagen die Nachrichten rund um das Thema Besuchsverbote in Pflegeheimen in Deutschland verfolgt hat, könnte Bilder von einsamen Senioren vor seinem geistigen Auge sehen. Solche Gedanken schmerzen vor allem an Feiertagen sehr. Doch damit diese Bilder nicht zur traurigen Realität werden, legen sich die Betreuer, die in den Schwenninger Pflegeheimen arbeiten, mächtig ins Zeug.
„Wir versuchen unseren Bewohnern den Alltag so angenehm wie möglich und ohne größere Einschränkungen zu gestalten“, berichtet Jürgen von Wascinski, Geschäftsführer von Alpenland – Haus der Betreuung und Pflege am Deutenberg. Das teilen auch das Bürgerheim, das Franziskusheim und das AWO-Seniorenzentrum am Stadtpark mit. Alle vier Pflegeheime haben sich für ihre Bewohner ein umfassendes Angebot überlegt, um Langeweile und vor allem das Gefühl von Einsamkeit bei den Senioren vorzubeugen.
Doch wie sieht der Alltag in den Einrichtungen konkret aus? „Morgens nach der Grundpflege, der medizinischen Versorgung und dem Frühstück beginnen wir auf den Wohnbereichen die Bewohner zu beschäftigten“, erzählt von Wascinski. In allen vier Einrichtungen dürfen die Bewohner ihre Zimmer verlassen – nur nicht die Wohnbereiche. Dabei werden die aktuellen Hygienevorschriften selbstverständlich beachtet, erklären die vier Pflegeheime. Trotzdem fänden noch Gruppenangebote, wie Gymnastik, Gedächtnistraining, Erinnerungsrunden, die
Zeitungsschau oder das gemeinsame Musizieren, statt, erzählt der Geschäftsführer von Alpenland. Diese Angebote und viele mehr überschneiden sich auch mit denen der anderen Einrichtungen.
Doch damit nicht genug: Die Betreuungskräfte des Bürgerheims seien zur Zeit sehr kreativ, wie Julia Schuler, Leitung des Sozialdienstes, dort, weiß: Von kegeln, über „Werwird-Millionär“-Quizrunden und Kino bis hin zum gegenseitigen Frisieren reichen die Ideen der Mitarbeiter.
Harald Blocher, Leiter des Referats Kommunikation vom Altenzentrum Franziskusheim, berichtet sogar von Hofkonzerten in deren Einrichtungen: „Die Bewohner gehen auf ihre Balkone und Terrassen, während im Hof ein Musiker etwas vorspielt“, erklärt er. Dank verschiedener Angebote in der Stadt, wie dem Service „Bücher auf Rädern“der Stadtbibliothek Villingen-Schwenningen oder dem Einkaufsservice des Roten Kreuzes kommen außerdem permanent neue, abwechslungsreiche Inhalte in die Pflegeheime. Im Bürgerheim sei zum Beispiel eine Wii-Konsole von Nintendo für interaktive Spiele zum Einsatz gebracht, berichtet Schuler. Auch das Tablet sei für einige Bewohner in allen vier Pflegeheimen eine Neuentdeckung gewesen. Dieses werde auch dafür genutzt, um Gottesdienste über das Internet mitzufeiern.
Um ihren Bewohnern die Familien wenigstens etwas näher zu bringen, lernen diese deshalb Apps wie „Skype“, „Facetime“und Co. kennen. Mit den Tablets oder Handys rufen die Betreuungskräfte zusammen mit den Bewohnern Kinder, Enkelkinder und andere Verwandte und Bekannte an, sodass sie sich über die Videotelefonie sehen können.
Auch in den anderen Einrichtungen werden Videos oder Fotos von den Senioren aufgenommen und an die Familien geschickt oder andersrum gezeigt. Das lindere den Trennungsschmerz natürlich nicht, aber es mache ihn schon erträglicher. Viele Angehörige kämen außerdem vorbei, um über eine Schleuse Wäsche, Süßigkeiten, Fotos oder andere persönliche Gegenstände abzugeben oder um ihren Lieben einfach nur zum Balkon hinauf zuzuwinken.
Über eine „Corona-Hotline“oder wie bisher auch über die Stations-Telefonnummern, können sich Angehörige außerdem wie gewohnt bei den Pflegeheimen melden und sich nach den Bewohnern erkundigen. In allen Einrichtungen dürfe krisenbedingt derzeit allerdings keine Tagespflege angeboten werden, auch Caféterias haben geschlossen. Das Personal, das normalerweise dort arbeite, würde nun ebenfalls in den Wohnbereichen aushelfen.
Aktuell gibt es noch in keinem der Schwenninger Pflegeheime einen Corona-Fall. Dennoch treffe man entsprechende Schutzvorkehrungen, um gegebenenfalls schnell reagieren zu können.